HAMBURG. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) hat das Bundeskanzleramt wegen der Verlängerung der Schulschließung bis zum 14. Februar kritisiert. Schließen gehe leicht, Öffnen sei viel schwerer, sagt er der Wochenzeitung «Die Zeit». «Manchmal habe ich den Eindruck, dass man im Bundeskanzleramt nicht in der vollen Tiefe erkennt, dass eine Schule nicht wie ein Computer kurz ab- und wieder angeschaltet werden kann.» Ähnlich äußerte sich Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in dem Blatt.
Die Schulen seien ein empfindlicher Riesenbetrieb mit bundesweit elf Millionen Menschen, stellte Rabe fest. Eltern, Schüler und Lehrkräfte müssten mit großen pädagogischen Herausforderungen umgehen. Grundlage dafür seien klare und feste Strukturen und Abläufe. «Genau diese festen Regeln und Strukturen haben wir jetzt monatelang immer wieder geändert – je nach Lage der Pandemie.»
Der Senator warnte vor den seelischen und sozialen Folgen der Schulschließung: «Wir hören von Kinderärzten und Psychologen, dass sie in ihrer Praxis beunruhigende Beobachtungen machen. Ich glaube, dass dieses Jahr tiefe Spuren hinterlassen wird.» Er wünschen sich bundesweit einen Stufenplan zur Öffnung, der sich an Inzidenzwerten orientiert.
Rabe steht politisch unter Druck, weil er eine Studie vertuscht haben soll
Rabe, Koordinator der SPD-geführten Bildungsministerien, steht massiv in der Kritik, weil er eine wissenschaftliche Studie zu einem sogenannten Superspreader-Event in einer Hamburger Schule vertuscht haben soll und stattdessen Daten der Schulbehörde präsentierte, die angeblich belegen, dass Schulen sicher seien. Eine wissenschaftliche Begutachtung dieser Daten, die Rabe bereits Anfang November angekündigt hatte, liegt bis heute nicht vor. (News4teachers berichtet ausführlich über die Affäre – hier geht es zum aktuellsten Beitrag dazu.)
Auch aus dem Süden kam Kritik an Merkel. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) betonte, dass sie in der Frage der Schulschließung während der Corona-Krise nicht auf einer Linie mit der Bundeskanzlerin liegt. «Ich finde den Kurs der Kanzlerin in der Corona-Pandemie grundsätzlich sehr gut. Ich habe nur eine andere Meinung dazu, ob man alle Schulen pauschal schließen sollte», sagte Eisenmann, die auch CDU-Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl am 14. März ist, der Wochenzeitung «Die Zeit» (Donnerstag). Merkel hatte sich zuletzt in der Konferenz mit den Ministerpräsidenten vehement dafür eingesetzt, den Lockdown bei den Schulen bis zum 14. Februar aufrechtzuhalten.
«Da frage ich mich, ob ich nicht noch mehr Druck für geöffnete Schulen hätte machen müssen»
Eisenmann sprach sich erneut für eine rasche Rückkehr zum Präsenzunterricht in den Schulen aus. Nach dem ersten Lockdown sei es Konsens gewesen, Kitas und Schulen nie mehr zu schließen. Nun seien die Schulen wieder geschlossen. «Da frage ich mich, ob ich nicht noch mehr Druck für geöffnete Schulen hätte machen müssen», sagte die CDU-Politikerin. Die 56-Jährige hatte zuletzt massiv darauf gedrungen, dass Kitas und Grundschulen vom kommenden Montag an im Südwesten wieder aufmachen können.
Die Ministerin sagte in dem «Zeit»-Gespräch: «Man sollte den Schulen einen Sonderstatus einräumen. Diese Debatte führe ich jetzt seit Wochen, und die Aufregung darüber ist groß: “Hu, Frau Eisenmann will die Schulen öffnen!” In Frankreich gab es einen scharfen Lockdown, aber die Schulen blieben geöffnet.» In Baden-Württemberg bleiben sie trotz dieses Statements von Eisenmann geschlossen: Nachdem eine neue Corona-Mutante bei einem Ausbruch in einer Freiburger-Kita nachgewiesen wurde, sagte die baden-württembergische Landesregierung die für Montag in Aussicht gestellten Öffnungen von Kitas und Grundschulen ab. Bestätigt die Realität also doch Merkels vorsichtigen Kurs? News4teachers / mit Material der dpa