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KMK-Präsidentin pocht auf offene Schulen – und setzt (zuhause) Schulbesuchspflicht aus

POTSDAM. Brandenburgs Schülerinnen und Schüler müssen vor den Osterferien doch nicht mehr in ihre Schule kommen, sondern können ausschließlich zu Hause lernen. Es gibt zunächst keinen verpflichtenden Präsenzunterricht mehr. Zu heikel erscheint offenbar das Infektionsrisiko dort. Gleichzeitig trommelt Bildungsministerin – und KMK-Präsidentin – Britta Ernst (SPD) via «Bild»-Zeitung für offene Schulen. Der Brandenburger Pädagogenverband fragt: «Ist diese Ministerin noch tragbar?»

Trommelt für offene Kitas und Schulen: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), seit Januar Präsidentin der Kultusministerkonfererenz. Foto: Nicola, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst (SPD), hat vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor den Auswirkungen von erneuten Schulschließungen gewarnt. «Die Kultusministerinnen und Kultusminister betrachten die Auswirkungen der im Zuge der Eindämmung der SARS-CoV-Pandemie getroffenen Maßnahmen für Kinder und Jugendliche mit Sorge», sagte die Bildungsministerin von Brandenburg der «Bild»-Zeitung». «Viele Kinder und Jugendliche leiden unter der Pandemiesituation. Damit die Folgen nicht dauerhaft ihr Leben begleiten, liegt die Priorität der Kultusministerinnen und Kultusminister darauf, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten.»

«Wir haben uns entschieden, die Öffnung der weiterführenden Schulen im Wechselunterricht bis zu den Osterferien fortzusetzen»

Was sie in diesem Zusammenhang nicht erwähnt: Sie selbst hat die Pflicht zum Präsenzunterricht in Brandenburg bis zu den Osterferien ausgesetzt. Dies gelte für alle Jahrgangsstufen mit Ausnahme der Abschlussklassen, teilte das Ministerium am Sonntag mit. Damit könnten bis zu den Osterferien die Eltern und Erziehungsberechtigten entscheiden, ob die Kinder vor Ort am Unterricht teilnähmen.

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Mit den Schulöffnungen der letzten Wochen haben die meisten Kultusministerien in Deutschland, darunter auch die SPD-geführten in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, die bis dato ausgesetzte Schulbesuchspflicht wieder eingeführt – trotz hoher Inzidenzwerte.

In Brandenburg sind seit rund einem Monat die Grundschulen im Wechselunterricht zwischen der Schule und zuhause geöffnet, seit vergangenem Montag die Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien. Sie sollten zumindest bis zu den Osterferien offen bleiben, hatte es zuletzt geheißen: Ernst sagte noch am Freitag, ein Vorziehen der Osterferien könne sie für Brandenburg ausschließen. «Wir haben uns entschieden, die Öffnung der weiterführenden Schulen im Wechselunterricht, die seit letztem Montag stattfindet, bis zu den Osterferien fortzusetzen.» Es werde im Laufe der Ferien eine neue Bewertung geben, wie man weitermache mit Blick auf die Inzidenzen.

Der Kreiselternrat Cottbus fragte per Pressemitteilung: «Wann können wir mit einem Mindestmaß an Planbarkeit rechnen und welche Voraussetzungen müssen dazu erfüllt sein?» Die Eltern verlangten den Rücktritt von Bildungsministerin Ernst: «Das Bild, was das Bildungsministerium seit einem Jahr abgibt, ist schlichtweg inakzeptabel.»

Am Freitag war bekannt geworden, dass wegen Lieferengpässen auf dem Weltmarkt nicht alle Schülerinnen und Schüler in Brandenburg – wie angekündigt – zeitnah die zugesagten Selbsttests erhalten. Das Bildungsministerium war darüber nach eigenen Angaben «kurzfristig» informiert worden. Demnach könnten die bestellten Tests nicht zeitgerecht geliefert werden. Deshalb stehe den Schulen zunächst ein begrenztes Kontingent von 150.000 Stück zur Verfügung. Die zweite Lieferung sollte die Schulen eigentlich ab vergangenem Donnerstag erreichen. Die Test waren auf dem letzten Bund-Länder-Gipfel als begleitende Maßnahme für die jüngsten Schulöffnungen beschlossen worden, werden aber in keinem einzigen Bundesland bislang in der Fläche praktiziert. Geöffnet wurde trotzdem.

«Der erste Öffnungsschritt den wir gehen, wird die Rückkehr in Präsenzunterricht sein»

Wegen steigender Infektionszahlen nimmt Brandenburg ab diesem Montag auch die Öffnungen vom 8. März in denjenigen Landkreisen oder kreisfreien Städten zurück, die drei Tage hintereinander eine Sieben-Tage-Inzidenz über 100 haben. Bisher galt diese «Notbremse» in Brandenburg bei einem Wert über 200. Private Treffen sind dann nur für einen Haushalt und eine weitere Person statt zweier Haushalte möglich. Geschäfte, die mit Termin offen waren, müssen wieder schließen – bis auf Supermärkte und andere Läden für den täglichen Bedarf. Museen und Gedenkstätten machen auch zu. Individueller Sport ist mit der Notbremse auf zwei Leute beschränkt, Sport von Kindern draußen ist wieder verboten.

SPD-Fraktionschef Erik Stohn teilte am Sonntag über eine Sprecherin mit, dass es bis zum Erreichen eines Sieben-Tage-Wertes von 50 keine neuen Öffnungsschritte geben dürfe. «Der erste Öffnungsschritt den wir gehen, wird die Rückkehr in Präsenzunterricht sein, sobald er verantwortbar ist. Aber auch hier werden zunächst nur entzerrte Schülertransporte und Wechselmodelle verantwortbar sein.» Zunächst gilt allerdings: Augen zu und durch: «Das von den Schulen jeweils gewählte Modell des Wechselunterrichts bleibt bis zu den Osterferien weiter bestehen», hieß es aus dem Bildungsministerium. Die Osterferien beginnen am 29. März. News4teachers / mit Material der dpa

Stellungnahme des BPV

POTSDAM. Nach dem kurzfristigen Aussetzen der Pflicht zum Präsenzunterricht hat der Brandenburgische Pädagogen-Verband (BPV) indirekt den Rücktritt von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) gefordert. «Herr Woidke, ist diese Ministerin noch tragbar?», fragte der Verband am Montag in einer Pressemitteilung Regierungschef Dietmar Woidke (SPD). Seit über einem Jahr sind die Schulen von den Auswirkungen der Pandemie betroffen und das Krisenmangement des Bildungsministeriums sei katastrophal, hieß es in der Mitteilung.

Vor einer Woche sei im Wissen um steigende Infektionszahlen und entgegen aller Bedenken aus der Praxis die Öffnung aller Schulen angeordnet worden, schrieb der Verband. «Am gestrigen Sonntagnachmittag wurden die Schulleiter, Lehrer, Schüler und Eltern über die Presse informiert, dass ab heute keine Präsenzpflicht mehr in den Schulen besteht», so der BPV. Von Verlässlichkeit und Verantwortungsbewusstsein der Ministerin könne keine Rede mehr sein, urteilte der Verband. «Wut und Entsetzen machen sich in den Lehrerzimmern und Chats breit über die sinnlosen und unüberlegten Entscheidungen des MBJS (Bildungsministeriums).» dpa


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