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Selbsttests an Schulen: Wie umgehen mit dem möglicherweise kontaminierten Abfall?

DÜSSELDORF. Corona-Selbsttests sollen für mehr Sicherheit im Schulalltag sorgen. Doch einmal mehr zeigt sich, wie unausgegoren das Pandemie-Management im Bildungsbereich ist. Denn was passiert mit den – möglicherweise virenbelasteten – Testutensilien, die in Schulen dann zu Hunderten anfallen? In den Vorgaben des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen finden sich dazu kaum Hinweise. Dabei ist der Umgang mit dem Material keineswegs ohne Risiko, wie News4teachers-Recherchen zeigen.

Nicht nur bei der Durchführung der Selbsttests an Schulen gilt es, einiges zu beachten – auch bei der Entsorgung. Foto: Shutterstock / nitpicker

Die Schulmail „zum Einsatz von Selbsttests für Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen“ vom 15. März 2021 des nordrhein-westfälischen Schulministeriums erklärte sehr spezifisch, wie der Testprozess an den Schulen in Zukunft ablaufen soll (wir berichteten hier ausführlich darüber): Vor dem Test Hände waschen, währenddessen Lüften, 1,5 Meter Abstand halten – und Lehrpersonen, die den Test begleiten, sollen keine Hilfestellung leisten. Die Schülerinnen und Schüler testen sich selbst und „sollen die gebrauchten negativen Test-Kits unmittelbar in den bereitstehenden Müllbeutel entsorgen. Ein positiver Test-Kit verfärbt sich nach gewisser Zeit und wird dadurch wertlos (zur notwendigen Dokumentation s.o.); er kann auch gefahrlos mit entsorgt werden.“ Dafür sollen „Sammelbehälter für Abfall mit dickwandigem Müllsack oder Doppelsack-Methode“ zur Verfügung gestellt werden.

Selbsttest als Gruppenevent nicht vorgesehen

Schutzvorkehrungen über die bereits bestehende Maskenpflicht und den speziellen Müllbeutel hinaus sieht die Schulmail nicht vor. Dies fällt besonders bei einem Vergleich der Packungsbeilagen des „SARS-CoV-2 Rapid Antigen Tests“ von Roche auf, der sowohl nun an Schulen zur Eigenanwendung zum Einsatz kommt als auch zur Fremdanwendung am sogenannten Point-of-Care, also etwa in Apotheken.

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Der Beipackzettel für den professionellen Einsatzbereich listet im Abschnitt „Vorsichtsmaßnahmen und Warnhinweise“ Sicherheitsvorkehrungen für die testende Person auf. Darunter:

Im gleichnamigen Selbsttest fehlen diese Hinweise in der Packungsbeilage. Überraschend ist das nicht: Eine Person, die sich selbstständig testet, muss sich nicht vor sich selbst schützen. Zu den Unterschieden erklärt Roche Diagnostics Deutschland GmbH, der Hersteller des „SARS-CoV-2 Rapid Antigen Tests“, auf Nachfrage: „Die Entsorgung von bei der Durchführung von diagnostischen Tests anfallenden Materialien im Allgemeinen ist gesetzlich vorgeschrieben. Im professionellen Umfeld (Labor, Arztpraxis) gelten hierbei aufgrund der großen Abfallmengen andere Maßgaben als für Tests in der Eigenanwendung. Dies erklärt die unterschiedlichen Hinweise in den Packungsbeilagen.“

Die Erklärung zeigt: Eine Testsituation wie an den Schulen, während der sich mehrere Kinder oder Jugendliche unter Aufsicht einer weiteren Person zeitgleich selbst testen, ist im Grunde nicht vorgesehen.

Vorgaben zur Entsorgung

Zwar gibt es einen Hinweis von Roche: „Zur Ihren Bedenken bezüglich einer möglichen Infektiosität möchten wir Ihnen folgende Information geben: Sobald der Abstrichtupfer in die mitgelieferte Testflüssigkeit (Röhrchen mit Extraktionspuffer) eingeführt wird, erfolgt eine Inaktivierung von infektiösem Probenmaterial.“ Trotzdem gibt es bei der Entsorgung gebrauchter Schnelltests einiges zu beachten, wie aus dem Dokument „Hinweise zur Entsorgung von Abfällen aus Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19“ hervorgeht, das jüngst das Umweltbundesamt (UBA) veröffentlicht hat.

In Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) und unter Mitarbeit weiterer Stellen hat das UBA darin das Infektionsrisiko im Zusammenhang mit der Entsorgung gebrauchter Schnelltests an Schulen und Testzentren bewertet. Demnach „ist davon auszugehen, dass diese als nicht gefährliche Abfälle unter AS 18 01 04 eingestuft und gemeinsam mit Siedlungsabfällen entsorgt werden können“.

Die aktuelle Einstufung der Abfälle von Antigen-Schnelltests begründen UBA und RKI damit, dass es sich um Abfälle „mit sehr geringen Virusmengen“ handele. „Die Viruslast auf einem Teststäbchen geht gegen Null“, erklärt Markus Gleis, Wissenschaftlicher Oberrat im Umweltbundesamt, der die Empfehlung mit erstellt hat, auf Anfrage von News4teachers. Ein benutztes Papiertaschentuch weise im Vergleich eine deutlich höhere Infektiosität auf. Zudem finde im Test-Kit keine Vermehrung der Viren statt, da der Test darauf ausgelegt sei, eine bestimmte Eiweißsequenz zu erkennen, die typisch für das Virus sei. Bis Ende vergangenen Jahres waren Abfälle aus der Diagnostik von Covid-19 noch generell unter dem Abfallschlüssel AS 18 01 03* eingestuft und galten damit als „Abfälle, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht besondere Anforderungen gestellt werden“.

Aber: Trotz der Neueinstufung gibt es bei der Entsorgung gebrauchter Schnelltests einige Punkte zu beachten – und zwar mehr, als die NRW-Schulmail vermuten lässt. Mit einem dickwandigen Müllsack allein ist es nicht getan.

Darüber hinaus sollte sichergestellt sein, dass, sobald Restmengen von Flüssigkeit entsorgt werden müssen, saugfähiges Material mit in den Müllbeutel gegeben wird. „Das verhindert, dass sich Flüssigkeit im Müllbeutel sammelt – und ohne die können sich keine Aerosole, Tröpfchen bilden, an die sich eventuelle Coronaviren binden könnten“, erklärt Gleis. Küchentücher oder Abschminkpads eigneten sich dafür beispielsweise. Darüber hinaus soll der Abfall den Empfehlungen zufolge „ohne weitere Verdichtung (Presscontainer, Presssammelfahrzeug) auf direktem Weg einer Abfallverbrennungsanlage zugeführt werden“. Im Kleinen heißt das: „Den Müllbeutel nicht komprimieren und vorsichtig verschließen“, mahnt Gleis, damit aus dem Beutel keine Luft entweiche.

In der Schulmail findet sich zu diesen Sicherheitsvorkehrungen kein Hinweis. Nur so viel: „Die Müllbeutel sind von den Schulträgern zur Verfügung zu stellen und zu entsorgen.“ Wohin? Auch dazu: kein Hinweis. Von Anna Hückelheim, Agentur für Bildungsjournalismus

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