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“Nicht bedrohlich”: Hubig ignoriert Warnungen des Robert-Koch-Instituts für Kitas und Schulen

MAINZ. In Rheinland-Pfalz enden heute die Osterferien. Die allermeisten Schulen öffnen für den Wechselunterricht, obwohl Rheinland-Pfalz landesweit mit einem Inzidenzwert von 95,9 hart an der Grenze liegt – und in einzelnen Städten und Landkreisen (wie Ludwigshafen mit knapp 170) auch deutlich darüber. Die eigentlich zwischen den Ministerpräsidenten verabredete „Notbremse“ bei einer Inzidenz von 100 gilt hier für den Betrieb der Kitas und Schulen nicht. Es gebe Gebiete mit hohen Inzidenzen, in denen Schulen vom Infektionsgeschehen nicht betroffen seien, so begründet das Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Das ist erstaunlich: Das RKI registriert immer mehr Ausbrüche an Kitas und Schulen.

Hat eine eigene Sicht auf die Pandemie: Stefanie Hubig (SPD), Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz. Foto: Georg Banek / Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz

Warum legt Rheinland-Pfalz nicht – wie beispielsweise Bayern und Baden-Württemberg – klar fest, dass ab einem Inzidenzwert von 100 die Schulen in den Distanzunterricht wechseln müssen? „Wir sehen, und das haben wir von Anfang an der Pandemie gesehen, dass die Kinder den Präsenzunterricht brauchen, Kinder und Jugendliche und auch ihre Eltern sind dringend darauf angewiesen, den Kontakt in der Schule zu haben, und das bestätigen uns auch unsere Lehrerinnen und Lehrer“, antwortet Hubig in einem aktuellen Interview mit dem SWR.

„Dass das Infektionsgeschehen in Schulen natürlich auch immer da ist, das ist klar, aber nicht höher“

„Und deshalb muss es das Ziel sein, dass wir unter guten Sicherheitsbedingungen in den Schulen den Präsenzunterricht im Wechsel, mit großem Abstand, jetzt auch mit zweimal Testen pro Woche ermöglichen können und wir sehen, auch dort, wo es Inzidenzen über 100 gibt, dass die Schulen eben nicht betroffen sind. Dass das Infektionsgeschehen in Schulen natürlich auch immer da ist, das ist klar, aber nicht höher, nicht bedrohlich.“

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Hubig war im vergangenen Jahr als KMK-Präsidentin maßgeblich daran beteiligt, dass bundesweit die Schulen nach den Sommerferien gegen den Rat von Virologen ohne Abstandsregel in den Klassenräumen geöffnet wurden – und es auch blieben, als im Herbst die Infektionszahlen massiv anstiegen. Die Kultusminister verwarfen unter Hubigs Regie die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für den Schulbetrieb. Immer wieder behauptete die rheinland-pfälzische Bildungsministerin: «Die Schulen sind nicht die Treiber der Pandemie.» Die meisten Infektionen gingen auf Partys und Familienfeiern zurück. Erst im Dezember, als klar wurde, dass der „Lockdown light“ gescheitert war, reagierten Hubig und die anderen 15 Kultusminister mit Schulschließungen.

Aktuell gilt: Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 soll das Gesundheitsamt mit den Verantwortlichen vor Ort und der Schulaufsicht beraten, ob weiter Wechselunterricht stattfinden könne oder auf Fernunterricht umgestellt werden müsse. Dieses Vorgehen sei nach Rücksprache mit dem medizinischen Expertenteam des Ministeriums beschlossen worden, erklärte Hubig in der vergangenen Woche.

“Lehrer bringen viel häufiger Infektionen in die Schule als Kinder“

Die Juristin stützt sich bei ihren Entscheidungen auf einen Berater, der einem vorsichtigen Kurs in der Pandemie augenscheinlich wenig abgewinnen kann: Prof. Dr. med. Fred Zepp, Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Mainz. Der sieht Kinder, nach einem Bericht des ZDF, weiterhin nicht als Treiber der Pandemie. „Lehrer bringen viel häufiger Infektionen in die Schule als Kinder“, so behauptet er noch in der vergangenen Woche. Dass die Infektionszahlen bei Kita-Kindern und bei Schülern steigen, folge der allgemeinen Zunahme von Infektionen, sei teilweise aber auch eine „künstliche Zunahme durch vermehrtes Testen“, meint er.

Künstlich? Das sieht das Robert-Koch-Institut eindeutig anders. „Die COVID-19-Fallzahlen stiegen in den letzten Wochen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen“, so heißt es im aktuellen Lagebericht vom Dienstag, 6. April.

Weiter heißt es darin: „Aktuell scheint sich die Rolle von Kindern und Jugendlichen bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu ändern. Die Meldeinzidenzen stiegen vor Ostern bei Kindern und Jugendlichen in allen Altersgruppen an. Dies zeigte sich besonders frühzeitig in der Altersgruppe 0-5 Jahre und betraf auch die Daten zu Ausbrüchen in Kitas, die sehr rasch anstiegen und über den Werten von Ende letzten Jahres liegen. Eine ähnliche Entwicklung deutet sich mit zeitlicher Verzögerung (aufgrund der erst kürzlich erfolgten Öffnung) auch für die Schulen an. Auch hier zeigt sich der Anstieg zuerst in der jüngsten Altersgruppe von 6-10 Jahren. Bei dieser Entwicklung spielt die Ausbreitung leichter übertragbaren, besorgniserregenden Varianten nach den uns vorliegenden Hinweisen eine Rolle.“ Heißt offenbar: Kitas und Schulen werden durchaus zu „Treibern der Pandemie“.

Hubig und ihren Berater Zepp ficht das nicht an. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin bleibt bei ihrem Kurs. Auch in Sachen Präsenzpflicht: Während etliche Kultusmininister, darunter die derzeitige KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD), diese angesichts der aktuellen Bedrohungslage ausgesetzt haben – den Eltern also freistellen, ihre Kinder zu Hause zu halten – pocht Hubig auf den Schulbesuch. Steckt dahinter Kalkül? Noch im Januar vertrat Zepp laut „Ärzte-Zeitung“ die These, dass bei Kindern auch ohne Durchimpfung vermutlich die angestrebte Herdenimmunität erreicht werden könne – einfach, indem sie sich infizierten. News4teachers / mit Material der dpa

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