Website-Icon News4teachers

Schulen zu, Kitas auf, eine Woche später Schulen wieder auf – und was ist mit Laschets “Brücken-Lockdown”? NRW im Chaos

DÜSSELDORF. Das Chaos in Nordrhein-Westfalen um die Bildungseinrichtungen treibt neue Blüten: Ab Montag sollen die meisten der 2,5 Millionen Schüler im Land wegen des hohen Infektionsgeschehens Distanzunterricht erhalten – eine Woche lang. Für die Zeit danach kündigt die Schulministerin Wechselunterricht an, obwohl keine substanzielle Verbesserung der Lage zu erwarten ist. Gleichzeitig bleiben die Kitas fast uneingeschränkt geöffnet. Und der Ministerpräsident will einen „Brücken-Lockdown“. Muss man das verstehen?

Alles im Griff? Eher nicht: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Februar. Foto: Land NRW

Das nordrhein-westfälische Schulministerium hat Kritik an der Entscheidung zurückgewiesen, die meisten Schüler ab kommender Woche wieder in den Distanzunterricht zu schicken. Das immer noch unsicher einzuschätzende und schwer zu bewertende Corona-Infektionsgeschehen nach Ostern mit diffusen Infektionsausbrüchen erfordere eine Anpassung des Schulbetriebes, hieß es im Ministerium. Zugleich wehrte sich das Ministerium gegen Spekulationen, der Distanzunterricht sei aufgrund mangelnder Testmöglichkeiten in den Schulen angeordnet worden.

In einer Woche sind aber keine substanziell niedrigeren Inzidenzen unter Kindern und Jugendlichen zu erwarten

Warum allerdings der Präsenzunterricht nur für eine Woche ausgesetzt wurde – und der Kita-Betrieb weitgehend normal weiterläuft, dazu gab es keine Erklärung. Ab dem 19. April soll der Unterricht – sofern es das Infektionsgeschehen zulasse – dann wieder im Wechselmodus laufen – also mit Präsenzanteilen und in halbierter Klassenstärke, so hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) angekündigt. In einer Woche sind aber keine substanziell niedrigeren Inzidenzen unter Kindern und Jugendlichen zu erwarten.

Anzeige

Verwirrung hatte darüber hinaus auch um die Corona-Testpflicht geherrscht. Die gilt ab der kommenden Woche auch für Schüler in der Notbetreuung, stellte das Ministerium nun klar. Getestet werden müssen demnach Schüler in den Jahrgängen eins bis sechs, die an pädagogischen Betreuungsangeboten der Schulen teilnehmen. Auch Schüler der Abitur- und Abschlussklassen, die im Präsenzunterricht seien, müssten auf das Virus getestet werden, hieß es weiter. Für den Präsenzbetrieb gibt es ab Montag eine Testpflicht mit zwei Selbsttests pro Woche. Das gilt für Schüler, Lehrer und das weitere Schulpersonal. Im Falle der Schüler bleibe der Testort die Schule, so wie es vor den Ferien angelaufen war. Die Abiturprüfungen beginnen planmäßig am 23. April.

An der kurzfristig am Donnerstag bekanntgegebenen Entscheidung, den Präsenzunterricht bis auf die Abschlussklassen und eine Notbetreuung auszusetzen, wurde Kritik laut. SPD-Landtagsfraktionsvize Jochen Ott sprach von einer nicht nachvollziehbaren «plötzlichen Kehrtwende der Schulministerin». Es dränge sich der Eindruck auf, dass die wahren Hintergründe verschleiert werden sollten. Diese liegen «allem Anschein nach auch in den mangelnden Vorbereitungen für die Testungen an den Schulen», so Ott. Die Regierung solle auf mobile Testteams an den Schulen setzen und prüfen, ob die Untersuchungen nicht besser extern in den gängigen Bürgerteststellen – wie Apotheken oder Teststationen – erfolgen könnten.

Das Schulministerium wies Vermutungen über mangelnde Testmöglichkeiten erneut zurück. Bereits vor den Osterferien seien an allen weiterführenden Schulen 1,5 Millionen Selbsttests für die ab Montag vorgesehenen Testungen versandt worden. Diese lägen «bereits seit Tagen einsatzbereit vor» und kämen für die Abschlussklassen ab Montag auch zum Einsatz.

«Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen», hieß es weiter. Nur bei besonderem Förderbedarf seien Selbsttests zu Hause unter elterlicher Aufsicht denkbar. Einer Blitzumfrage des Ministeriums zufolge wollen bis zu 20 Prozent der Schüler keine Selbsttests machen – das wären 500.000 Kinder und Jugendliche in NRW. Die Auslieferung von mehreren Millionen Selbsttests an die Schulen hatte laut Ministerium verspätet erst am Donnerstag begonnen, das Problem liege beim Logistikunternehmen.

«Selbsttests sind nur dann sinnvoll, wenn sie vor dem Betreten des Klassenraums durchgeführt werden»

Der Philologen-Verband betonte, dass Schulleitungen, Lehrkräften und Familien weiterhin eine klare Perspektive fehle, was zunehmend an den Nerven zehre. «Nach über einem Jahr Pandemie müssen wir endlich aus dem Ad-Hoc-Modus rauskommen», forderte die Landesvorsitzende Sabine Mistler. Das Testkonzept überzeuge nicht: «Selbsttests sind nur dann sinnvoll, wenn sie vor dem Betreten des Klassenraums durchgeführt werden.» Die Co-Vorsitzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur, sagte, die Kommunikation in der Pandemie laufe schlecht. Es müsse endlich offen dargelegt werden, wie verlässliche Bildung und Betreuung der Kinder sichergestellt werden könnten, verlangte sie im WDR. «Das muss besser werden.»

Gebauer hatte die Absagte des ursprünglich angekündigten Wechselunterrichts mit dem Infektionsgeschehen begründet. „Mediziner“ hätten im Rahmen der Kultusministerkonferenz am Donnerstag bestätigt, dass das Infektionsgeschehen bei Kindern und Jugendlichen zunehme, erklärte die Schulministerin. Ein Blick in die Lageberichte des Robert-Koch-Instituts der vergangenen Wochen hätte allerdings auch ausgereicht, die Lage zu erkennen. Am Donnerstag schrieb das RKI: «Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) mit zahlreichen Ausbrüchen in Privathaushalten, Kitas und zunehmend auch in Schulen sowie dem beruflichen Umfeld erfordert die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten.»

Das Infektionsgeschehen nach der ersten Osterferienwoche und dem Osterfest sei mit diffusen Infektionsausbrüchen noch schwer einzuschätzen und erfordere eine Anpassung des Schulbetriebes in der kommenden Woche, erklärte die Ministerin. Ab dem 19. April soll der Unterricht – sofern es das Infektionsgeschehen zulasse – dann wieder im Wechselmodus laufen, also mit Präsenzanteilen und in halbierter Klassenstärke. In den Kindergärten in NRW bleibt es dagegen auch nach den Osterferien lediglich bei der pauschal um zehn Wochenstunden reduzierten Betreuung in festen Gruppen.

«Die Eltern erhalten für ihre Kinder ab der kommenden Woche zwei Tests» – für die freiwillige Teilnahme

Familienminister Joachim Stamp (FDP) begründete das ebenfalls mit «der derzeit unsicheren Entwicklung des Infektionsgeschehens». NRW geht hier aber eben nicht zurück in den in den «Notbetrieb» mit stark eingeschränktem Zugang nur für Eltern bestimmter Berufsgruppen und besonders Bedürftige, obwohl die Warnungen des RKI eben auch Kitas betreffen.

Erstmals wird es nach den Osterferien allerdings kostenlose Selbsttests nicht nur für die Beschäftigten in Kitas sowie Tageseltern geben, sondern auch für die Kinder. «Die Eltern erhalten für ihre Kinder ab der kommenden Woche zwei Tests», kündigte Stamp an. «Die Anwendung der Schnelltests erfolgt auf freiwilliger Basis», heißt es im Informationsschreiben des Ministeriums. Wie die offenen Kitas und das Vorhaben, die NRW-Schulen trotz hoher Inzidenz im Land (gestern laut RKI: 109) ab dem 19. April in den Wechselunterricht zu nehmen, mit dem Vorschlag von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nach einem „Brücken-Lockdown“ zusammengehen, blieb völlig offen. Die SPD sprach von einer «Bankrotterklärung mit Ansage». News4teachers / mit Material der dpa

Kultusministerkonferenz brüskiert den CDU-Chef: Laschet wird zum traurigen Clown

 

Die mobile Version verlassen