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KMK-Präsidentin Ernst will bei vierter Welle nicht “zuerst” über Schulschließungen diskutieren – FDP-Chef Lindner mahnt Luftfilter an

BERLIN. Im Falle einer vierten Corona-Welle im Herbst sollen Schulen nach Ansicht der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Britta Ernst, nur im äußersten Notfall erneut schließen. «Was ich ablehne ist, dass bei steigenden Zahlen im Herbst zuerst über Einschränkungen in Schulen diskutiert wird», sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Wenn das Infektionsgeschehen solche Probleme macht, dass Lockerungen zurückgenommen werden, sollte über die Schließung von Schulen als letztes nachgedacht werden.» FDP-Chef Christian Lindner rät der KMK allerdings, jetzt schon über eine Strategie zu beraten. 

Im Herbst droht eine vierte Corona-Welle – was bedeutet das für den Schulbetrieb? Illustration: Shutterstock

Die langen Schließungen in der Vergangenheit hätten Folgen für Kinder und Jugendliche gehabt, nicht nur im fachlichen, sondern auch im psychosozialen Bereich, sagte Brandenburgs Bildungsministerin. Jede neue Einschränkung werfe im Aufholprozess zurück.

Ernst zeigte sich optimistisch, dass Schulen nach den Sommerferien in vollem Präsenzunterricht starten können. Die Rahmenbedingungen hätten sich im Vergleich zum letzten Schuljahr geändert. Alle Lehrkräfte hätten sich zweimal impfen lassen können, zudem gebe es die Möglichkeit von Tests. «Expertinnen und Experten sagen uns, mit diesen Rahmenbedingungen könnten die Schulen auch bei der Delta-Variante offen gehalten werden.»

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„Diesen Sommer müssen Pläne für den Herbst gemacht werden und die Umsetzung muss jetzt beginnen”

Es gibt aber auch Expertinnen und Experten, die vor einem Kita- und Schulbetrieb ohne weiteren Corona-Schutz warnen. Die Virologin Prof. Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt, zum Beispiel rät Politikern dazu, den Sommer nicht zu verschlafen. Kitas und Schulen könnten im Herbst ein zentraler Bereich des Infektionsgeschehens sein, weil dort viele Menschen aufeinandertreffen, die nicht geimpft sind. „Da sollte man gute Konzepte in der Hinterhand haben“, sagt die Virologin. Wichtig bleibe, eine Teststrategie in Kitas und Schulen zu verfolgen und Maßnahmen wie Abstand halten, Maske tragen und Lüften beizubehalten. Auch Luftfilter könnten eine große Rolle spielen.

„Diesen Sommer müssen Pläne für den Herbst gemacht werden und die Umsetzung muss jetzt beginnen. Man darf nicht den Respekt vor dem Virus verlieren!“, so erklärt Dr. med. Jana Schroeder, Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und Leiterin des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie im Klinikverbund der Stiftung Mathias-Spital. Für die Schulen bedeute das: eine uneingeschränkte Maskenpflicht nach der Rückkehr aus dem Urlaub, flächendeckende Installation von Luftfiltern, die Beibehaltung der Testpflicht für Schüler und Schülerinnen, kleinere Klassengruppen, beispielsweise auch mal Unterricht draußen, und bei Ausbrüchen ein unkomplizierter und übergangsloser Wechsel in den Distanzunterreicht, also Stichwort Digitalisierung der Schulen.

„Ohne sichere Schulen und Kitas kriegen wir keine effiziente Pandemiebekämpfung hin!“, mahnt die Virologin. Umgekehrt gelte: Niedrige Infektionszahle sorgen dafür, dass es seltener Ausbrüche an Schulen gibt. „Die Welle mit der Deltavariante, die ist bereits quasi gebucht, auch für Deutschland“, meint die Virologin.

Das Robert-Koch-Institut beobachtet tatsächlich bereits jetzt wieder eine besorgniserregende Entwicklung. »Es werden vermehrt Fälle bei Kindern auftreten, schon jetzt sehen wir größere Ausbrüche der Delta-Variante in Schulen«, sagt RKI-Chef Prof. Lothar Wieler – und plädiert für Schutzmaßnahmen in den Bildungseinrichtungen weit ins kommende Schuljahr hinein.

Die Kultusministerkonferenz hatte vor drei Wochen beschlossen, dass alle Schulen nach den Sommerferien «dauerhaft im Regelbetrieb (…) mit allen Schulfächern und Unterrichtsstunden» besucht werden sollen. Regelbetrieb bedeute, dass Unterricht in der Schule ohne weitere Einschränkungen erteilt und das schulische Leben wieder ermöglicht werde, heißt es in dem Beschluss. Auch außerschulische Angebote wie Schulfahrten würden wieder in «vollem Umfang» ermöglicht. Von Schutzmaßnahmen an Schulen ist in dem Papier hingegen keine Rede.

«Ein neuerlicher Lockdown und Schließungen von Schulen bei einer möglichen vierten Welle müssen ausgeschlossen werden»

Derweil forderte FDP-Chef Christian Lindner die KMK auf, außer der Reihe noch vor den Sommerferien zu tagen. «Ein neuerlicher Lockdown und Schließungen von Schulen bei einer möglichen vierten Welle müssen ausgeschlossen werden», sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die KMK und die Bundesregierung sollten «noch im Juli zusammenkommen, um eine Strategie zu beraten». Der nächste Termin im Oktober sei «viel zu spät». Im Zentrum der Beratungen müssten «die Ausdehnung der Lolli-Tests, Hygienekonzepte, Luftreiniger und Impfangebote stehen». Bereits über den Sommer könne man die Logistik dafür vorbereiten.

KMK-Präsidentin Ernst sieht hingegen keinen Handlungsbedarf. Luftfilter? Die Geräte hätten nicht den Effekt, den sich Fürsprecher von ihnen erwarten würden, sagte Ernst einem Bericht der “Berliner Morgenpost” zufolge. „Es gab meines Wissens nirgendwo eine Situation, wo Distanzunterricht oder Wechselunterricht verhindert worden wäre durch den Einsatz eines Luftfilters“, so Ernst. Angesichts hoher Anschaffungskosten müsse man deshalb abwägen, ob Luftfilter als Maßnahme sinnvoll seien. News4teachers / mit Material der dpa

Überwältigende Mehrheit von Eltern und Lehrern fordert mobile Luftfilter für Kitas und Schulen – Druck auf Politiker wächst

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