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Laschet kündigt Bundesprogramm für mobile Luftfilter in Schulen an (die Geräte also, die ein Jahr lang für unnötig erklärt wurden)

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BERLIN. Also doch: Nun sollen offenbar mobile Luftfilter für Schulen (und Kitas?) angeschafft werden – bundesweit. Laut Bundeswirtschaftsministerium gibt es Gespräche über eine Ausweitung des Bundesprogramms zu ihrer Förderung – bestätigt wurde damit eine Ankündigung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Bisher fördert der Bund nur den Einbau fester Anlagen in Einrichtungen für Kinder unter 12 Jahre. Das Programm floppt, weil sich Raumlufttechnische Anlagen nicht mal eben einbauen lassen. Ob sich auf die Schnelle allerdings so viele mobile Luftfilter beschaffen lassen, ist fraglich.

Seine Landesregierung hatte – wie fast alle anderen auch – knapp ein Jahr lang mobile Luftfilter für Kitas und Schulen in der Fläche abgelehnt: Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU), hier bei einer Pressekonferenz im April. Foto: Land NRW / Michael Setzpfandt

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, hat mitgeteilt, dass Bund und Länder an einem Programm für mehr mobile Luftfilter in Klassenzimmern arbeiteten. Nachdem das Umweltbundesamt seine kritische Meinung gegenüber den Filtern geändert habe, würden die Länder nun beraten, wie man die Bundesförderung ergänzen könne, so der Kanzlerkandidat der Union in der ARD. Es werde daran gearbeitet, dass “möglichst viele Luftfilter in den Schulen stehen”, so Laschet. Er erklärte: “Das ändert übrigens nichts daran, dass dann trotzdem gelüftet werden muss. Denn die Luftfilter verändern nur die Luft, aber sie haben keine Frischluftzufuhr.” Was mit Kitas ist, blieb bislang unklar.

„Mobile Luftfilter helfen gegen Viren, wenn es sich um geprüfte Geräte handelt und sie richtig im Klassenraum aufgestellt sind“

Hintergund: Das Umweltbundesamt (UBA) hält plötzlich mobile Luftfiltergeräte in Schulen doch für sinnvoll – und behauptet nun, nie etwas anderes erklärt zu haben. Recherchen von News4teachers legen allerdings nahe: Die Öffentlichkeit ist seit fast einem Jahr – auch von Kultusministern –, darüber getäuscht worden, dass mobile Luftfilter in Kitas und Schulen vor Corona-Infektionen hätten schützen können. Noch in der vergangenen Woche lehnte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) die Anschaffung der Geräte für die Bildungseinrichtungen ab. Offensichtlich waren sie den Politikern schlicht zu teuer – und das UBA mit Gefälligkeits-Statements zu Diensten.

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In der vergangenen Woche vollzog das Amt dann einen 180-Grad-Schwenk. «Natürlich helfen mobile Luftfilter gegen Viren, wenn es sich um geprüfte Geräte handelt und sie richtig im Klassenraum aufgestellt sind», sagte Heinz-Jörn Moriske, Geschäftsführer der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes (UBA) in einem Interview mit dem «Handelsblatt». Er weist darin die Darstellung zurück, das UBA habe monatelang vom Einsatz mobiler Luftfilter in Schulen abgeraten. Fortlaufende Berichte von News4teachers zeigen allerdings auf, dass das UBA sehr wohl seit dem Sommer vergangenen Jahres vom Einsatz von Luftfiltern abgeraten hat – zum Gefallen der Kultusminister.

„Die IRK (gemeint ist die lnnenraumlufthygienekommission des UBA, d. Red.) hält den Einsatz von mobilen Luftreinigern in Klassenräumen (…) für nicht geeignet, da sie das aktive Lüften nicht ersetzen, sondern allenfalls in Einzelfällen flankieren können“, so heißt es zum Beispiel in einer Pressemitteilung des UBA mit Datum vom 13. August 2020.

Beantwortet wird damit eine Frage, die gar nicht gestellt worden war: Niemand wollte wissen, ob mobile Luftreiniger das Lüften ersetzen. Das können die Geräte logischerweise nicht, weil sie über keine Verbindung nach außen verfügen und deshalb keine Frischluft zuführen können. Interessant war (und ist) vielmehr, ob mobile Luftreiniger Corona-verseuchte Aerosole aus der Atemluft filtern können – und damit das Fensterlüften wirkungsvoll ergänzen, sodass im Winter nicht mehr bei eisigen Temperaturen in Klassenräumen unterrichtet werden muss. Die Frage wird vom UBA plötzlich mit „ja“ beantwortet. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die den Meinungsumschwung erklären könnten, gibt es allerdings nicht.

„Die Maßnahme ‚mobile Luftreinigung als Ergänzung zum Lüften‘ hat positive und negative gesundheitliche Wirkungen“

Studien, die die Wirkung der Geräte belegen, existieren schon seit vergangenem Jahr – wurden aber sowohl vom UBA wie auch von den Kultusministern der Länder sowie dem Bundesbildungsministerium bislang ignoriert. Auch von der NRW-Landesregierung unter Ministerpräsident Laschet: Kommunalministerin Scharrenbach erklärte noch in der vergangenen Woche, dass viele Menschen verkennen würden, was in den Schulen in puncto Sicherheit schon alles passiert sei – «das Testen zum Beispiel ist ja jüngst erst ausgebaut worden». Mobile Luftfilter seien nur in Ausnahmefällen (nämlich in nicht belüftbaren Klassenräumen) sinnvoll.

Der Bundeselternrat regierte bereits auf Laschets Ankündigung, dass das bundesweite Förderprogramm nun ausgeweitet werden solle. Das Gremium fordert, mobile Luftfilter nicht auf Klassen mit Kindern bis zwölf Jahre zu beschränken – eine entsprechende Begrenzung sah die Richtlinie für das bisherige Förderprogramm vor, das die Bundesregierung für fest eingebaute Raumlufttechnische Anlagen aufgelegt hatte. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hatte die Länder und die Kommunen aufgefordert, über die Sommerferien tätig zu werden. Vergeblich: Bis Anfang vergangener Woche waren dafür erst 176 Anträge eingegangen – von ingesamt rund 90.000 Kitas und Schulen in Deutschland.

„Ein großes Hindernis für die Geschwindigkeit von Anschaffungen ist das Vergaberecht”

Einige Bundesländer, darunter Bayern, haben mittlerweile eigene Förderprogramme aufgelegt, um Kitas und Schulen mit mobilen Luftfiltern auszustatten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte vorvergangene Woche als Ziel ausgegeben, alle Bildungseinrichtungen im Freistaat bis zum Schuljahresbeginn mit den Geräten zu versorgen (O-Ton: „Im Herbst soll es in jedem Klassenzimmer und den Kitas mobile Luftfilter geben“) – davon rückt er in einem Interview mit dem „Spiegel“ allerdings bereits ab. Er erklärt: „Bayern bezuschusst die Anschaffung mobiler Lüfter mit der Hälfte der Kosten. Ziel ist, dass ausreichend Geräte da sind, wenn es kälter und das normale Lüften nicht mehr so gut möglich sein wird.“ (Hervorhebungen durch die Redaktion)

Hintergrund sind offenbar Schwierigkeiten bei der Beschaffung, wie Söder erkennen lässt. Er sagt: „Ein großes Hindernis für die Geschwindigkeit von Anschaffungen ist das Vergaberecht. Das sind dann Erfahrungen, die man in der Pandemie macht: Es wurden Grenzen geschlossen, Grundrechte ausgesetzt oder Ausgangssperren verhängt, alles extrem schwierige Entscheidungen, aber dann hakt es am europäischen Vergaberecht.“ News4teachers / mit Material der dpa

Warum keine Luftfilter für Kitas und Schulen? Wenn die Argumente ausgehen…

 

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