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Streit um «Schreiben nach Gehör» – Lorz verteidigt Methoden-Verbot für Grundschulen

WIESBADEN. Bildungspolitik sorgt im hessischen Landtag einmal mehr für eine hitzige Debatte. Einigkeit herrscht nur, dass Grundschüler mehr Unterstützung beim Deutschlernen bekommen sollten. Das Wie ist aber umstritten. Vor allem an einer Lehrmethode erhitzen sich die Gemüter.

Wird die Rechtschreibung besser, wenn man Lehrerinnen und Lehrern Methoden verbietet? Hessens Kultusminister Alexander Lorz meint: ja. Foto: HKM/ Patrick Liste

Wie lernen Schulkinder am besten Deutsch? Über diese Frage herrscht unter den Abgeordneten im hessischen Landtag Uneinigkeit. Kultusminister Alexander Lorz (CDU) musste in der Plenardebatte in Wiesbaden Kritik einstecken für seine Pläne zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch.

Zu den vom Kultusminister geplanten Maßnahmen gehören Pflichtkurse vom kommenden Schuljahr an für alle Kinder im Vorschulalter mit Deutschproblemen. Fehler sollen in der ersten Klasse – ab dem zweiten Schulhalbjahr – korrigiert werden. Lernmethoden wie «Schreiben nach Gehör» sind nicht mehr zulässig (tatsächlich existiert eine solche Methode gar nicht; gemeint ist offenbar «Lesen durch Schreiben»). In den vierten Klassen wird es eine zusätzliche Deutschstunde geben.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Elisabeth Kula, sagte, statt für kleinere Lerngruppen und ausreichend Lehrkräfte zu sorgen, verbiete der Minister pädagogische Methoden, die seinen eigenen Aussagen nach ohnehin kaum an hessischen Schulen angewandt würden. «Sicherlich gibt es gute Gründe für und gegen das Schreiben nach Gehör», erläuterte Kula. «Aber mit dem Verbot einer kaum angewandten pädagogischen Methode wird die Qualität des Deutsch-Unterrichts nicht verbessert.»

Der FDP-Bildungsexperte Moritz Promny sagte: «Für gute individuelle Förderung braucht es Methodenvielfalt statt Dogmatismus.» Hier müsse man den Lehrkräften vertrauen, dass sie die beste Methode für ihre Schülerinnen und Schüler anwenden. Sprachförderung müsse außerdem schon im Kindergarten beginnen, «und das ist mehr als nur verpflichtende Vorlaufkurse», forderte Promny. «In der Grundschule müssen dann gute Rechtschreib- und Grammatikkenntnisse vermittelt werden.»

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christoph Degen, bemängelte, trotz der zusätzlichen Deutschstunde sei Hessen im Vergleich der Bundesländer Schlusslicht beim Deutschunterricht. Mit den Vorgaben zu den Methoden beschneide der Kultusminister die pädagogische Freiheit der Lehrer. Mit «Schreiben nach Gehör» sei eine Methode abgeschafft worden, die in Reinform nie eingesetzt worden sei. «Das ist lustig und skurril», kommentierte Degen.

Lorz wies die Kritik zurück. Die Rechtschreibkorrektur sei keineswegs «Rotstiftpädagogik». Beim Erlernen eines Musikinstruments beispielsweise würde niemand in Frage stellen, dass Fehler korrigiert werden.

Zu den weiteren Plänen der Landesregierung für die Deutsch-Förderung zählt, dass zum Schuljahr 2022/23 verbindlich eine verbundene Handschrift angewendet werden soll. Dann gilt auch ein Grundwortschatz, den alle Kinder bis zum Verlassen der Grundschule kennen müssen. In den Jahrgangsstufen 9 und 10 soll ein Fehlerindex eingeführt werden, der die Benotung beeinflusst. dpa

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