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Corona-Krise – Ein Lehrer fragt verzweifelt: Warum wird wieder alles riskiert?

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BERLIN. Die Corona-Krise ist – auch wenn die Politik den Eindruck vermittelt – noch nicht vorbei. Die Folgen insbesondere für die Schülerinnen und Schüler sind allerdings bereits absehbar: Viele Kinder und Jugendliche stehen schon zum Schuljahresbeginn unter Stress; die Familien fühlen sich extrem belastet, wie eine aktuelle Umfrage belegt. War und ist das nötig? Tragen die Entscheidungsträger in den Ministerien durch mangelnde Voraus- und Vorsicht nicht sogar dazu bei, das Stresslevel von Eltern, Schülern und Lehrkräften oben zu halten. Leser/in “kanndochnichtwahrsein” hat dazu eine klare Meinung.

“Lernen nach Begabung oder Interesse vielleicht doch Mal wieder ausprobieren?” Illustration: Shutterstock

kanndochnichtwahrsein, 18. September 2021 um 08:30

Viele Belastungen hätte man von Anfang an abmildern können: Vorschläge gab es genug, sie wurden auch in die höchsten Etagen vermittelt. Dort aber ignoriert. Warum?

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Eltern und Kindern hätte es geholfen (und würde bei weiteren ähnlichen Gelegenheiten helfen), wenn Kinder sich offiziell mit dem besten Freund/der besten Freundin oder einer befreundeten Familie oder der Nachbarfamilie oder einem Klassenkameraden hätten treffen dürfen, vielleicht sogar sollen. Der Spielraum für Eltern (und auch Lehrer), den Kindern Stress zu nehmen, der Situation auch positive Aspekte oder Chancen abzugewinnen, wäre durch kleine Änderungen viel größer geworden.

Warum haben Lehrer vergeblich gebeten, Kinder auf diese Weise vor den Folgen der Maßnahmen zu schützen?

Eltern wären entlastet gewesen, Kinder weniger isoliert, Homescooling weniger einsam, Kinder nicht allein zu Hause, Kinder mehr draußen und in Bewegung, man hätte den Druck aus der Dose genommen, hätte weniger aufgestaute Gefühle verursacht, die sich dann unberechnebar und unkontrollierbar in heimlichen Partys Bahn brechen mussten, Kontakte wären auf die Weise viel besser nachverfolgbar gewesen, weil man sie nicht hätte verheimlichen müssen…

Warum ist man nicht diesen Weg gegangen? Warum mussten Familien quasi heimlich diese Lösungen finden? Warum haben Lehrer vergeblich gebeten, Kinder auf diese Weise vor den Folgen der Maßnahmen zu schützen? Warum wurde nicht wirksam geschützt – auf allen Ebenen, vor der Infektion wie auch vor den negativen Auswirkungen der Schutzmaßnahmen auf den Einzelnen und die Gesellschaft?

DAS hätte zum Zusammenhalt beigetragen, zum gemeinsamen Aushalten der Situation, hätte auch im Bildungsbereich die Folgen der Maßnahmen abgemildert – statt die Menschen zu vereinzeln und anschließend zu schimpfen, dass alles alle überfordert, dass Kinder verloren gingen, dass Bildung ins Hintertreffen geriet.

Jetzt kommt wieder ein Herbst, unvorbereitet in den Schulen, in dem Präsenzunterricht mit Gewalt durchgesetzt werden soll. Das Ende vom Lied könnte eine ähnliche Situation wie im letzten Jahr sein: Am Ende könnten Schulen wieder vollständig schließen müssen. Die Verlierer sind dann einmal mehr und einmal deutlicher die Kinder, für die es keine Impfungen gibt, insbesondere diejenigen, die schon jetzt mehr oder weniger den Anschluss verloren, das Lernen verlernt haben, deren Gesundheit gefährdet ist.

Alle Geimpften werden sich gegen weitere Einschränkungen wehren, wie sie auf ihrem Sommerurlaub bestanden haben, werden auf ihren Bürgerrechten bestehen, ihr „altes Leben“ wieder aufnehmen zu dürfen (und dabei unwissentlich und ignoriert auch zur Verbreitung des Virus beitragen…). Die Kinder aber werden wieder die volle Breitseite der Schutzmaßnahmen hinnehmen müssen. Natürlich, um sie zu schützen – aber das hätte man mit Luftfiltern, halben Klassen und ähnlichen Maßnahmen wesentlich nachhaltiger und mit weniger negativen Nebenwirkungen hinbekommen können.

Warum wird das wieder nicht gemacht? Warum wird wieder alles riskiert? Es kann keiner mehr behaupten, er habe es nicht wissen können. (Zumal ich dieses Argument vom ersten Moment an für vorgeschoben hielt: Jeder halbwegs gebildete Mensch hat im Januar 2020 wissen können, was auf uns zukommen kann und was man tun muss, um das zu verhindern…)

Mir tut es Leid für die Kinder, dass wir Erwachsenen uns gegenseitig unterstellen, nicht das Beste für die Kinder zu wollen und uns gegenseitig ausbremsen, sinnvolle und wirksame Maßnahmen zu ergreifen.

Ob es uns als Gesellschaft am Ende reichen wird zur Rechtfertigung unseres Handels, dass zwar einige (viele? Eltern? Lehrer?) versucht haben ihre Stimme zu erheben, aber nicht gehört wurden und sich am Ende des Tages dem System nicht wiedersetzen konnten?
Mir persönlich reicht das eigentlich nicht!

Ich wünsche mir für den Schulbereich viel mehr Augenhöhe und viel weniger „von oben nach unten“, viel mehr gemeinsames, konstruktives Gestalten im Austausch.

Belehrungen (Remonstrationen sind in dieser Sache nicht zulässig…) und „nette“ Worte („Danke für Ihr Engagement…“) helfen niemandem weiter, wenn nicht gehandelt wird!
Im Gegenteil, sie wirken demotivierend, laugen uns aus, enttäuschen uns wo wir glauben, nicht mehr weiter enttäuscht werden zu können, lassen uns einmal mehr hilf- und ratlos zurück und allein mit unserer gefühlten Verantwortung für die Kinder und unserem Gewissen, das uns am Ende niemand abnehmen kann.

Als „normal“ nehmen wir hin, dass uns mit dem Beamtenrecht oder mit Disziplinarmaßnahmen gedroht wird, wenn wir Verbesserungen für die Schüler oder den Schulalltag vorschlagen wollen.

Ich bin Bürger, bin Lehrer, habe eine Fürsorgepflicht für die Schüler – und WILL den Ausgang der Wahl mit meiner Stimme beeinflussen!

Vielleicht kann man damit im normalen Schulalltag leben und es als irren Auswuchs des Dienstverhältnisses mit dem Staat abtun. Nicht aber wenn es um die Gesundheit aller geht!
Aber: Das Verbot an Lehrer, sich vor der Wahl öffentlich politisch zu äußer, um den Ausgang der Wahl nicht zu beeinflussen – das halte ich schon für übergriffig! Ich bin Bürger, bin Wähler, bin Lehrer, habe eine Fürsorgepflicht für die mir anvertrauten Schüler – und WILL den Ausgang der Wahl mit meiner Stimme beeinflussen! Das ist Sinn und Zweck einer Wahl! Gerade jetzt! Gerade um querdenkenden Allesabschaffern die Grenzen zu zeigen, um das Beste für die Gesellschaft zu erreichen, um Schwächere zu schützen, Zukunft zu sichern!

Was also kann man (Vater/Mutter, Lehrer/in) noch tun, um weitere negative Wirkungen der Pandemie auf Kinder wenigstens für die Zukunft zu vermeiden? Echte, gute, konsequente und konstruktive Lösungen sehe ich nirgends… wieder einmal das „kleinere Übel“ wählen? Das sollte uns im Sinne der Kinder eigentlich nicht genug sein… News4teachers

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Kultusminister, stellt Euch doch selbst bei Minustemperaturen stundenlang in den Durchzug!

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