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Kinderärzte schlagen Alarm (“Kliniken sind am Anschlag”): Zu Corona kommt jetzt eine neue Infektionswelle – das RS-Virus

REGENSBURG. Das Coronavirus beherrscht bisher die Schlagzeilen, aber unter Kindern geht derzeit noch ein anderes Virus um: das RS-Virus. Den Namen kennt kaum jemand, dabei ist es gerade für die ganz Kleinen sehr gefährlich. Offenbar hängt die zusätzliche Infektionswelle mit der Corona-Pandemie zusammen.

Die Kinderkliniken melden: Land unter. (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Unter Kindern in Deutschland grassiert das RS-Virus – so sehr, dass zum Beispiel die Kinderkrankenhäuser in Bayern bereits kaum noch freie Betten haben. «Alle Kliniken sind am Anschlag», berichtete der Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Dominik Ewald. Zugleich beruhigte er: «Es hat noch keiner den absoluten Notstand ausgerufen. Die Versorgung ist nicht gefährdet, weil wir das doch immer noch irgendwie hinkriegen.»

Für die Kinderärzte kommt die aktuelle Situation nicht überraschend. «Wir hatten erwartet, dass diese RS-Virus-Welle kommt. Es ist relativ klar, dass jetzt, wo die Kinder wieder miteinander zu tun haben dürfen und wir drei Jahrgänge haben, die in den Kindergärten aufeinandertreffen und durch den Lockdown keinen Austausch der Infektionen hatten, dreimal so viele Kinder wie sonst krank werden», erklärte Ewald. «Die machen jetzt alle auf einmal das durch, was normalerweise nur ein Jahrgang durchmachen würde.»

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Viele Kinder fangen sich einen Infekt nach dem anderen ein – und können dann dem RS-Virus nicht mehr viel entgegensetzen

Schon seit Pfingsten grassieren unter den Kindern Infektionen, das RS-Virus schlägt besonders seit dem Ende der Sommerferien zu. «Jetzt kommen auch noch die verschiedenen Erkältungsviren, dazu gehören neben RSV zum Beispiel Influenza- oder Rhinoviren, schilderte Ewald. An sich sei dies kein Grund zur Sorge, betonte der Pädiater. «Gesunde Kinder können so einen Infekt durchaus durchstehen.» Problematisch sei derzeit nur, dass sich viele Kinder einen Infekt nach dem anderen einfingen und dann zu geschwächt seien, um dem RS-Virus noch viel entgegensetzen zu können.

Mit dem Coronavirus stecken sich zur Zeit in Deutschland wöchentlich mehrere Zehntausend Kinder an, zumeist ohne erkennbare Gesundheitsfolgen. Rund 1.000 Kinder allerdings mussten in den vergangenen Wochen wegen Covid-19 bundesweit in Krankenhäuser eingeliefert werden. Die aktuelle RSV-Welle scheint die Kliniken noch deutlich stärker zu belasten. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektologie hat ein Melderegister eröffnet, um das Ausmaß kenntlich zu machen. Danach haben allein vom 18. bis zum 24. Oktober 401 Kliniken bundesweit insgesamt 2.704 Fälle angezeigt – 222 Kinder davon mussten auf die Intensivstationen.

Das RS-Virus – kurz für das Respiratorische Synzytial-Virus – kann durchaus auch Erwachsenen schwer zu schaffen machen, ist aber besonders für Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder gefährlich. Sie können ausgesprochen schwere Lungenentzündungen bekommen. Laut Robert Koch-Institut sterben 0,2 Prozent der erkrankten Kinder ohne bekanntes erhöhtes Risiko, gut 1 Prozent der erkrankten Frühgeborenen und mehr als 5 Prozent der betroffenen Kinder mit angeborenem Herzfehler.


Da gegen das Virus kein Antibiotikum hilft, können die Ärzte nur die Symptome behandeln. Weniger schwer verlaufende Infektionen werden meist gar nicht als solche erkannt, weswegen das seit langem kursierende Virus vielen Laien nicht mit Namen bekannt ist. Dabei kann der vermeintlich harmlose Husten durchaus Folgen haben: «Fatal ist, dass die Infektion bestimmte Veränderungen in der Lunge bewirken kann, die auch langfristig zu Folgeproblemen führen kann», erläuterte Ewald. Die Erkrankten litten später häufiger unter Asthma oder einer Überempfindlichkeit der Bronchien. News4teachers / mit Material der dpa

Hintergrund

Das Robert-Koch-Institut schreibt über Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV):

“RSV-Infektionen betreffen alle Altersgruppen. Es besteht kein vollständiger Nestschutz. Neugeborene und junge Säuglinge können jedoch in den ersten 4–6 Lebenswochen durch diaplazentar übertragene Antikörper vor einer RSV-bedingten Erkrankung geschützt sein, während Frühgeborene durch eine geringere Versorgung mit maternalen Antikörpern auch in den ersten Lebenswochen bereits schwer an einer RSV-Infektion erkranken können. Bei älteren Säuglingen und Kleinkindern ist eine RSV-Infektion die häufigste Ursache von Erkrankungen des unteren Respirationstraktes und von damit verbundenen Krankenhauseinweisungen. Innerhalb des 1. Lebensjahres haben 50–70% und bis zum Ende des 2. Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Eine langfristige Immunität besteht nicht. Reinfektionen sind häufig, insbesondere bei Erwachsenen mit regelmäßigem Kontakt zu Kleinkindern.

“Jugendliche und Erwachsene spielen als asymptomatische oder symptomarme Überträger eine Rolle”

RSV-Infektionen treten bei Frauen und Männern gleichermaßen auf. Schwere, mit Krankenhausaufenthalt verbundene RSV-bedingte Erkrankungen bei Kindern betreffen etwa doppelt so oft Jungen wie Mädchen.”

Weiter heißt es: “Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion von einer infektiösen Person auf eine Kontaktperson. Konjunktiven und Nasenschleimhäute bilden die Eintrittspforte. Es wird angenommen, dass eine Übertragung auch indirekt über kontaminierte Hände, Gegenstände und Oberflächen möglich ist.” Und: “Jugendliche und Erwachsene spielen als asymptomatische oder symptomarme Überträger eine Rolle.”

Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html

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