Website-Icon News4teachers

Wie im Märchen: Kultusminister erklären sich in der Corona-Krise für “erfolgreich”

Immer mehr Kinder gehen aufs Gymnasium. Foto: Shutterstock

Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

BERLIN. Wer angesichts einer Pandemie mit deutschlandweit fast 95.000 Toten, darunter natürlich auch Angehörige von Schülerinnen und Schülern (und allein seit gestern 83 mehr), das Attribut „erfolgreich“ verwendet, hat den Schuss nicht gehört. Die Kultusminister der Länder haben in anderthalb Jahren Pandemie praktisch nichts unternommen, um den Präsenzbetrieb der Schulen zu sichern – außer Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zu ignorieren, ihnen aufgenötigte Schutzmaßnahmen zu lockern oder gleich ganz zu streichen. Dafür allerdings loben sie sich selbst in den höchsten Tönen: „erfolgreich“ eben. Des Kaisers neue Kleider anno 2021.

„Die KMK stellt fest, dass es gelungen ist, trotz der Pandemie und der Delta-Variante im Schuljahr 2021/2022 durchweg in allen Ländern vollständigen und kontinuierlichen Präsenzunterricht sicherzustellen“, so heißt es in dem Papier. Kein Wunder: Die Kultusminister hatten beschlossen, den Unterricht unter allen Umständen in Präsenz laufen zu lassen – und nehmen dabei zahlreiche Ausbrüche, die das Robert-Koch-Institut in Kitas und Schulen registriert (wie News4teachers berichtet), in Kauf.

Anzeige

Eine glatte Lüge: Von einem sicheren Schulbetrieb kann derzeit keine Rede sein

„Der Unterricht für unsere Schülerinnen und Schüler findet weitestgehend ohne Einschränkungen und unter Beachtung der geltenden Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen sicher statt“, behauptet die KMK – eine glatte Lüge. Ansteckungen finden in Kitas und Schulen derzeit wöchentlich tausendfach statt; von einem sicheren Schulbetrieb kann keine Rede sein.

„Manche zu Schuljahresbeginn verschärften Beschränkungen konnten inzwischen gelockert oder sogar aufgehoben werden“, heißt es in dem Beschluss. Klar „konnten“ sie das – ohne Rücksicht auf Verluste eben.

„Das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung, auf gemeinschaftliche Zusammenkünfte und Freizeitgestaltung mit anderen Kindern und Jugendlichen ist somit weitestgehend ohne Einschränkungen gesichert.“ Das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Gesundheitsschutz in staatlichen Bildungseinrichtungen allerdings nicht.

Die Bilanz der Kultusminister fällt geradezu grotesk aus – kein selbstkritisches Wort. Im Gegenteil, wie sich dem Wortlaut entnehmen lässt: viel Lob in eigener Sache.

„Die Länder haben (..) zentrale Forderungen der KMK insbesondere aus dem Beschluss vom 10. Juni 2021 zum ‚Schulischen Regelbetrieb im Schuljahr 2021/2022‘ aufgegriffen und umgesetzt, vor allem haben sie erreicht,

Und weiter: „Erfolgreich ist es auch gelungen, bei Infektionsfällen in den Schulen die Quarantäneregelungen so anzupassen, dass der Gesundheitsschutz und der Anspruch auf Präsenzunterricht sinnvoll in Einklang gebracht werden.“

Ob Maskenpflicht oder mobile Luftfilter oder Schülertests – nicht eine einzige gemeinsame Regelung hat die KMK zuwege gebracht

Ich übersetze das mal:

Die Länder haben „durchgesetzt“, was sie selbst beschlossen haben, dass nämlich formal „Regelbetrieb“ stattfindet, obwohl vor Ort von Normalität keine Rede sein kann.

Die Kultusminister behaupten, Lernrückstände abgebaut zu haben – obwohl es dafür keinerlei Belege gibt. Im Gegenteil: Lehrerverbände wie die GEW kritisieren die „Aufhol-Programme“ als „bürokratisch, kompliziert, zu klein – eine Mogelpackung“.

Die Kultusminister loben sich dafür, „gesellschaftliche Akzeptanz“ dafür erreicht zu haben, dass Präsenzunterricht wichtig ist – hat das irgendjemand jemals in Frage gestellt?

Durch den Präsenzunterricht seien „vielfältige Unterstützungsmaßnahmen umgesetzt worden“. Heißt wohl: Die Lehrkräfte tun, was sie können, in ihrem Unterricht das zu ermöglichen, was die Kultusminister nicht gebacken bekommen – die Kinder zu unterstützen nämlich.

Und dann noch die „erfolgreiche Anpassung“ der Quarantäneregeln: Die Gesundheitsministerkonferenz (nicht mal die KMK) hatte auf ein Papier schreiben lassen, dass bei einem Infektionsfall unter Schülerinnen und Schülern nicht mehr die ganze Klasse in Quarantäne gehen soll – das war’s. Seitdem macht jedes Land das, was es vorher auch schon machte: was es will. In einzelnen Bundesländern brauchen mittlerweile nicht mal mehr Sitznachbarn von Infizierten zu Hause bleiben.

Das gilt auch bei allen anderen Corona-Schutzmaßnahmen: Ob Maskenpflicht oder mobile Luftfilter oder Schülertests – nicht eine einzige gemeinsame Regelung hat die KMK zuwege gebracht. Erfolgreich? Eine Clownsnummer. News4teachers / Foto: Shutterstock

Hier geht es zum vollständigen KMK-Beschluss.

Die Kultusminister schaffen es immer wieder, noch einen draufzusetzen: Jetzt erklären sie Corona in Schulen für beendet!

Die mobile Version verlassen