Website-Icon News4teachers

Schulen müssen bis Jahresende Masern-Impfstatus erheben – für Millionen Schüler

FRANKFURT/MAIN. Masern sind eine hoch ansteckende Krankheit, die gefährlich werden kann. Bis zum Jahresende muss für Kita- und Schulkinder sowie für Lehrkräfte und Kita-Fachkräfte nachgewiesen werden, dass sie geimpft oder immun dagegen sind. Die GEW kritisiert einen hohen bürokratischen Aufwand für die Bildungseinrichtungen – kein Wunder: Es geht bundesweit um insgesamt mehr als 14 Millionen Kinder und Jugendliche sowie 1,5 Millionen Beschäftigte.

Seit dem 1. März 2020 gilt eine Masern-Impfpflicht für Kinder und Jugendliche in Bildungseinrichtungen sowie das dort tätige Personal. Foto: Shutterstock

In den Schulen ist die Erhebung des Masern-Impfstatus angelaufen. Spätestens bis zum Jahresende sollen sowohl die Beschäftigten als auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen Schulen ebenso wie in Kitas Auskunft geben, ob eine Immunität gegen die Krankheit oder ein ausreichender Impfschutz vorliegt. Der Vorsitzende der Lehrer-Gewerkschaft GEW Hessen, Thilo Hartmann, begrüßte zwar grundsätzlich die Bemühungen um den Gesundheitsschutz, sprach aber vor allem mit Blick auf die Schulen von einem «Papiertiger», der die Lehrkräfte zusätzlich belaste.

Hintergrund ist das bundesweite Masernschutzgesetz, das Schul- und Kindergartenkinder vor der hochansteckenden Viruserkrankung schützen soll. Ursprünglich sollte die Erhebung bereits bis Ende Juli erfolgt sein. Doch die Frist wurde coronabedingt bis zum Ende dieses Jahres verlängert, da viele Schüler wegen der Pandemie monatelang nicht zur Schule gehen konnten und die Erhebung deshalb nicht möglich war.

Anzeige

Das Gesetz verpflichtet einen bestimmten Personenkreis, eine Impfung oder eine Immunität gegen die Masern nachzuweisen. So müssen alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr sowie nach 1970 geborene Erzieher und Lehrer geimpft oder immun sein, wenn sie in einen Kindergarten oder in die Schule gehen beziehungsweise dort arbeiten. Gleiches gilt für Mitarbeiter in Gemeinschaftseinrichtungen, also zum Beispiel Erzieher, Lehrer, Pflegekräfte oder medizinisches Personal. Auch Asylbewerber und Flüchtlinge müssen vier Wochen nach einer Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft gegen Masern geimpft sein.

«Für Schulkinder ist das eher eine Absichtserklärung mit enormem Aufwand»

Vor allem zum Schutz von Kindern mit Fluchtgeschichte, die in der Vergangenheit keinen Zugang zu einer umfassenden gesundheitlichen Versorgung gehabt hätten, sei das Gesetz sehr zu begrüßen, sagte Hartmann. Auch die lange erprobten Impfungen gegen die Krankheit hält er für unbedingt sinnvoll. Allerdings sollte die Erhebung des Impf- und Immunitätsstatus aus seiner Sicht über die Kinderärzte und Gesundheitsämter laufen. Das sei kein Auftrag der Schule, so der GEW-Landesvorsitzende.

Hinzu komme: Während die Kitas nicht geimpfte beziehungsweise nicht immunisierte Kinder ausschließen könnten, wiege die Schulpflicht schwerer als die Nachweispflicht. «Das bringt die Schulen in eine ganz schwierige Lage», sagte Hartmann. Selbst wenn der geforderte Nachweis fehle, habe dies keine Konsequenzen, außer dass der Impfstatus wiederholt abgefragt werden müsse. «Für Schulkinder ist das eher eine Absichtserklärung mit enormem Aufwand, und es ist nicht hinterlegt, mit welchen Ressourcen das umgesetzt werden soll», so Hartmann. Er sieht auch Parallelen zur Corona-Pandemie: Auch hier habe die Politik viele Regeln erlassen und sich der Verantwortung entzogen, indem die Umsetzung an die Schulen delegiert worden sei, sagte Hartmann.

Dass die derzeit schwierig werden dürfte, räumt auch das NRW-Schulministerium ein. Beispiel Grundschulen: Schülerinnen und Schüler, die bereits dort eingeschult sind, haben in der Regel vor der Einschulung die Schuleingangsuntersuchung bei dem zuständigen Gesundheitsamt durchlaufen, bei der auch der Impfstatus – und damit der auch für Masern – zu erheben war. Eigentlich. Impf-Bestätigungen durch die Gesundheitsämter werde es aber aktuell kaum geben, heißt es beim Ministerium. «Insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Lage erscheint es derzeit ausgesprochen schwierig, von Seiten der Gesundheitsämter Angaben über den Impfstatus der Schülerinnen und Schüler zu bekommen, die vor ihrer Einschulung untersucht worden sind. Die Ausstellung von Bestätigungsnachweisen seitens der Gesundheitsämter erscheint mithin unwahrscheinlich.»

Von daher empfiehlt das Schulministerium, dass die Schulleiterinnen und Schulleiter der Grundschulen zeitnah die Schülerinnen und Schüler – beziehungsweise deren Erziehungsberechtigte – schriftlich bitten, zu einem von der Schule festgesetzten Termin einen der genannten Nachweise vorzulegen. «Dieser Termin sollte so gelegt werden, dass ausreichend Zeit verbleibt, den Nachweis beizubringen (insbesondere bezüglich der Nachweise, die durch ein ärztliches Zeugnis zu erbringen sind). Zudem wird hinsichtlich der Terminierung angeregt, dass noch ein zweiter Termin zur Vorlage der Nachweise möglich ist („Nachzügler-Termin“).»

«Von der Schulleiterin oder dem Schulleiter kann lediglich eine Plausibilitätsprüfung gefordert werden»

Dass dabei allerdings nicht jedes vorgelegte Dokument auch nachvollzogen werden kann, räumt das Ministerium indirekt ein: «Von der Schulleiterin oder dem Schulleiter kann lediglich eine Plausibilitätsprüfung gefordert werden. Insbesondere bei der Vorlage eines Impfnachweises (z.B. Impfausweis) ist der „Prüfungsmaßstab“ jener, der von einer medizinisch nicht vorgebildeten Person erwartet werden kann.» Immerhin: «Kann ein Impfausweis nicht gelesen werden – z.B. aufgrund Beschädigung, Unleserlichkeit, Ausstellung in einer anderen Sprache – muss die Schulleiterin oder der Schulleiter keine weitere Recherche betreiben.» Der Aufwand dürfte gleichwohl enorm sein.

Masern können mit schweren Komplikationen einhergehen. Gruppen mit erhöhtem Risiko sind dem Bundesgesundheitsministerium zufolge Kinder unter 5 Jahren und Erwachsene über 20 Jahren. Im Extremfall kann eine Masernerkrankung tödlich verlaufen.

Hier geht es zum Informationsschreiben des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen.

Impfpflicht gegen Masern gilt auch für Lehrer und Erzieher – Bußgelder drohen

Die mobile Version verlassen