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Durchseuchung der Kinder läuft: Kinderärzte-Verbände machen Druck, dass Kitas und Schulen offenbleiben – um jeden Preis

DÜSSELDORF. Die Durchseuchung der Kinder in Deutschland schreitet voran. Und Kinderärzte-Verbände, die seit Beginn der Pandemie für weit offene Kitas und Schulen trommeln, machen Druck, dass das so bleibt: Angesichts der verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Corona-Welle haben Kinder- und Jugendmediziner vor erneuten Schulschließungen gewarnt. Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht im Unterricht oder Luftfilter in den Klassenräumen sind dagegen kein Thema für die organisierten Pädiater. Derweil meldet ein Landkreis eine Kinder-Inzidenz von fast 4.000.

Coronaviren unter dem Elektronenmikroskop (gelb eingefärbt). Foto: NIAID / Wikimedia Commons CC BY 2.0

«Ich plädiere dringend dafür, den Schulbetrieb während der gesamten vierten Welle aufrechtzuerhalten», sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Prof. Dr. med. Jörg Dötsch, der «Rheinischen Post». Er verwies auf Untersuchungen, wonach die Ansteckung bei Kindern und Jugendlichen eher nicht in den Schulen, sondern hauptsächlich im familiären Umfeld erfolge. Die Schulen trügen im Gegenteil dazu bei, Infektionen bei Kindern zu kontrollieren – vor allem das regelmäßige Testen, Masketragen und die Hygienemaßnahmen seien dabei ausschlaggebend».

Dötsch begrüßte nun die klare Absage der Ampel-Parteien an erneute Schulschließungen. Es sei zu hoffen, dass sie sich auch dann noch daran erinnerten, wenn sich die Lage weiter verschärfe und weitergehende Maßnahmen notwendig werden sollten.

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Das Robert-Koch-Institut registriert massenhaft Corona-Ausbrüche an Schulen

Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnte vor erneuten harten Einschränkungen für Kinder und Jugendliche. «Diese dürfen niemals erfolgen, bevor nicht alle anderen Maßnahmen des Infektionsschutzes ausgeschöpft sind, dazu gehört etwa auch eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene», sagte BVKJ-Bundessprecher Dr. med. Jakob Maske der «Rheinischen Post». Der Kinderarzt verwies auf die schweren Folgen der Lockdown-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche. Zu beobachten sei eine immense Zunahme von psychiatrischen Erkrankungen, Adipositas, Spielsucht, Lernrückständen sowie das Aufklappen der sozialen Schere. Schulen dürfen deshalb nur als «allerletzte Möglichkeit zur Bewältigung der Pandemie» geschlossen werden.

BVKJ-Präsident Dr. med. Thomas Fischbach hat sich vor vier Wochen für eine Abschaffung der regelmäßigen Corona-Tests an Schulen ausgesprochen – und gegen eine Maskenpflicht im Unterricht.

Das Robert-Koch-Institut registriert unterdessen massenhaft Ausbrüche an Schulen.Bei der Zahl der übermittelten Schulausbrüche konnte nach einem kurzseitigen Rückgang während der Herbstferien Mitte Oktober 2021 ein erneuter Anstieg beobachtet werden und liegt weiterhin höher als in allen vorausgegangenen Wellen der Pandemie. Bisher wurden 856 Schulausbrüche für die letzten vier Wochen (Meldewochen 42 – 45/2021) übermittelt“, so heißt es im aktuellen Wochenbericht. Allerdings seien die letzten beiden Wochen aufgrund von Nachmeldungen noch nicht bewertbar.

Schulschließungen in der Fläche gehören nicht zu den Optionen, die den Ländern im weiteren Verlauf der Pandemie eingeräumt werden

Das Ansteckungsniveau unter Schülern hat ein Rekordniveau erreicht: Das RKI verzeichnet bundesweite Inzidenzen von 780 für Zehn- bis 14-Jährige, und 625 für Fünf- bis Neunjährige – was fast eine Verdoppelung der Zahlen binnen sieben Tagen bedeutet: In der vergangenen Woche war ein Wert von 416 für Zehn- bis 14-Jährige gemeldet worden, von 350 für Zehn- bis 14-Jährige.

Sebastian Mohr, Physiker und Statistiker in einer Wissenschaftler-Gruppe um die Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann, sammelt aktuelle Corona-Daten und veröffentlicht sie fortlaufend in einer Übersichtskarte mit Inzidenzen in den Städten und Kreisen in Deutschland, die sich auch nach Alter spezifizieren lässt.

Das Bild, das sich dabei zeigt: In grob der Hälfte der deutschen Städte und Landkreise liegen die Inzidenzen unter Fünf- bis 14-Jährigen mittlerweile bei Werten über 500, in geschätzt einem Fünftel sogar bei Werten zwischen 1.000 und 2.000. In einem deutschen – genauer: Brandenburger – Landkreis sind die Kinder-Inzidenzen mittlerweile auf einen Horror-Wert von fast 4.000 geschossen: Oberspreewald-Lausitz meldet 3.909. Der Schulbetrieb dort läuft uneingeschränkt weiter.

Eine rechtliche Möglichkeit für Eltern, ihre Kinder vom Infektionsgeschehen fern zu halten, gibt es in der Regel nicht: In 15 Bundesländern gilt weiter die Präsenzpflicht in den Schulen. Sachsen stellt allerdings als erstes Bundesland ab sofort den Eltern frei, ob sie den Durchseuchungskurs mitgehen wollen: Sie können ihr Kind vom Präsenzunterricht abmelden, bekommen dann aber keine Unterstützung durch die Schule.

Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte am Donnerstagabend beschlossen, man sei sich „einig darüber, dass weitere Belastungen für Kinder und Jugendliche zu vermeiden und sie gleichzeitig bestmöglich zu schützen sind“. Dies soll auch weiterhin über eine „regelmäßige und kindgerechte“ Teststrategie umgesetzt werden. Schutzmaßnahmen für die Bildungseinrichtungen? Fehlanzeige. Stattdessen wird von der Ampelkoalition die Notbremse abgebaut: Schulschließungen in der Fläche gehören nicht zu den Optionen, die den Ländern im weiteren Verlauf der Pandemie eingeräumt werden.

Das RKI warnt unterdessen vor einer Durchseuchung der Kitas und Schulen. „Je mehr Kinder infiziert werden, desto höher würde dann auch die Anzahl der schweren Krankheitsverläufe ausfallen“, so heißt es in einem aktuellen Papier der Seuchenschutz-Behörde (News4teachers berichtet). News4teachers

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