POTSDAM. Die Infektionszahlen insbesondere unter Kindern und Jugendlichen explodieren (auch) in Brandenburg. Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz etwa weist eine Inzidenz unter Fünf- bis 14-Jährigen von 4.628 auf – Rekordwert in Deutschland. Die GEW spricht davon, dass die Situation außer Kontrolle geraten sei. Das hat jetzt Konsequenzen: An den Brandenburger Schulen gilt wegen der Corona-Infektionslage bald keine Anwesenheitspflicht für die Schüler mehr. Damit folgt das Land dem benachbarten Freistaat Sachsen, der als erstes Bundesland die Schulbesuchspflicht schon vergangene Woche aufgehoben hatte.

«Für den schulischen Bereich werden wir die Präsenzpflicht aufheben», sagte Brandenburgs Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Britta Ernst (SPD), Frau des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz (ebenfalls SPD), am Dienstag im RBB-Inforadio. «Es ist der Wunsch vieler Eltern, dass sie ihre Kinder nicht in die Schule schicken wollen.» Die Einzelheiten – etwa Ausnahmen für Abschlussklassen – würden noch ausgearbeitet.
Außerdem plant Ernst, die Weihnachtsferien für Brandenburger Schülerinnen und Schüler um drei Tage vorzuziehen. Ursprünglich sollte der 23. Dezember der erste Ferientag in Brandenburg sein. Neuer Ferienbeginn soll jetzt Montag, der 20. Dezember, sein. Ernst sieht auch die Erwachsenen in der Pflicht, durch Impfungen die Situation für die Kinder zu entspannen. Schulschließungen sollten nicht die Lösung sein.
«Die Arbeitsbelastung liegt dann bei den Lehrern. Das halten sie bis Weihnachten nicht durch»
Der Brandenburger Pädagogenverband sieht die Aufhebung der Schulbesuchspflicht skeptisch. «Die Arbeitsbelastung liegt dann bei den Lehrern», sagte Präsident Hartmut Stäker auf Anfrage. Sie müssten jede Unterrichtsstunde dann zweimal leisten: einmal online und einmal für die Kinder, die in die Schule kommen. «Das halten die Lehrer bis Weihnachten nicht durch», kritisierte er. Zum Vorziehen der Weihnachtsferien meinte Stäker: In den zusätzlichen drei freien Tagen werde die Welt auch nicht gerettet. Zumindest bestehe aber die Chance, dass das Weihnachtsfest für die Schüler ohne Quarantäne ablaufen könne.
Fassen wir mal die Maßnahmen aus verschiedenen Bundesländern zusammen: Aussetzung der Präsenzpflicht, kein Sportunterricht mehr, Diskussion früherer Weihnachtsferien…
I can see where this is going…#twlz
— Matthias Förtsch (@herr_foertsch) November 22, 2021
Die Brandenburger GEW wandte sich in einem offenen Brief an die Ministerin. Die Situation an den Schulen sei besorgniserregend, hieß es. «Sie ist außer Kontrolle geraten», sagte GEW-Landesvorsitzender Günther Fuchs. Gefordert werden außer Schutzmaßnahmen auch Entlastungen für die Lehrkräfte. Konkret: «In den Schulen ist bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres ein Kerncurriculum in Kraft zu setzen und die Stundentafeln auszusetzen. In der Schulorganisation sind vorrangig alle Maßnahmen zur Verkleinerung der Klassen– und Lerngruppen mit Vorrang durchzuführen.»
Die rot-schwarz-grüne Landesregierung in Brandenburg will angesichts der wachsenden Belastung von Krankenhäusern am (heutigen) Dienstag schärfere Corona-Regeln beschließen. Ab Mittwoch soll die 2G-Regel in vielen Geschäften gelten, ausgenommen sind Supermärkte und andere Läden für den täglichen Bedarf. Die 2G-Regel erlaubt den Zugang nur geimpften und genesenen Menschen, sie gilt bereits in Kneipen, Theatern, Kinos, Konzerthäusern und Bädern. Weihnachtsmärkte sollen wieder schließen. In bestimmten Fällen sind Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr geplant.
«Einen Anspruch auf Beschulung der Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte, wie im Präsenzunterricht, gibt es nicht»
Eltern, denen das Infektionsrisiko zu hoch ist, können ihr Kind im Freistaat von der Präsenzbeschulung schriftlich abmelden. «Die Abmeldung muss durch Belange des Infektionsschutzes begründet sein. Ein etwaiges Ab-und Anmelden für einzelne Wochentage kommt nicht in Betracht», so heißt es im Blog des sächsischen Kultusministeriums. «Die Kinder oder Jugendlichen verbringen dann die Lernzeit zu Hause.» Der Druck auf die Eltern, ihr Kind zur Schule zu schicken, ist gleichwohl hoch, denn: «Einen Anspruch auf Beschulung der Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte, wie im Präsenzunterricht, gibt es jedoch nicht. Das ist in der angespannten Situation von den Schulen nicht zu leisten.»
Wieso sollte man sich auch konzeptionell auf Fernunterricht vorbereiten und Lehrer*innen unterstützen, wenn man auch wieder warten kann, bis die Situation wieder so beschissen ist, dass der Baum brennt und man alles wieder in einem Tag aufziehen kann?
— Nᴇᴛᴢʟᴇʜʀᴇʀ (@blume_bob) November 23, 2021
Vorsorge (etwa in Gestalt einer landesweiten Online-Schule mit Lehrkräften, die aufgrund von Vorerkrankungen oder Schwangerschaft nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können), hat der Freistaat nicht getroffen. Auch Brandenburg nicht. News4teachers / mit Material der dpa
Durchseuchung! Virologin Eckerle warnt Eltern davor, ihr ungeimpftes Kind zur Schule zu schicken