Website-Icon News4teachers

Schon sechs Kommunen verzeichnen Kinder-Inzidenzen über 5.000 – Lauterbach: Sind “einigermaßen gut unterwegs”

Anzeige

BERLIN. Deutschland sei gerade „einigermaßen gut unterwegs“, so befand Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gestern mit Blick auf die Omikron-Welle. Die Schulen kann er nicht gemeint haben – dort rollt ein Tsunami ungebremst durch die Klassen und Kurse. Mittlerweile sechs Kommunen in Deutschland verzeichnen Kinder-Inzidenzen von über 5.000. Konsequenzen? Praktisch keine. Der Bundestag schränkt nur für sich selbst die Präsenzpflicht ein.

Hatte früher stets vor einer Kinder-Durchseuchung gewarnt: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Foto: Karl Lauterbach

Eine Inzidenz von 5.000 bedeutet, dass sich 5 Prozent der darauf bezogenen Bevölkerungsgruppe mit dem Coronavirus infiziert haben – und zwar in nur einer Woche. Auf Schülerinnen und Schüler bezogen heißt das: Im Schnitt sitzt in jeder Schulklasse der betroffenen Region ein neuangestecktes Kind. Angesichts des zu erwartenden exponentiellen Wachstums der Ausbreitung dürfte es sich lediglich um Wochen handeln, bis zumindest alle Ungeimpften sich mit Covid-19 infizieren. Mit einem Wort: Durchseuchung.

Genau so sieht die Situation in immer mehr Städten und Landkreisen in Deutschland aus – für fünf- bis 14-jährige Schüler. Insbesondere die Grundschüler sind noch immer größtenteils ungeimpft, und ihre Inzidenz ist mit einem bundesweiten Durchschnittswert von 2.365 den Daten des Robert-Koch-Instituts von allen Altersgruppen in Deutschland am höchsten, wie News4teachers aktuell berichtet. Wie das mit Durchschnittswerten so ist: Die Spitzenwerte liegen deutlich darüber. Und dieses Bild lässt sich derzeit erkennen.

Anzeige

Sebastian Mohr, Physiker und Statistiker in einer Wissenschaftler-Gruppe um die Max-Planck-Forscherin Viola Priesemann, sammelt aktuelle Corona-Daten und veröffentlicht sie fortlaufend in einer Übersichtskarte mit Inzidenzen in den Städten und Kreisen in Deutschland, die sich auch nach Alter spezifizieren lässt. Das Bild, das sich dort zunehmend für die Fünf- bis 14-Jährigen zeigt, ist erschreckend: Immer mehr Regionen sind dunkelblau gefärbt. Die Farbe markiert Inzidenzen über 4.000. Sechs Kommunen in Deutschland reißen sogar die 5.000er-Marke. Trauriger Spitzenreiter ist die westdeutsche Stadt Remscheid – mit einer Inzidenz in der Altersgruppe von 5.944. Das benachbarte Solingen schafft 5.470.

Berlin kratzt mit 4.687 an der 5.000er-Marke. Dort sind aktuell 16.677 Schülerinnen und Schüler nachweislich mit dem Coronavirus infiziert

Ansonsten sind die Kinder-Hotspots gut über die Republik verteilt: Der brandenburgische Landkreis Uckermark gehört mit 5.548 genauso dazu wie der bayerische Landkreis Dachau mit 5.043. Der Landkreis Starnberg (ebenfalls Bayern) schafft 5.454, Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden 5.413.

Berlin kratzt mit 4.687 an der Marke. In der Bundeshauptstadt sind aktuell 16.677 Schülerinnen und Schüler nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Hinzu kommen 1.856 schulische Mitarbeiter, vor allem Lehrkräfte. Das heißt, momentan sind 4,6 Prozent der Belegschaft der Schulen infiziert und deshalb in Isolation. Das geht aus einer am Freitag veröffentlichten Statistik der Senatsbildungsverwaltung hervor. Die steigende Tendenz bei den Infektionen setzte sich an den Schulen demnach fort – wie in allen anderen Bereichen auch.

Die Zahl der infizierten Schüler liegt um gut 3000 über der vor einer Woche. Die Zahl der Schulbeschäftigten mit Corona stieg binnen einer Woche um knapp 400. In 659 von 675 allgemein bildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft steht die Corona-Ampel laut dem geltenden Stufenplan auf grün. 16 sind gelb – dort greift also wegen der Zahl der Infektionen Wechselunterricht oder Unterricht in kleineren Gruppen.

Da an den Schulen relativ engmaschig getestet wird, gilt das von der Statistik vermittelte Bild als vergleichsweise realistisch. Fachleute gehen davon aus, das die Dunkelziffer hier geringer ist als in vielen anderen Bereichen. Die Inzidenz, also die Zahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, ist in den Altersgruppen der Schüler weit höher als im Durchschnitt der Stadt. Wegen der Omikron-Welle war die Präsenzpflicht an den Berliner Schulen am Montag aufgehoben worden. Eltern können also selbst entscheiden, ob ihre Kinder in der Schule oder von zu Hause aus lernen. In der kommenden Woche sind erst einmal Ferien. In den meisten anderen Bundesländern – auch Nordrhein-Westfalen mit seinen Hotspots Remscheid und Solingen – gilt weiter Präsenzpflicht.

„Je besser wir die Welle in der Gänze begrenzen, desto schneller und besser kommen wir auch für die Kinder durch“

Für Politikerinnen und Politiker gelten andere Regeln. Angesichts neuer Höchststände bei den Corona-Infektionen dünnt der Bundestag seinen Sitzungskalender aus. Am Dienstag, den 15. Februar, werde die Präsenzpflicht für die Abgeordneten aufgehoben, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) am Freitag in Berlin. In den beiden ersten Februar-Wochen waren ohnehin keine Sitzungstage vorgesehen.

Zur Situation an Schulen erklärte Bundesgesundheitsminister Lauterbach gestern: „Je besser wir die Welle in der Gänze begrenzen, desto schneller und besser kommen wir auch für die Kinder durch.“ Es werde an vielen Stellen in Schulen noch getestet, sonst wüsste man auch gar nicht, wie viele Fälle es gibt. Hierfür seien Antigen-Schnelltests gut, weil man Ergebnisse sofort habe und nicht erst später nach der Auswertung von PCR-Tests. Generell gelte es, konsequent Masken zu tragen, nach jeder Stunde zu lüften und positiv getestete Kinder sofort zu isolieren. Insofern habe man nicht die Kontrolle verloren. Das Problem sei aber, dass die Fallzahlen so hoch seien. News4teachers / mit Material der dpa

Wochenbilanz des RKI: Vier weitere Corona-Todesfälle unter Schülern, Inzidenz bei Kindern schießt auf 2.365

Anzeige
Die mobile Version verlassen