BERLIN. Morgen beginnt in den ersten Bundesländern bereits wieder der Präsenzunterricht. Wie viele Schüler und Lehrkräfte sich über die Feiertage mit der Omikron-Variante angesteckt haben – überhaupt: wie weit sich die extrem ansteckende Mutation bereits in Deutschland ausgebreitet hat – ist unklar. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schätzt, dass die Dunkelziffer zwei- bis dreimal so hoch liegt wie die offiziell ausgewiesenen Inzidenzen. Für den Schulbetrieb kommt es entscheidend darauf an, ob die genutzten Schnelltests Omikron-Infektionen einigermaßen zuverlässig anzeigen. Nach ersten Warnmeldungen gibt es jetzt eine gute Nachricht: Die meisten Schnelltests schlagen offenbar auch auf die Variante an. Aber…
Berlin lässt die Schülerinnen und Schüler in der ersten Woche nach den Weihnachtsferien fünfmal auf eine Coronainfektion testen. Auch andere Bundesländer haben eine erhöhte Testfrequenz für den Unterrichtsbeginn angekündigt. Ob das allerdings hilft, die Verbreitung der Omikron-Variante zu erfassen, war bislang unklar. Die U.S. Food and Drugs Administration warnte unlängst davor, dass erste Studien in den USA für zumindest einige der Antigentests eine zu geringe Empfindlichkeit beim Nachweis der Omikron-Variante andeuten.
Das Paul-Ehrlich-Institut hat jetzt in Deutschland angebotene Antigentests untersucht. Das Ergebnis lässt hoffen: „Die große Mehrheit der 245 Produkte, die untersucht wurden, weisen das Nukleo-Protein (N-Protein) des Coronavirus nach. Die Mutationen der Omikron-Variante betreffen aber primär das S-Protein“, so heißt es. Auf der Grundlage der aktuellen Datenlage geht das Paul-Ehrlich-Institut deshalb davon aus, dass die meisten der in Deutschland angebotenen und positiv bewerteten Antigentests eine Omikron-Infektion nachweisen können. Allerdings: Fast jeder fünfte Schnelltest fiel durch.
Einschränkend heißt es zudem: „Für eine endgültige, qualitative und quantitative Aussage sind allerdings weitere Untersuchungen, insbesondere Vergleichsstudien mit Proben von Omikron-infizierten Personen erforderlich.“
„Eine hohe Viruslast entwickelt sich zu Beginn einer Infektion, sei es mit oder ohne Symptomatik”
Weiter sei zu beachten, „dass Antigentests (Selbsttests und Antigen-Schnelltests zur professionellen Anwendung) nicht zur sicheren Diagnose einer SARS-CoV-2-Infektion entwickelt wurden, sondern allein um Personen mit einer sehr hohen Viruslast, der damit verbundenen potenziellen Infektiosität und dem Übertragungsrisiko für Kontaktpersonen schnell und einfach zu identifizieren. Eine hohe Viruslast entwickelt sich zu Beginn einer Infektion, sei es mit oder ohne Symptomatik, und kann in Einzelfällen bis zu 14 Tage anhalten.“ Dies gelte ebenso für die Omikron-Variante.
Ohnehin gelte: Antigentests zur Eigenanwendung, auch wenn sie die technischen Anforderungen an die Empfindlichkeit (Sensitivität) erfüllen, seien zudem nur dann aussagekräftig, wenn die Vorgaben bei der Anwendung exakt eingehalten wurden.
Das Paul-Ehrlich-Institut listet alle untersuchten SARS-CoV-2-Antigentests mit ihren Sensitivitätsraten bei (a) sehr hohen, (b) hohen, (c) niedrigen Viruslasten sowie (d) die Gesamtsensitivität, im Vergleich mit der Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR), dem Goldstandard unter den Corona-Tests, auf.
Die Bewertung der Tests erfolgt mithilfe eines Panels von 50 Proben, die die Bandbreite von einer sehr hohen Virusmenge bis zu einer niedrigen Virusmenge abdecken. So konnten weniger sensitive Tests von hochempfindlichen Tests unterschieden werden. Jedes untersuchte Produkt wurde mit den vom jeweiligen Hersteller bereitgestellten Komponenten (einschließlich Tupfer zur Probenentnahme, testspezifische Puffer) und exakt nach dem Protokoll des Herstellers getestet. Festzustellen sind extreme Qualitätsunterschiede – von völlig sinnlos (0 Prozent Gesamtsensitivität) bis präzise (100 Prozent) findet sich alles.
Allerdings: Auch unter den als zuverlässig bewerteten Schnelltests weisen etliche lediglich eine Gesamtsensitivität zwischen 30 und 40 Prozent auf.
„Mit wiederholten Tests kann in Schulen selbst bei nicht optimalen Tests eine recht gute Trefferquote erreicht werden“
„Grundsätzlich ist es bekannt, dass insbesondere die Sensitivität vieler Antigen-Schnelltests zu wünschen übrig lässt“, sagt der Epidemiologe Prof. Hajo Zeeb gegenüber dem NDR. Dass das Verfahren der Prüfung der Tests noch immer nicht auf andere Beine gestellt wurde, wundere ihn daher. „Dennoch können mit wiederholten Tests, zum Beispiel in Schulen, selbst bei nicht optimalen Tests eine recht gute Trefferquote erreicht werden“, meint er Zeeb.
Das Bundesland Bremen zum Beispiel versucht nach eigenen Angaben, diese Trefferquote durch Tests verschiedener Hersteller sicherzustellen. In Grundschulen beispielsweise kommt dem Bericht zufolge der Schnelltest des chinesischen Unternehmens Lepu zum Einsatz. In einem früheren Vergleich des Paul-Ehrlich-Instituts schnitt der Test allerdings nur im unteren Mittelfeld ab, da er zwar eine „sehr hohe Viruslast“ sehr gut erkennt, bei nur „hoher Viruslast“ aber nur in 26 Prozent der Fälle anschlägt – wohlgemerkt: Das galt für die bisher in Deutschland vorherrschenden Coronavarianten. Im neuen Vergleich ist der Test nicht vertreten. Heißt: Es ist völlig unklar, ob er auf Omikron reagiert – Blindflug. News4teachers
Hier geht es zu den beiden Listen mit positiv und negativ bewerteten Schnelltest-Produkten.