MÖNCHENGLADBACH. Nach dem Tod einer 13-jährigen Schülerin auf einer Klassenfahrt in London nach extremer Überzuckerung ermittelt die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wegen fahrlässiger Tötung – mit einer Unterbrechung seit bereits zweieinhalb Jahren. Mitschüler sollen bei dem Aufenthalt darauf hingewiesen haben, dass es dem zuckerkranken Mädchen nicht gut gehe. Die begleitenden Lehrkräfte sollen sich zu spät um die Schülerin gekümmert haben. Jetzt wurde gegen zwei Lehrerinnen Anklage erhoben, so berichtet die “Rheinische Post”.
Der Anwalt des Vaters der verstorbenen Schülerin hatte bereits 2019 Anzeige aufgrund der Schilderungen von Mitschülerinnen gegen die insgesamt vier begleitenden Lehrkräfte erstattet. Demnach hatte sich die 13-Jährige bereits am Ankunftstag nach dem Essen übergeben. «Die Bemühungen der Kinder, einen Lehrer ausfindig zu machen, schlugen am Donnerstag fehl», sagte der Anwalt seinerzeit. Als sich das Mädchen ständig weiter übergab, halfen ihm die Kinder zur Toilette und stellten schließlich einen Eimer hin, als die Mitschülerin immer schwächer wurde, wie der Jurist erklärte.
Am nächsten Morgen seien dann mehrere Kinder zu den Lehrern gegangen und hätten die Lage geschildert. Niemand habe nach dem Mädchen geschaut. «Die Kinder haben sich bemüht, selber damit fertig zu werden.» Sie sollten in Absprache mit einer Lehrerin auf die 13-Jährige aufpassen. Erst Samstagvormittag soll dann eine Lehrerin bei der kranken Schülerin erschienen sein – weil die Abreise bevorstand. Da sei das Mädchen so schwach gewesen, dass es sich nicht mehr selbst aufrichten konnte, sagte der Anwalt. Erst dann sei ein Rettungswagen bestellt worden.
Das Mädchen starb nach seinen Angaben am Sonntag um 14 Uhr im Krankenhaus. Der Anwalt wirft den Lehrkräften „Nachlässigkeit, die großen Schaden angerichtet hat“, vor. In Unterlagen für die Klassenfahrt sei vermerkt gewesen, dass das Mädchen Diabetikerin Typ 1 war. Sie trug dauerhaft eine Insulinpumpe.
«Inwieweit das zutrifft und wie sich der Sachverhalt tatsächlich gestaltet, ist Gegenstand der Ermittlungen», erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft damals. Die stellte das Verfahren dann aber zunächst ein. Dass das Mädchen an Diabetes Typ I litt, war zwar in der Schulakte vermerkt. Den beschuldigten Lehrkräften sei aber nicht nachzuweisen gewesen sei, dass sie von der Krankheit des Mädchens Kenntnis gehabt hätten.
Vor Antritt der Klassenfahrt hätten die chronischen Krankheiten der Schüler abgefragt werden müssen
Auf Bestreben des Vaters wurden die Ermittlungen dann doch wieder aufgenommen. Nach erneuten Zeugenbefragungen und Nachermittlungen kam die Staatsanwaltschaft jetzt zu dem Ergebnis, dass vor Antritt der Klassenfahrt die chronischen Krankheiten der Schüler hätten abgefragt werden müssen. Dazu wären sie aber gemäß einem Erlass des Schulministeriums verpflichtet gewesen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Gegen die anderen beiden Lehrkräfte sei das Verfahren erneut eingestellt worden.
Der Vater glaubt laut Bericht, seine Tochter hätte gerettet werden können, wenn ihr damals in London rechtzeitig geholfen worden wäre. „An Diabetes stirbt man doch nicht“, so wird er zitiert, „nur wenn einem keiner hilft“. Auch ein medizinisches Gutachten habe ergeben, dass der Tod der Schülerin vermeidbar gewesen wäre, wenn ihre Ketoazidose früher ärztlich behandelt worden wäre. News4teachers / mit Material der dpa