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Gymnasiast wollte angeblich gezielt Schwarze und Muslime töten: Was treibt einen Schüler in solchen Hass?

ESSEN. Nach dem vereitelten mutmaßlichen Bombenanschlag auf ein Essener Gymnasium brauchen die Schüler des Abschlussjahrgangs an diesem Montag gute Nerven: Ihre mündlichen Abiturprüfungen stehen an. Die Ermittlungen gegen den 16 Jahre alten Verdächtigen laufen unterdessen weiter. Dabei rückt auch die Suche nach dem Motiv für dessen mutmaßliche Anschlagspläne in den Fokus – laut Medienberichten hat der Jugendliche in seinen Aufzeichnungen ausdrücklich schwarze Menschen und Muslime als Opfer benannt.

Was bringt einen Jugendlichen dazu, Mordfantasien auszuleben? Illustration: Shutterstock

Nach dem vereitelten mutmaßlichen Terroranschlag an einem Essener Gymnasium laufen an der Schule am Montag mündliche Abiturprüfungen. Er hoffe, dass die Prüflinge sich nicht irritieren ließen, sagte der Direktor der Ordenseinrichtung, zu der die Schule in Essen-Borbeck gehört, Pater Otto Nosbisch.

Die Ermittlungen liefen über das Wochenende unter Hochdruck weiter, sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, Holger Heming. Gegen den Gymnasiasten wurde Haftbefehl unter anderem wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erlassen. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die Generalstaatsanwaltschaft geht einer Mitteilung zufolge von einem rechtsextremistischen Motiv aus.

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«Bei dem Jugendlichen handelt es sich wohl auch um jemanden mit einem rechtsextremistischen Hintergrund»

Inhaltlich wollte er sich aus Ermittlungsgründen und wegen der Persönlichkeitsrechte des 16 Jahre alten Verdächtigen nicht äußern. Jedenfalls spielten auch die persönliche Situation und der psychische Zustand des Beschuldigten eine Rolle, sagte er. Laut Pressemitteilung der Ermittlungsbehörden droht ihm bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe: «Der Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (…) sieht für Erwachsene einen Strafrahmen von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Für Jugendliche – wie den Beschuldigten – sieht das hier einschlägige Jugendgerichtsgesetz als Höchstmaß eine Jugendstrafe von fünf Jahren vor.»

Der reguläre Unterricht für die insgesamt rund 800 Schülerinnen und Schüler des Don-Bosco-Gymnasiums beginnt erst wieder am Dienstag mit einer Gelegenheit zum persönlichen Austausch über die Geschehnisse in der ersten Stunde. Danach würden sich alle Schüler draußen vor der Schule versammeln, um ein gemeinsames Zeichen des friedvollen Miteinanders zu setzen, hieß es auf der Schul-Homepage.

Nach einem Zeugenhinweis hatte die Polizei am Donnerstagmorgen (12. Mai) die Wohnung der Familie des 16-Jährigen gestürmt und diesen festgenommen. Dabei sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Die Polizei stieß unter anderem auf rechtsextreme Schriften und Materialien zum Bombenbau, wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mitgeteilt hatte. Sprengstoff und 16 Rohrkörper, einige präpariert mit Uhren und Nägeln, wurden sichergestellt, daneben noch ein selbst gebautes Gewehr und Armbrüste mit Pfeilen.

Vereitelt wurde der Anschlag durch Schüler, die ihren Verdacht eines möglichen Anschlags an eine Lehrerin weitergegeben hatten

«Das war eine konkrete, akute Bedrohung für unsere Schule», sagte Pater Nosbisch. Vereitelt worden sei sie durch das mutige Verhalten der Schüler, die ihren Verdacht eines möglichen Anschlags an eine Lehrerin weitergegeben hatten. Da der Jugendliche schon früher öfter von Waffen gesprochen habe, hätten die Mitschüler die Andeutungen ernst genommen und seien zu einer Lehrerin gegangen, die die Schulleitung informiert habe, sagte Nosbisch.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Jugendlichen wurden auch Hinweise darauf gefunden, dass der 16-Jährige psychische Probleme hatte, wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) mitgeteilt hatte. Es seien Aufzeichnungen gefunden worden, die als «dringender Hilferuf eines verzweifelten jungen Mannes gelesen werden» könnten.

Nach einem Bericht der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» hatte der Tatverdächtige seinen «Abschied für immer» angekündigt und ein «Geschenk für alle». Nach Informationen von Focus-Online geht aus den «aufgefundenen Todesfantasien» hervor, dass der Jugendliche jeden, der sich ihm in den Weg stellte, umbringen und viele mit sich in den Tod reißen wollte. Auch sollten schwarze Menschen und Muslime sterben.

Den rechtsextreme Mörder, der im neuseeländischen Christchurch 51 Menschen erschoss, nennt der Gymnasiast sein «Idol»

Überschrieben sind die Aufzeichnungen dem «Spiegel» zufolge mit »DBG-Massaker«. Das Kürzel dürfte für das Don-Bosco-Gymnasium stehen. Der Text beginne mit einem Zitat von Adolf Hitler. Außerdem habe der Schüler geschrieben, er fühle sich «wegen des Untergangs der weißen Rasse» gezwungen, ein Zeichen zu setzen.

Unter dem Punkt «Inspirationen» schrieb der Jugendliche dann über das Schulmassaker an der Columbine-Highschool 1999: Es sei schade, dass die Täter damals «nur insgesamt zwölf Gegner« erschossen hätten: »Ich hoffe, ich erreiche mehr Kills.» Auch auf den  norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik sowie auf den Terroranschlag eines Rechtsextremen im neuseeländischen Christchurch, bei dem 51 Menschen ums Leben kamen, beziehe sich der Gymnasiast. Der Täter sei sein «Idol». Er könne sich den Stream des Anschlags «immer wieder anschauen. Ich wünschte, ich hätte auch so ein Waffenarsenal.»

«Bei dem Jugendlichen handelt es sich wohl auch um jemanden mit einem rechtsextremistischen Hintergrund», hatte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bereits in der WDR-Sendung «Wahlarena» am Donnerstagabend erklärt. «Es sind mehrere Bauteile für Sprengsätze gefunden worden, verschiedene Waffen und jede Menge extremistischer Schriften, ausländerfeindlich und antisemitisch.» Das zeige, Staat und Gesellschaft dürften nicht nachlassen im Kampf gegen Rechtsextremismus.

Das bekräftigte auch sein Herausforderer Thomas Kutschaty (SPD). «Wenn ein 16-Jähriger auf solche Ideen und Gedanken kommt und es so weit kommen kann, dass er Material zum Bau von Bomben auch tatsächlich da hat und Sprengsätzen, dann ist was ordentlich schief gelaufen in der Vergangenheit», sagte der Politiker. «Das ist eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie.» News4teachers / mit Material der dpa

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