DÜSSELDORF. In Deutschland herrscht Schulleitungsmangel. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise ist bereits jeder zehnte Schulleitungsposten unbesetzt. Dazu kommt: Jede fünfte Leitungskraft in Schulen ist wechselwillig. Beste Karriereaussichten für Lehrerinnen und Lehrer also? Ein aktuelles Impulspapier untersucht, warum das nur wenige Kolleginnen und Kollegen so sehen.
Ausschreibungen von Schulleitungsposten sind schon lange keine Selbstläufer mehr. Auch wenn Fälle wie der einer Grundschule im Main-Tauber-Kreis, die seit acht Jahren ohne einen Rektor oder eine Rektorin dasteht, noch die Ausnahme sind: In Deutschland herrscht ein massiver Mangel an Schulleitungen. Viele Kolleginnen und Kollegen winken ab, wenn ihnen das Amt angetragen wird. Mit einer Aufbereitung verschiedener Studien ist nun die Düsseldorfer Wübben Stiftung den Gründen nachgegangen, die das Amt der Schulleitung so unattraktiv machen.
Maßgebliche Gründe, überhaupt die Position eines Schulleiters oder einer Schulleiterin anzustreben, seien laut dem aus der Auswertung entstandenen Impulspapier die Möglichkeit, die Schule gestalten zu können, eine höhere Autonomie und eine Verbesserung der eigenen beruflichen Stellung. Intrinsische Motive lagen dabei weit vorne, zumal sich zumindest teilweise nur eine geringe Differenz zwischen dem Lehrkraft- und Schulleitungsgehalt feststellen lasse, das brutto von etwas mehr als 4000 Euro bis hin zu fast 8000 Euro reiche.
Damit korrespondierten auch die hauptsächlichen Gründe, die Lehrerinnen und Lehrer davon abhalten, sich auf eine Schulleitungsposition zu bewerben. Rund 30 Prozent der Lehrkräfte hätten laut einigen Studien durchaus schon damit geliebäugelt, in die Schulleitung zu wechseln.
Neben anderen pädagogischen Interessen halte jedoch insbesondere der Verlust der Nähe zu ihrer Schülerschaft sowie die erwartet höhere Arbeitsbelastung auch die potenziell Interessierten von dem Amt der Schulleitung ab. Eine wichtige Rolle spielten überdies schwierige Rahmenbedingungen, wie der bürokratische Aufwand, sowie fehlende Autonomie und Autorität. Eine untergeordnete Rolle spielten „Unsicherheit“ und „mangelnde Vorbereitung auf die Aufgaben“.
“Um den Schulleitungsmangel zu reduzieren, ist es wichtig, sich der Bedarfe und Anliegen von Lehrkräften und Schulleitungen anzunehmen”
Neben dem Unwillen vieler Kolleginnen und Kollegen, in die Schulleitung zu wechseln, verwiesen aktuelle Studien auch auf eine zunehmende Unzufriedenheit unter Schulleiterinnen und Schulleitern mit ihrer Funktion. Ungefähr jede fünfte Leitungskraft habe in aktuellen Untersuchungen bekundet, die Position wieder verlassen zu wollen. Die Hälfte der wechselwilligen Schulleiterinnen und Schulleiter nennt den Wunsch nach beruflicher Entwicklung als Motiv. Darüber hinaus gründet sich die Wechselabsicht von Schulleitungen vor allem in schwierigen Kontextbedingungen, wie beispielsweise der Bezahlung (44 Prozent), der mangelnden Unterstützung (31 Prozent), sowie der überfordernden (25 Prozent) und schlechten (24 Prozent) Arbeitsbedingungen.
Implikationen für Politik und Bildungsadministration sehen die Autorinnen und Autoren des Papiers daher nicht zuletzt in Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Rahmenbedingungen des Amtes – beispielsweise in Form einer besseren Vergütung und der personellen und zeitlichen Entlastung durch zusätzliche administrative Kräfte. Gleichzeitig könnte der Fokus aber auch auf eine gezielte Ansprache von potenziell neuen Schulleitungen erfolgen.
Wichtig sei aber insbesondere auf die Schulleiterinnen und Schulleiter zu hören und zu reagieren. „Schulen brauchen Schulleitungen. Um den Schulleitungsmangel zu reduzieren, ist es wichtig, sich der Bedarfe und Anliegen von Lehrkräften und Schulleitungen anzunehmen. Denn sie bilden eine wichtige Grundlage für die Veränderung von Bedingungen“, fasst etwa Co-Autorin Hanna Pfänder, Leiterin des impaktlab der Wübben Stiftung zusammen (zab, pm).