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Feller fordert von der Gesellschaft (“alle gemeinsam”) mehr Wertschätzung für Lehrer

DÜSSELDORF. Den Schulen fehlen Tausende Lehrkräfte, aber der Beruf steht bei jungen Menschen heute nicht mehr sehr hoch im Kurs. Das will nordrhein-westfalens Schulministerin ändern – und appelliert dafür an «alle».

Wird heiß genahdelt: Dorothee Feller, Regierungspräsidentin von Münster. Foto: Bezirksregierung Münster

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat mehr Anerkennung für Lehrer und Lehrerinnen gefordert. Junge Menschen würden sich in Zeiten des Fachkräftemangels nur für diesen Beruf entscheiden, wenn er in der Gesellschaft mehr Anerkennung finde, sagte Feller am Freitag in einer Aktuellen Stunde im Landtag zum Thema Lehrkräftemangel. «Es ist auch wichtig, dass wir alle gemeinsam den Beruf der Lehrerin und des Lehrers mehr wertschätzen.»

An den Schulen in NRW sind nach der jüngsten Statistik rund 8.000 Lehrerstellen nicht besetzt. Nach wie vor fehlen die meisten Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen. Dort sind mehr als 3430 Lehrerstellen vakant.

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Eine auskömmliche Lehrerversorgung sei eine der größten Herausforderungen, sagte Feller. Sie will am kommenden Mittwoch im Schulausschuss ein Maßnahmenbündel zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung vorstellen. Eine Arbeitsgruppe hat seit dem Sommer das Konzept vorbereitet. Der Haushaltsentwurf der schwarz-grünen Landesregierung für 2023 sieht mehr als 5.000 zusätzliche Stellen im Bereich Schule vor. Diese müssen allerdings auch besetzt werden können.

Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, müssten Schulen zum Beispiel ganzjährig nach Bedarf einstellen können und nicht nur an Stichtagen

Trotz der aktuell hohen Zahl an unbesetzten Stellen sah Feller einen «leichten positiven Trend». So seien im ablaufenden Jahr trotz der angespannten Lage auf dem Fachkräftemarkt 7.940 Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal neu eingestellt worden.

Der SPD-Bildungspolitiker Jochen Ott sprach von einer «tiefliegenden Bildungskatastrophe». Nicht nur in Grundschulen, auch an sozialen Brennpunkten sei der Lehrermangel besonders hoch, an Schulen gebe es einen massiven Unterrichtsausfall, die Schulabbrecherquote steige. Studien legten eine Verschlechterung von Kompetenzen der Schüler in Mathematik, Deutsch oder beim Wortschatz offen. Notwendig sei eine «Schulrevolution».

In den nächsten Jahren sollen laut Koalitionsvertrag von CDU und Grünen 10.000 zusätzliche Lehrkräfte in NRW eingestellt werden. Das sei nicht genug, sagte der FDP-Abgeordnete und ehemalige NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart. Doppelt so viele Lehrer seien nötig. Um mehr Lehrkräfte zu gewinnen, müssten Schulen zum Beispiel ganzjährig nach Bedarf einstellen können und nicht nur an Stichtagen. Der Seiteneinstieg müsse erleichtert und Schulleitungen sollten gestärkt werden. Die SPD forderte, Studienplätze für Lehramt, Sonderpädagogik und Sozialpädagogik massiv auszubauen.

Für die AfD sagte der Abgeordnete Carlo Clemens, die bekannten Missstände an den Schulen sprächen sich bei jungen Menschen herum. Diese überlegten sich dreimal, ob sie ein Lehramtsstudium beginnen sollten oder sattelten nach den ersten Praktika um. News4teachers / mit Material der dpa

Kommentar

Von der Gesellschaft – also von jedem und damit von keinem konkret – mehr Wertschätzung für Lehrkräfte zu fordern, ist eine billige Übung. Kostet nichts. Bringt aber auch nichts. Reden wir doch mal Klartext: Nötig ist mehr Wertschätzung von der Politik. Der Rest kommt dann schon von allein.

News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek. Foto: Tina Umlauf

Insbesondere bei Kultusministerinnen und Kultusminister hapert es nämlich gewaltig an Wertschätzung für ihr Personal an den Schulen. «In der Krise beweist sich der Charakter», so bonmote einst der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt. Da hat sich in der Pandemie nichts Gutes offenbart: Die Gesundheit von Lehrerinnen und Lehrern zählt nicht; der Arbeitsschutz, der für Unternehmen gilt, ist an den Schulen ausgesetzt. Die Corona-Todesopfer unter den Lehrkräften und Erzieher*innen (das RKI kam auf mindestens 35) waren nicht mal eine Gedenkminute wert. Kein Wort dazu aus den Ministerien. Schulen gelten formal nicht als «systemrelevant» – anders natürlich als Parlamente und manche Ministerien, die deshalb üppig mit Luftfiltern ausgestattet wurden. Die meisten Schulen eben nicht.

Und das lässt sich durchdeklinieren: eine Inklusion, für die zunächst keinerlei Ressourcen eingeplant wurden, die Integration von Millionen Migrantenkindern, ohne dass es dafür zusätzliche Mittel gäbe, ukrainische Schüler, für die jeweils nur «ein zusätzlicher Stuhl» ins Klassenzimmer geschoben werden muss (Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey), ein hausgemachter Lehrkräftemangel, der schlicht auf Planungsfehler in den Kultusministerien zurückzuführen ist, das Bashing von Grundschullehrkräften wegen angeblich falscher Methoden, die Arbeitslosigkeit angehender Lehrkräfte über die Sommerferien in einigen Bundesländern – das alles weist in eine Richtung. In die falsche. Wertschätzung? Sieht deutlich anders aus. Andrej Priboschek 

Weltlehrertag! Immer mehr Arbeit, immer weniger Respekt: Verbände fordern endlich Wertschätzung für Lehrerinnen und Lehrer

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