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Unter Migranten gibt es jetzt mehr Menschen mit Hochschulreife als unter Nicht-Migranten – trotz schlechterer Bildungschancen

BERLIN. Die Integration von Migranten macht in der EU und den Industriestaaten nach einer OECD-Studie deutliche Fortschritte, auch in Deutschland. Insbesondere Kinder holen auf. Das aktuelle Integrationsmonitoring der Bundesländer schlägt in die gleiche Kerbe – beschreibt aber auch Probleme bei der Bildung.

Die Integration in Deutschland ist offenbar besser als ihr Ruf. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Integration von Migrantinnen und Migranten hat sich der Industriestaatenorganisation OECD zufolge in den vergangenen Jahren auf zahlreichen Feldern verbessert. In einer veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der EU-Kommission werden etwa positive Entwicklungen am Arbeitsmarkt und bei der Bildung genannt. So erreicht mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Deutschland mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil ein höheres Bildungsniveau als seine Eltern. Unter den jungen Menschen, deren Eltern in Deutschland geboren sind, sind das nur etwa 30 Prozent. EU-weit ist der Trend gleich, die Werte für beide Gruppen liegen jedoch näher aneinander.

Die höheren Bildungsabschlüsse führen jedoch nicht zwangsläufig zu Erfolg. Innerhalb der EU sind fast ein Viertel der Menschen zwischen 25 und 34 Jahren mit einem im Ausland geborenen Elternteil für ihren Job überqualifiziert. In Deutschland ist ihre Zahl zwischen 2021 und 2020 deutlich zurückgegangen. Mittlerweile sind hierzulande besonders junge Menschen, die schon als Kinder eingewandert sind, für ihre Arbeit überqualifiziert.

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Für Kinder von im Ausland geborenen Eltern gilt nach der OECD-Studie weiterhin ein höheres Armutsrisiko. Besonders ausgeprägt sind die unterschiedlichen Lebensbedingungen im Vergleich zu Kindern von im Land geborenen Eltern in Spanien, Schweden, Frankreich und den USA. In Deutschland ist das Armutsrisiko junger Menschen ohnehin kleiner als in den übrigen Ländern und der Unterschied zwischen Kindern von Migranten und im Land geborenen Eltern geringer, so die Studie. Generell gilt laut Integrationsmonitoring der Bundesländer: „Bundesweit liegt die Erwerbstätigenquote der Bevölkerung mit Migrationsgeschichte 2021 bei 66,6 %, im Vergleich zu 79,3 % bei der Gruppe ohne Migrationsgeschichte.“

Die OECD-Untersuchung kommt außerdem zu dem Schluss, dass in den EU-Ländern die öffentliche Wahrnehmung zum Beitrag von Migranten zur Gesellschaft im Gegensatz zu den verfügbaren Fakten steht. Während etwa der Anteil der Migranten von außerhalb der EU mit hohem Bildungsniveau steigt, wird diese Entwicklung in den meisten Ländern nicht wahrgenommen. Für Deutschland gilt laut aktuellem Integrationsmonitoring: „Im Bundesgebiet verfügt mehr als ein Drittel (34,3 %) der Bevölkerung mit Migrationsgeschichte über eine Hochschulreife. Dieser Wert liegt etwas höher als in der Bevölkerung ohne Migrationsgeschichte (32,5 %).“

„Ausländische Schülerinnen und Schüler der 8. Klassenstufe sind auch im Schuljahr 2021/2022 wie in den Vorjahren in sämtlichen Ländern an den Gymnasien unterrepräsentiert“

Außerdem ist die Öffentlichkeit in klassischen Einwanderungsländern davon überzeugt, dass die schulischen Leistungen von Migrantenkindern zurückgehen, während diese sich tatsächlich im vergangenen Jahrzehnt stark verbessert haben. So gab es bei der Pisa-Schuluntersuchung die größte Steigerung beim Schriftverstehen bei 15-jährigen Migrantenkindern nach den USA in Deutschland.

Trotzdem gibt es weiterhin hierzulande ein Gefälle bei den Bildungschancen, bei der gymnasialen Bildung jedenfalls. „Ausländische Schülerinnen und Schüler der 8. Klassenstufe sind auch im Schuljahr 2021/2022 wie in den Vorjahren in sämtlichen Ländern an den Gymnasien unterrepräsentiert“, so heißt es im aktuellen Integrationsmonitoring der Bundesländer.

Allerdings bieten insbesondere Gesamtschulen für Kinder mit Migrationshintergrund einen Zugang zu höherer Bildung. „In den Ländern Berlin, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein bietet die Gesamtschule als Schulform große Chancen für ausländische Schülerinnen und Schüler, die sie überproportional häufig besuchen. In Ländern mit Hauptschulangebot wurde dieses deutlich häufiger von ausländischen Schülerinnen und Schülern genutzt als von deutschen. Am deutlichsten ist der Unterschied in Bayern, wo der Anteil der Hauptschülerinnen und Hauptschüler bei ausländischen Jugendlichen der 8. Klasse bei 64,5 % liegt, der Anteil bei Deutschen dagegen bei 26,3 %“, heißt es.

Andersherum gilt: „Ausländische Schülerinnen und Schüler verlassen 2021 deutlich öfter die allgemeinbildende Schule ohne Abschluss (d. h. nur mit einem Abgangszeugnis) als deutsche. Die höchsten Anteile liegen bei 28,4 % in Sachsen-Anhalt und 25,3 % in Thüringen, die niedrigsten finden sich in Brandenburg (10,3 %) und Hessen (12,7 %).“

Jeder fünfte Migrant in der EU, der selber nicht aus Europa stammt, fühlt sich nach eigenen Angaben diskriminiert. Überdurchschnittlich ausgeprägt ist die Diskriminierung demnach in Frankreich und Belgien, wo sich jeder dritte außereuropäische Migrant diskriminiert sieht. Weniger stark ausgeprägt ist Diskriminierung nach der OECD-Studie in den nordischen Ländern und in Irland. Während die Diskriminierung den Angaben nach in Frankreich und Belgien weiter angestiegen ist, ist sie in Deutschland und Österreich rückläufig. Erstaunlicher Punkt des Integrationsmonitorings: Zwar wird die Bildung in Deutschland generell kritisch gesehen. Menschen mit Migrationshintergrund zeigen sich allerdings zufriedener mit dem Schulsystem hierzulande als die ohne. News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zum vollständigen Integrationsmonitoring der Bundesländer.

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