MAGDEBURG. Im Unterricht soll die Eskalation des Nahost-Konflikts und die Angriffe der islamistischen Hamas auf Israel thematisiert werden. Dazu rufen Bildungsminister die Lehrerinnen und Lehrer auf. Dass das durchaus heikel werden kann, macht ein Fall aus Berlin anschaulich: Dort wurde ein Lehrer, der eine Palästina-Fahne auf dem Schulhof verbieten wollte, nach eigenen Angaben von einem Schüler angegriffen.

An einem Gymnasium in Berlin-Neukölln soll ein Schüler einen Lehrer im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost körperlich angegriffen haben. Ein 14-jähriger Schüler sei am Montagmorgen mit einer Palästina-Flagge als Umhang und einem Palästinensertuch um den Kopf in der Schule in der Sonnenallee erschienen, sagte eine Polizeisprecherin. Der 61-jährige Lehrer sprach ihn demnach an und wollte ihm das Tragen der politischen Symbole verbieten.
Daraufhin griff laut Polizei ein 15-jähriger Schüler ein, stellte sich vor den Lehrer, versetzte ihm einen Kopfstoß und trat ihn. Der Lehrer wehrte sich den Angaben zufolge und schlug zurück. Die Polizei wurde alarmiert und ermittelt wegen Körperverletzung. Der Sender RBB berichtete, die Schulleitung sei am Nachmittag zu einer Krisensitzung zusammengekommen.
Der Fall macht anschaulich, wie aufgeheizt die Stimmung in Teilen der Schülerschaft durch den Krieg in Nahost derzeit ist. Gleichswohl seien Lehrkräfte angehalten, das Thema Krieg und insbesondere den Nahost-Konflikt zu thematisieren – mit aller gebotenen Sensibilität angesichts zahlreicher Schülerinnen und Schüler mit muslimischem Hintergrund, erklärte ein Sprecher des Bildungsministeriums von Sachsen-Anhalt auf Anfrage.
«Es ist empfehlenswert, mit den Schülerinnen und Schülern das Gespräch über die Ereignisse zu suchen und ihnen bei der Einordnung zu helfen»
Es biete sich dafür beispielsweise der Unterricht in Politik, Sozialkunde, Ethik, Religion und Geografie an. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung habe bereits vor längerer Zeit Impulse, Anregungen, kommentierte Links sowie Materialien zum Thema Krieg für den Unterricht an den Schulen in Sachsen-Anhalt zusammengestellt. «Diese Materialsammlung kam jüngst beim Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine zum Tragen, dabei erfolgte auch der Hinweis auf die Möglichkeit schulpsychologischer Unterstützung», hieß es weiter.
Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) hat sich vor dem Hintergrund des Großangriffs der Hamas auf Israel dafür ausgesprochen, Schülerinnen und Schüler für das Thema Krieg zu sensibilisieren. Kriegerische Auseinandersetzungen, bei denen Menschen umgebracht werden, müssten in der Schule mehr angesprochen und diskutiert werden. «Das ist das, was wir mit den Schülern thematisieren sollten», sagte er am Montag in Senftenberg bei der Begrüßung von Lehramtsstudierenden an der BTU Cottbus-Senftenberg.
Insbesondere für Schülerinnen und Schüler in weiterführenden Schulen müsse dafür ein Angebot geschaffen werden – etwa durch Lehrkräfte im Bereich der politischen Bildung. Aber auch Jüngeren, die womöglich Bilder im Fernsehen verfolgten, müsse Raum gegeben werden, ihre Gefühle zu thematisieren, um gegebenenfalls darauf eingehen zu können.
«Es ist empfehlenswert, mit den Schülerinnen und Schülern das Gespräch über die Ereignisse zu suchen und ihnen bei der Einordnung zu helfen», meinte auch Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU). Wichtig sei, über ihre Sicht auf die Dinge zu sprechen und herauszustellen, dass Gewalt keine Konflikte löse, sondern sie noch verschlimmere. Dass das heikel sein kann, ist der Senatorin durchaus bewusst: «Dabei ist zu befürchten, dass manifest oder latent israelbezogener Antisemitismus bei einigen Schülerinnen und Schülern eine Rolle spielt», sagte sie.
Günther-Wünsch verwies auf unterschiedlichste Unterrichtsmaterialien etwa zum Nahost-Konflikt und zu israelbezogenem Antisemitismus. Dazu zähle auch ein von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern des Campus Rütli entwickeltes und preisgekröntes Comic mit dem Titel «Mehr als 2 Seiten». Dieser war aus einer Zusammenarbeit mit Schülern entstanden, die im Sommer 2019 an einer Projektreise nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete teilgenommen hatten. News4teachers / mit Material der dpa
- Hier lässt sich der Comic gratis herunterladen.
- Hier geht es zu den Materialien des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt.
- Unterrichtmaterialien zum Nahostkonflikt auf netzwerk-lernen