MANNHEIM. Bei der Schulplatzvergabe kommen meist Algorithmen zum Einsatz, die stark auf schulseitige Vorgaben abzielen. Mechanismen, die die Wünsche von Eltern und Kindern vorrangig behandeln, wären nicht nur wesentlich gerechter, sondern auch effizienter, stellt eine aktuelle Studie fest.
Wenn in Deutschland die Zuordnung von Kindern und Jugendlichen auf Schulen ansteht, werden auch hierzulande Algorithmen verwendet, um Schulplätze zu verteilen. Die dafür bisher häufig genutzten Mechanismen schneiden hinsichtlich Effizienz und Gleichheit schlecht ab, zeigt eine aktuelle Studie. Ein Ansatz, der die Wünsche von Eltern (sowie Schülerinnen und Schülern) vorrangig berücksichtigt, eigne sich im Vergleich deutlich besser, um Schulplätze an Schülerinnen und Schüler zu vergeben, stellen Thilo Klein (ZEW Mannheim) und Josué Ortega (Queen’s University Belfast) fest.
Bei der Zuordnung von Schulplätzen komme am häufigsten der Gale–Shapley Algorithmus (Mechanismus mit verzögerter Annahme -„deferred acceptance“ (DA)) oder der Top-Trading-Cycles-Mechanismus (TTC) zum Einsatz. Diese Mechanismen gleichen die Wünsche von Kindern und Eltern mit den Vergabekriterien der Schulen ab und verteilen dann mithilfe von festgelegten Regeln die Schulplätze. Diese Mechanismen seien wenig effizient und oftmals auch ungerecht.
Deutlich besser schneide laut Klein und Ortega ein rangminimierender Mechanismus (RM) ab: „Mit dem rangminimierenden Mechanismus landen Schülerinnen und Schüler auf einer Schule, die sie viel lieber besuchen würden als die Schule, die sie durch die beiden gängigen Algorithmen zugeteilt bekämen“, stellt Thilo Klein, fest, Professor an der Hochschule Pforzheim und im ZEW-Forschungsbereich „Marktdesign“ tätig. So erhielten die Schülerinnen und Schüler durchschnittlich einen Platz auf der Schule mit dem Rang 3 auf ihrer persönlichen Rangliste bevorzugter Schulprogramme, bei den anderen Mechanismen wäre es nur eine Schule auf Rang 9 oder 12.
Mehr Effizienz durch RM-Mechanismus mit Wünschen der Kinder und Eltern
Ihre theoretischen Ergebnisse prüften Klein und Ortega empirisch am Beispiel Ungarns, einem Land, in dem die Schulplatzvergabe in der Praxis mittels Deferred Acceptance-Mechanismus vorgenommen wird. Für die Analyse verwendeten sie Daten zur Zulassung von Schülerinnen und Schülern zu weiterführenden Schulen aus dem Jahr 2015. Insgesamt berücksichtigen sie die Wünsche von 10.131 Schülerinnen und Schülern und Vergabekriterien von 244 Schulprogrammen in Budapest. Die Schülerinnen und Schüler gaben die Reihenfolge an, in der ein Besuch der Schulen für sie infrage kam. Wurde auf diese Daten der RM-Mechanismus angewandt, so zeigte sich, dass Schülerinnen und Schülern im Durchschnitt eine Schule zugewiesen worden wäre, die sie wesentlich stärker bevorzugten, als es in der Praxis mit dem DA-Mechanismus der Fall war.
Mehr Gleichheit bei Schülerinnen und Schülern
Des Weiteren entstehe laut Klein und Ortega durch den RM-Mechanismus mehr Gleichheit, da der rangminimierende Mechanismus weniger als 2 Prozent der Schülerschaft einer Schule mit Rang 10 oder schlechter zugeteilt hätte. TTC und DA hingegen ordneten mit 16 und 41 Prozent einen weitaus größeren Teil einer solchen Schule zu. „Es wäre also deutlich effizienter und gerechter, die Wünsche von Eltern und Kindern wie im RM-Mechanismus vorrangig zu behandeln und die Schulvorlieben nur nachrangig zu berücksichtigen“, betont Marktdesign-Experte Thilo Klein. In der Praxis könne das erreicht werden, indem Schulen anstelle von feinmaschigen Vergabekriterien (wie der Wegstrecke zur Schule oder der Durchschnittsnote mit Nachkommastellen) auf grobmaschige Kriterien (wie das Einzugsgebiet der Schule oder ganzzahlige Noten) setzen. Die dadurch entstehenden Maschenweiten in den Vorlieben der Schulen lassen mehr Spielraum, um die Wünsche der Eltern zu berücksichtigen. (zab, pm)
Schlappe für Schulverwaltung vor Gericht – Schulplätze wurden rechtswidrig vergeben