Die Nelson-Mandela-Schule ist eine Stadtteilschule mit gymnasialer Oberstufe im Einzugsgebiet der Hamburger Stadtteile Kirchdorf und Wilhelmsburg. Rund 1.100 Schüler:innen aus über 50 Nationen lernen dort – einer von ihnen ist Joel Amankwah. Er besucht die Oberstufe, ist auf dem Weg zum Abitur. Die Schule beschreibt ihn als bestens integrierten, engagierten und beliebten Schüler mit guten Noten. Nebenbei arbeitet Joel in einem Supermarkt, um seinen Vater, seit sieben Jahren Lagerist bei Amazon, und seine sechsjährige Schwester finanziell zu unterstützen. Doch obwohl er gut integriert ist, steht ihm nun die Abschiebung nach Ghana bevor – ohne seinen Vater und seine Schwester.
Das Problem, wie die taz berichtet: eine Gesetzesänderung. Joel lebt seit vier Jahren bei seinem Vater in Deutschland. Mit 14 Jahren kam er als unbegleiteter Minderjähriger ins Land und erhielt nach taz Informationen damals eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Früher hätten Geflüchtete in Joels Situation nach ihrem 18. Geburtstag für gewöhnlich ein Bleiberecht nach Paragraf 25a des Aufenthaltsgesetzes bekommen. Dieses stehe aber seit 2023 nur noch jungen Erwachsenen zur Verfügung, „die in den vergangenen zwölf Monaten vor dem Antrag auf Bleiberecht mit einer Duldung in Deutschland gelebt haben“.
Breite Unterstützung
Gegen die daher bevorstehende Abschiebung stellen sich jedoch die Schüler:innen und Lehrkräfte der Nelson-Mandela-Schule. Um auf Joels Situation aufmerksam zu machen, organisierte der Schülerrat etwa einen Flashmob an der Schule. „Heute haben wir uns für Joel versammelt, um seiner Abschiebung entgegenzuwirken“, sagt ein Schüler in die Kamera des zugehörigen Videos, das die Schule über ihre Social-Media-Kanäle geteilt hat. Die Schüler:innen skandieren darin immer wieder das Petitionsmotto „1, 2, 3, 4 – Joel bleibt hier!“. Auf ihren Plakaten steht: „Wir lassen die Abschiebung nicht zu!!!“, „Bleiberecht ist Menschenrecht“ und „Abschiebung? Nein!“.
Das Engagement der Mitschüler:innen reicht über die Schulgrenzen hinaus: Laut Medienberichten verteilten sie in der Stadt auch Flyer, mit der sie Unterstützer:innen für ihre Petition gewinnen wollen. „Wir die SchülerInnen und LehrerInnen der Nelson-Mandela-Schule stellen uns alle hinter Joel und stellen uns entschieden gegen seine Abschiebung in die Perspektivlosigkeit!“, heißt es im Aufruf der Petition. In einem Video auf der Internetseite der Schule erzählt Joels Klassenlehrerin Elif Basboga, sei sie den Tränen nahe gewesen, als Joel ihr von der drohenden Abschiebung berichtet hat. „Ich bin seit 15 Jahren Lehrerin und mir ist sowas noch nie passiert.“ In der Nacht habe sie nicht geschlafen, weil sie sich Sorgen gemacht habe.
Unterstützung erhält Joel mittlerweile auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg. „Es darf nicht sein, dass behördliches Handeln und geltende Asylgesetze Vorrang vor unseren Kinderrechten haben“, sagt Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg. „Wir fordern die Umsetzung und Anerkennung der Kinderrechtskonvention Recht des Kindes auf Bildung nach Artikel 13 des UN-Sozialpaktes für jede und jeden! Dieses Recht ist naturgemäß für Kinder von besonderer Bedeutung und wird in Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention bekräftigt und teilweise konkretisiert.“
Härtefallkommission entscheidet
Für Joel ist die Situation belastend. In dem Video auf der Internetseite der Schule sagt er, es gehe ihm nicht so gut. „Ich bin seit vier Jahren hier, hab nichts Falsches gemacht, […] ich will jetzt Abi machen und auf einmal kommt sowas.“ Der taz zufolge liegt sein Fall nun bei der Härtefallkommission des Eingabenausschusses in der Hamburgischen Bürgerschaft. Eine Entscheidung werde im Laufe der Woche erwartet. News4teachers
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