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Sommer, Sonne, Arbeitslosigkeit: Land entlässt Referendare in den Ferien (trotz Lehrkräftemangel)

Stuttgart. Die Sommerferien – für viele sind sie der Inbegriff der wohlverdienten Pause, nicht jedoch für gut 4.000 Referendarinnen und Referendare in Baden-Württemberg. Für sie kommt mit den Sommerferien die Arbeitslosigkeit – und das, obwohl sie zum neuen Schuljahr als vollwertige Lehrkräfte ihren Dienst an den Schulen im Bundesland beginnen. Gegen diese „unwürdige“ Praxis protestierte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mit Betroffenen heute, am ersten Ferientag, vor dem Stuttgarter Landtag.

Kaum zu glauben: Auch in Zeiten des Lehrkräftemangels leistet es sich Baden-Württemberg, seine fertig ausgebildeten Lehrkräfte für die Sommerferien in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Foto: Shutterstock

„Damit es für Meer reicht“, so lautete das Motto der Protestaktion vor dem Stuttgarter Landtag. Von der Sommerferienarbeitslosigkeit betroffene Referendarinnen und Referendare übergaben dabei Postkarten einer landesweiten Aktion an den Ausbildungsseminaren den Fraktionsvorsitzenden und bildungspolitischen Sprecher*innen der Landtagsfraktionen. Mit dabei waren die Jugendorganisationen von Grünen, FDP und SPD.

„Ich kenne Arbeitgeber, die ihren Auszubildenden am ersten Tag nach ihrer Ausbildung einen Dienstwagen zur Verfügung stellen. Ich kenne Arbeitgeber, die ihren dual Studierenden bereits lange vor Ende ihres Studiums eine gute bezahlte feste Stelle, Qualifizierungsangebote und Aufstiegsmöglichkeiten anbieten. Ich kenne nur einen Arbeitgeber in Baden-Württemberg, der nach etwa sieben Jahren Studium und Ausbildung sein gut qualifiziertes Personal in die Arbeitslosigkeit schickt“, kritisierte die baden-württembergische GEW-Landesvorsitzende Monika Stein die grün-schwarze Landesregierung bei der Protestaktion.

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Bessere Bedingungen in Bayern

Mit diesem unwürdigen Verhalten zeige sich die Regierung erneut als Arbeitgeber, der die Zeichen der Zeit nicht erkannt habe, so Stein. Sie nutzte die Gelegenheit, die politisch Verantwortlichen an den Personalmangel zu erinnern, den die Kultusministerkonferenz bis 2025 auf 25.000 Lehrpersonen schätzt. „Ich werbe gerne für unser schönes Land Baden-Württemberg und den schönsten Job der Welt – Lehrkraft. Angesichts dieser Bedingungen kann ich aber jede Person verstehen, die von Ulm nach Neu-Ulm wechselt, weil dort die Sommerferien bezahlt und zum Beispiel Grundschullehrkräfte bald mit A13 etwa 500 Euro mehr auf der anderen Seite der Donau bekommen sollen“, sagte Stein.

Im Nachbarland Bayern dauert der Vorbereitungsdienst für Lehrkräfte 24 Monate, die Sommerferien gehören dazu. Baden-Württemberg dagegen sei laut GEW mit gut 4.000 Betroffenen bundesweiter Spitzenreiter bei der Sommerarbeitslosigkeit. Bis zu einer Änderung, die seit 2023 gilt, waren auch die befristet angestellten Lehrkräfte noch von dieser Praxis betroffen. Der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz feierte die grün-schwarze Landesregierung daher im vergangenen Jahr für den Beschluss zur Durchzahlung. Sie sei ein Meilenstein für mehr Wertschätzung im Bildungsbereich (News4teachers berichtete). „Von der Entscheidung geht eine wichtige Botschaft aus: Wir machen keine halben Sachen, sondern honorieren die wichtige Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen und hoffen so, sie langfristig im Schuldienst halten zu können.“ Dieser Ansatz scheint allerdings nicht für die Referendarinnen und Referendare im Land zu gelten, obwohl die Mehrheit zum neuen Schuljahr eingestellt wird.

GEW: Sommerarbeitslosigkeit auch wahlentscheidend

Die Bildungsgewerkschaft schätzt, dass die Bezahlung der Sommerferien etwa 15 Millionen Euro kosten würde. Das sei etwa ein Tausendstel des Kultushaushalts und weniger als die Ausgaben für die Werbekampagne „The Länd“, mit der die Landesregierung versucht, Fachkräfte anzuwerben. Mit Blick auf die anstehende Landtagswahl im kommenden Jahr mahnte die GEW-Landesvorsitzende Stein: „Die unwürdige Sommerferienarbeitslosigkeit wird für unsere 50.000 Mitglieder ein wichtiger Wahlprüfstein sein.“ News4teachers / mit Material der dpa

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