BERLIN. Schulleitungen stehen bereits jetzt vor einer Vielzahl an komplexen Herausforderungen – und zwar täglich. Diese vielfältigen Herausforderungen erfordern ein breites Spektrum an Fähigkeiten sowie eine kontinuierliche Anpassungsfähigkeit. Kurz: Um den Schulalltag zu bestreiten, müssen sich Schulleitungen stetig fort- und weiterbilden. Dazu ist es wichtig, sich zunächst mit der eigenen Professionalität zu beschäftigen und eventuelle blinde Flecken zu identifizieren. Nur so können Sie allen Aufgaben gerecht werden und ihre Schule erfolgreich führen – meint unser Gastautor Sven Winkler. Er muss es wissen: Winkler ist selbst Schulleiter (der Oberschule Osternburg in Oldenburg) und Vorsitzender des Allgemeinen Schulleitungsverbands Deutschland ASD.
Teil eins: „Aktuelle Veränderungen – neue Herausforderungen“
Schule unterliegt einem permanenten Prozess der Anpassung auf gesellschaftliche, pädagogische und methodische sowie fachliche Veränderungen. Damit stehen Schulleitungen und schulische Führungskräfte im Allgemeinen vor der Herausforderung, auf diese Veränderungen flexibel und effizient zu reagieren. Sie müssen die bevorstehenden Anforderungen antizipieren können und die Bedarfe für sich selbst sowie ihre Schule mit allen Beteiligten, wie Lehrern, Mitarbeitern sowie Eltern und Schülern, planen und umsetzen können. Die folgenden Punkte stellen eine Auswahl der drängendsten Veränderungen dar, sind von aktuell besonderer Bedeutung und erfordern gezielte Maßnahmen und Fortbildungen.
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Die Digitalisierung des Unterrichts stellt Schulleitungen vor vielfältige Herausforderungen. Die Einführung und Pflege digitaler Lernplattformen ist ein zentraler Bestandteil, um zeitgemäßen Unterricht zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Sicherstellung, dass sowohl Schüler als auch Lehrer mit der notwendigen technischen Ausstattung versorgt sind. Dies bedeutet, dass Schulen über geeignete Hardware verfügen und gleichzeitig sicherstellen müssen, dass Internetverbindungen stabil und schnell genug sind, um digitale Inhalte ohne Unterbrechungen zu nutzen. Auch die Schulung des Kollegiums in Bezug auf digitale Unterrichtsmethodik ist von enormer Bedeutung. Lehrer müssen nicht nur die technischen Aspekte der digitalen Plattformen beherrschen, sondern auch neue didaktische Konzepte entwickeln, die einen digitalen Unterricht bereichern. Um generell Möglichkeiten auszuloten und grundlegende Kenntnisse in dieser Hinsicht zu erlangen, aber auch um zukunftssichere Entscheidungen treffen zu können, müssen Schulleitungen die nötigen Kompetenzen aufbauen und die Bildungstechnologien effektiv in die eigene Schule zu integrieren.
Inklusion und Diversität sind fundamentale Aspekte eines modernen und zeitgemäßen Bildungsauftrags. Die Implementierung inklusiver Unterrichtskonzepte erfordert die ganzheitliche Betrachtung und Anpassung von Unterricht in fachlicher, didaktischer und methodischer Hinsicht. Erst dann können alle Schüler, unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen, die bestmögliche Bildung erreichen. Diese Sichtweise umfasst nicht nur die Anpassung des Unterrichtsmaterials, sondern auch die Schaffung eines respektvollen und unterstützenden Schulklimas. Die Förderung eines respektvollen Miteinanders ist dabei ebenso wichtig wie die Zusammenarbeit mit der Fachkompetenz Sonderpädagogik. Schulleitungen müssen darauf bezogen besondere Empathie und interkulturelle Kompetenz entwickeln, um die unterschiedlichen Hintergründe und Bedürfnisse ihrer Schüler zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können. Fortbildungen wie interkulturelle Trainings und Seminare zu Kommunikation und Konfliktlösung können dabei helfen, diese wichtigen Sozialkompetenzen zu stärken.
Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung von Hygienemaßnahmen und einem Gesundheitsmanagement in Schulen deutlich gemacht. Schulleitungen sind dafür verantwortlich, Hygienekonzepte zu erstellen und umzusetzen, um die Gesundheit aller an Schule tätigen zu schützen. Dazu zählt nicht nur das Einfordern und Überwachen von regelmäßigen Reinigungsplänen in Zusammenarbeit mit den Schulträgern, sondern auch ggf. die Organisation von Informationsveranstaltungen über gesundheitliche Themen. Zudem muss Schulleitung in der Lage sein, bei Ausbrüchen von Krankheiten schnell und effektiv zu handeln. Kenntnisse im Hygienemanagement sowie im Krisen- und Notfallmanagement sind hierfür unerlässlich. Um diese Fähigkeiten zu erwerben, sind spezifische Kurse zum Hygienemanagement sowie Fortbildungen zu Krisenmanagement und Notfallplänen angebracht.
Die ständige Anpassung der Schulcurricula an neue Vorgaben stellt eine weitere Herausforderung dar. Schulleitungen müssen sicherstellen, dass Lehrer zum einen über die neuesten pädagogischen Konzepte informiert sind und diese zum anderen auch in den Unterricht integrieren werden. Dies bedeutet, dass regelmäßig Fortbildungen zu neuen Lehrplänen und pädagogischen Konzepten angeboten werden müssen. Zudem müssen Lehrer die Fähigkeit entwickeln, neue Fächer oder Themengebiete in den Unterricht zu integrieren und schuleigene Lehrpläne entsprechend anzupassen. Dies erfordert eine kontinuierliche Weiterbildung der Schulleitung, um die dazu notwendigen Kompetenzen zu erlangen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Schulleitung.
Eine weitere bedeutende Aufgabe besteht in der Integration von Flüchtlingen und Migranten in das Schulsystem, dazu ist eine hohe organisatorische Kompetenz erforderlich. Sprachförderprogramme sind ein wichtiger Bestandteil, um die sprachlichen Barrieren zu überwinden und den Schülern eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. Darüber hinaus benötigen geflüchtete Schüler oft psychosoziale Unterstützung, um die traumatischen Erlebnisse ihrer Flucht zu verarbeiten. Schulleitungen müssen daher eng mit externen Organisationen und Eltern zusammenarbeiten und ein umfassendes Unterstützungsnetzwerk schaffen. Nach Erlangung der grundlegenden Kompetenzen scheint angezeigt, hier in Netzwerktreffen mit externen Partnern permanente Fortbildung zu betreiben, um die notwendigen organisatorischen Fähigkeiten zu entwickeln und effektive Unterstützungsstrukturen aufzubauen.
Der Fachkräftemangel stellt sicherlich eine der größten Herausforderungen für Schulleitungen dar. Strategien zum Recruitment und zur Bindung von Lehrern und Mitarbeitern sind daher von zentraler Bedeutung. Dies beinhaltet die Entwicklung von Anreizen, um Lehrer für die Schule zu gewinnen und langfristig zu binden. Gleichzeitig muss die Förderung von Quereinsteigern und die kontinuierliche Weiterbildung des gesamten Personals im Fokus stehen. Flexibilität in der Personalplanung und -entwicklung ist hierbei entscheidend, um auf Veränderungen angemessen reagieren zu können. Geeignete Fortbildungen, um die notwendigen Führungs- und Motivationsfähigkeiten zu entwickeln und das Lehrerkollegium effektiv zu führen, könnten zum Beispiel Führungskräfte-Coachings oder auch Konfliktmanagement-Seminare sein.
Die Stärkung der Selbstverwaltungsstrukturen und die finanzielle Unabhängigkeit der Schulen sind weitere wichtige Aspekte. Schulleitungen müssen in der Lage sein, Schulentwicklungspläne eigenständig zu erstellen und umzusetzen sowie die finanziellen Ressourcen der Schule effizient zu verwalten. Dies erfordert Kenntnisse in Schulrecht und Verwaltung sowie Fähigkeiten zur Budgetplanung. Hier muss unbedingt die Zusammenarbeit mit den Schulträgern, der Schulaufsicht und anderen Gremien forciert und kontinuierlich entwickelt werden. Kurse und Schulungen für Verwaltung, Recht sowie ggf. Finanzmanagement sind unerlässlich, um die notwendigen Kompetenzen zu erwerben und die schulische Eigenverantwortlichkeit erfolgreich zu gestalten.
Die psychische Gesundheit von Schülern und Lehrern rückt zunehmend in den Fokus der Schulleitungen. Unterstützungsprogramme für psychische Gesundheit und Schulungen zu Stressmanagement sind dabei essenziell, um das Wohlbefinden aller Beteiligten zu fördern. Schulleitungen müssen Wissen über psychische Gesundheit und Prävention erwerben und in der Lage sein, geeignete Unterstützungsprogramme zu implementieren. Trainings zu psychischer Gesundheit und Workshops zu Stressmanagement und Resilienz sind hierbei von großem Nutzen, um die notwendigen Fähigkeiten zu entwickeln und ein unterstützendes Schulumfeld zu schaffen.
Der Klimawandel und die Notwendigkeit für Bildung für nachhaltige Entwicklung und adäquaten Handelns sind Themen, die in den Schulalltag integriert werden müssen. Nachhaltigkeitskonzepte im Unterricht sowie Umweltprojekte sind dabei zentrale Maßnahmen, um Schüler für diese wichtigen Themen zu sensibilisieren. Schulleitungen benötigen ausreichendes Wissen über Klimawandel und Nachhaltigkeit sowie Ideen zur Integration von Umweltbildung. Um die notwendigen Kompetenzen zu erwerben und nachhaltige Bildung in den Schulalltag zu integrieren, geben ggf. thematisch abgegrenzte Workshops zu nachhaltiger Bildung und Projekten zum Klimaschutz wertvolle Unterstützung,
Die Förderung der MINT-Fächer ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt. Der Ausbau von MINT-Angeboten und die Zusammenarbeit mit weiterführenden Schulen und Institutionen sowie Unternehmen ist dabei entscheidend, um Schülern eine fundierte Ausbildung in diesen Bereichen zu ermöglichen und ihnen zukunftssichere Entscheidungen auch in beruflicher Hinsicht zu ermöglichen. Besonders Schulleitungen, die über nur geringe eigene MINT-Kompetenz verfügen, müssen Kenntnisse dazu und über deren Bedeutung erlangen sowie die Fähigkeit zur Förderung und Entwicklung von MINT-Projekten. Fortbildungen zu MINT-Fächern und -Projekten auch ohne eigene Fachexpertise sowie Kooperationen bieten hierbei wertvolle Unterstützung.
Neben den ausgeführten aktuellen Aufgaben werden Schulen und deren Leitungen in den nächsten Jahren mit weiteren Herausforderungen konfrontiert werden. Dazu zählen sicher die globale Vernetzung und internationale Bildungsstandards, die Veränderung von Berufsbildern und Anforderungen durch den Arbeitsmarkt, die Zunahme von Online- und Fernunterricht und damit verbunden zunehmend individualisiertes Lernen und adaptive Lerntechnologien sowie die Integration neuer Technologien in den Unterricht. Vor diesem Hintergrund wird eine besondere Herausforderung in Bezug auf eine vertiefte soziale und emotionale Bildung entstehen.
Teil zwei des Beitrags beschäftigt sich mit den grundsätzlichen Themenfeldern, bei denen sich Schulleitungen en jour halten müssen. Er erscheint in den nächsten Tagen auf News4teachers.