MÜNCHEN. Nachdem der Landtag in München vor der Sommerpause ein Gesetz zur Förderung der Bundeswehr beschlossen hat, kündigen die bayerischen Landesverbände von GEW und DFG-VK an, dagegen vor das Bayerische Verfassungsgericht zu ziehen – über 100 Bürgerinnen und Bürger, darunter Lehrkräfte und der Liedermacher Konstantin Wecker, klagen mit.
Hochschulen und staatliche Schulen in Bayern sollen künftig enger mit der Bundeswehr zusammenarbeiten. Das ist zentraler Punkt eines eigenen bayerischen Bundeswehrgesetzes, das der Landtag mit den Stimmen der schwarz-orangen Koalition im Juli beschlossen hat. Neben CSU und Freien Wählern stimmte auch die SPD für den Entwurf – beklagte aber, dass die Koalition viele Änderungswünsche nicht berücksichtigt habe und deshalb bei einer möglichen Verfassungsklage die alleinige Verantwortung für juristische Versäumnisse oder Ungenauigkeiten trage. Die Grünen meldeten gravierende verfassungsrechtliche Bedenken an und stimmten gegen das Gesetz, die AfD enthielt sich.
Aus Sicht der Kritiker besonders fragwürdig und möglicherweise verfassungswidrig: Das Gesetz soll Universitäten und Hochschulen davon abhalten, eine militärische Nutzung ihrer Forschung zu verbieten – auch wenn es derartige sogenannte Zivilklauseln noch nirgendwo im Freistaat gibt. Stattdessen wird ein Kooperationsgebot von Hochschulen und Bundeswehr vorgeschrieben, in Fragen der nationalen Sicherheit sogar eine Kooperationspflicht. Zudem sollen staatliche Schulen enger mit Jugendoffizieren zusammenarbeiten.
„Die Anzahl der Klägerinnen und Kläger macht deutlich, dass die im Gesetz vorgeschriebene Militarisierung von Schulen und Universitäten für bedeutende Teile unserer Gesellschaft nicht hinnehmbar ist”
Gegen das Gesetz wollen die GEW und die Deutsche-Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) nun vor das Bayerische Verfassungsgericht ziehen. In der Vorbereitung der Klageschrift, die Mitte Dezember eingereicht werden soll, zeigen sich die Initiator*innen über die große Unterstützung der Popularklage überrascht. Martina Borgendale, Vorsitzende der GEW Bayern, stellt fest: „Ich denke, dass die Anzahl der Klägerinnen und Kläger deutlich macht, dass die im Gesetz vorgeschriebene Militarisierung von Schulen und Universitäten für bedeutende Teile unserer Gesellschaft nicht hinnehmbar ist. Ob schulisches Lehrpersonal oder Hochschulangehörige, Gewerkschaftsvertreter*innen, Jurist*innen oder Organisationen der Friedensbewegung – bereits jetzt haben sich über 100 Klägerinnen und Kläger bei uns gemeldet!“
Thomas Rödl, Sprecher der DFG-VK Bayern, fügt hinzu: „Man muss kein Pazifist sein, um Zwangsmaßnahmen vonseiten der Bundeswehr und der Bayerischen Staatsregierung gegen die Wissenschaft abzulehnen. Mit unserer Popularklage gegen das sogenannte ‚Bundeswehrgesetz‘ bietet sich die Chance, aktiv und wirkungsvoll gegen die um sich greifende Militarisierung vorzugehen und die Bundeswehr in ihre Schranken zu weisen. Wir freuen uns über die bisherige Unterstützung und hoffen, es kommen noch einige Kläger*innen dazu.“
Die Klagenden gegen das „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern“ wollen mit ihrer Popularklage eine verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes anstoßen, da ihre Argumente gegen das Gesetz im Gesetzgebungsverfahren kein Gehör fanden. Zu den Klägerinnen und Klägern zählen unter anderem der Mitherausgeber des jährlichen „Grundrechte-Report zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland“ Rolf Gössner, der Friedensforscher und Professor für internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik Werner Ruf, der Hochschulprofessor Klaus Weber und der Professor i. R. Gerhard Steeger. Unterstützt wird die Klage auch von wissenschaftlichen Mitarbeitern wie Theo Glauch und Florian Muhl.
Neben dem Schauspieler und Musiker Michael Fitz und dem Komponisten, Musiker und Autor Konstantin Wecker gehören zahlreiche Gewerkschaftsaktivist*innen und Funktionär*innen, darunter der erste Bevollmächtigte der IG Metall Würzburg Norbert Zirnsak, der Regensburger ver.di-Vorsitzende Ottmar Georg Kronschnabl, der Aschaffenburger GEW-Vorsitzende Manuel Hoffmann oder das Vorstandsmitglied des bayerischen ver.di-Landesbezirksfachbereichs Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft Helga Tögel zu den Klagenden, ebenso wie die GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale und die Geschäftsführerin der GEW Bayern Elke Hahn.
„Mit unserer Popularklage wollen wir nachholen, was die Staatsregierung versäumt hat: Eine Antwort darauf zu geben, welchen Platz die Hochschulautonomie noch hat und auch die Gewissensfreiheit des Einzelnen, wenn Soldat*innen ins Klassenzimmer eingeladen werden“, so die von den Klägerinnen und Klägern betraute Rechtsanwältin und langjährige ehemalige Landtagsabgeordnete Adelheid Rupp (Die Linke, früher SPD). News4teachers
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