ESSEN. Auf dem Weg von Studienbeginn bis zum Berufseinstieg gehen zu viele potenzielle Lehrkräfte verloren. Darauf verweist der aktuelle Lehrkräftetrichter des Stifterverbandes. Demnach entscheiden sich vier von zehn angehenden Lehrer:innen im Verlauf ihres Studiums für eine andere Karriere. Allerdings gibt es erhebliche regionale Unterschiede.
Im Durchschnitt schreiben sich jedes Jahr bundesweit 47.400 Personen für ein Lehramtsstudium ein. Doch nur 28.000 absolvieren auch das Referendariat. Somit entscheiden sich 41 Prozent der Studierenden im Verlauf ihres Studiums – besonders häufig noch zu Beginn – dieses aufzugeben.
Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt, dass diese unterschiedlich stark vom Studierendenschwund betroffen sind: Zwischen Anfang und Ende des Studiums ist er im Osten höher, regional aber auch im Westen substanziell. Besonders dramatisch ist die Lage in Berlin. Die Schwundquote liegt hier bei 64 Prozent. Das heißt, zwei von drei Studierenden brechen das Lehramtsstudium ab oder wechseln in ein anderes Bundesland. In Nordrhein-Westfalen gilt das für jeden Zweiten.
Sachsen-Anhalt verliert Studierende besonders zwischen Mitte und Ende des Studiums
Sieben Bundesländer verlieren mehr als jeden fünften Studierenden zwischen Mitte und Ende des Studiums: Dazu gehören Bayern, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Mit einem Schwund von einem Drittel fällt Sachsen-Anhalt besonders negativ auf. Mit Blick auf den Zeitpunkt beschreibt der Stifterverband den Verlust als bedenklich. Im Vergleich zum Studienbeginn sollte die Entscheidung für das Studium zu diesem Zeitpunkt eigentlich „eher gefestigt“ sein.
Während der Studierendenschwund im Lehramtsstudium größtenteils einem Abbruch dieses Studiums entspreche, sei er im Referendariat vor allem auf einen Wechsel in ein anderes Bundesland zurückzuführen, erklärt der Stifterverband. In Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg liegt hier die Verlustquote mit mehr als 20 Prozent besonders hoch. Bundesweit brechen fünf Prozent der angehenden Lehrkräfte ihr Referendariat ganz ab.
Stifterverband fordert Reformen
„Mit den Lehrkräftetrichtern der Bundesländer wird erstmals transparent, wann potenzielle Lehrkräfte verloren gehen, die wir so dringend benötigen. Hochschulen können nun datenbasiert Entscheidungen treffen. Sie müssen jetzt alles daransetzen, dass Studierende, die ein Lehramtsstudium beginnen, dieses auch erfolgreich absolvieren“, sagt Bettina Jorzik, Programmleiterin für Hochschullehre, Lehrkräftebildung und Diversität im Stifterverband. „Das kann funktionieren, in dem die Ausbildungsqualität und der Theorie-Praxis-Bezug gestärkt werden.“ Auch eine bessere Abstimmung zwischen Studium und Referendariat könnte laut Stifterverband erfolgsversprechend sein. Es seien allerdings weiterführende Daten erforderlich, um die genauen Ursachen des Studierendenschwunds zu erfahren und fundierte Anpassungen vornehmen zu können.
Allerdings: Auch eine attraktivere Lehramtsbildung, die mehr Menschen für den Beruf begeistere, könne den aktuellen Lehrkräftemangel nicht beseitigen, betont Jorzik. Der Stifterverband empfiehlt daher, den Seiteneinstieg – der sich bereits als Normalfall etabliert habe – als regulären dritten Weg in den Lehrberuf anzuerkennen. „Vorausgesetzt, dass es begleitende Qualifizierungsprogramme, eine Mindest-Qualifizierung vor dem Schuleinsatz und auch Qualitätskontrollen gibt.“ News4teachers
Zu viele Studienabbrecher: Bundesland krempelt Lehrerausbildung um
