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Umfrage: Vier von zehn Bürgern fremdeln mit dem real existierenden Deutschland

HALLE. Idee gut, Umsetzung schlecht? In einer Umfrage äußern viele Menschen Zweifel daran, wie gut die Demokratie funktioniert – besonders in Ostdeutschland. Auch Antworten auf existenzielle Probleme wie die Klimakrise und die Vergreisung Deutschlands finden nur relativ knappe Mehrheiten.

Bisschen angekratzt. Illustration: Shtterstock

Viele Menschen in Deutschland sind unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie – laut einer Studie besonders die Bevölkerung in Ostdeutschland. Knapp 40 Prozent der Befragten äußerten deutschlandweit eine Unzufriedenheit – in Ostdeutschland gar über die Hälfte (53 Prozent), wie aus dem sogenannten Deutschland-Monitor hervorgeht.

Im Westen sind es 36 Prozent, heißt es in den Ergebnissen der Analyse von Forschern der Universitäten Jena und Halle-Wittenberg sowie des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften in Mannheim. Zugleich befürworten fast alle Befragten (98 Prozent) grundsätzlich die Idee der Demokratie.

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Schneider fordert mehr Ostdeutsche in Führungspositionen

Der Ostbeauftragte Carsten Schneider kommentierte, die Ergebnisse gingen auch auf Abwertungserfahrungen Ostdeutscher seit den Neunzigerjahren und fehlende Repräsentation zurück. «Wir brauchen mehr Ostdeutsche in Führungspositionen», forderte der SPD-Politiker.

In strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands ist die Unzufriedenheit am größten (56 Prozent). Der Zusammenhang zwischen fehlendem Vertrauen in Demokratie und Staat sowie der Strukturschwäche einer Region sei offensichtlich, sagte Schneider. Er mahnte: «Man muss überall gut leben können. Diesen Auftrag des Grundgesetzes dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.» Die beiden ärmsten Städte in Deutschland liegen allerdings nicht im Osten – es sind Gelsenkirchen und Duisburg.

Einigkeit bei manchen Grundrechten

Weitgehend einig ist sich die Bevölkerung Deutschlands bei zentralen demokratischen Grundrechten. Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen befürworten 95 Prozent. Dass alle Religionen friedlich nebeneinander existieren können, wünschen sich 89 Prozent. Dagegen wollen nur 56 Prozent in einer Gesellschaft leben, in der Zuwanderung als Chance in einer alternden Gesellschaft begriffen wird und nur 57 Prozent sprechen sich für eine klimaneutrale Zukunft als Zielvorstellung aus.

Bemerkenswert ist auch die Haltung zu den Grundwerten. «In der Abwägung zwischen Freiheit und Gleichheit überwiegt in der Bevölkerung eine Präferenz für Freiheit mit 73 Prozent. Weniger als ein Viertel der Befragten legt größeren Wert auf Gleichheit als auf Freiheit. Die eindeutige Tendenz zum Grundwert der Freiheit zulasten der Gleichheit folgt einem jüngeren Trend ansteigender Freiheitspräferenzen», so heißt es in der Studie.

«In der Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit überwiegt hingegen letztere, wenn
auch weniger eindeutig als bei der Abwägung zwischen Freiheit und Gleichheit. Zwei von
fünf Befragten legen mehr Wert auf Freiheit als auf Sicherheit. Mehr als die Hälfte bevor-
zugt hingegen Sicherheit.»

Etwa 4.000 Menschen haben im April und Mai 2024 für den Hauptteil der Studie telefonisch die Fragen der Forscher beantwortet. An einer auf bestimmte Regionen spezialisierten Befragung im Mai und Juni vergangenen Jahres nahmen zudem ebenfalls knapp 4.000 Menschen teil.

Mit dem Deutschland-Monitor wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine neue Sicht auf gesellschaftliche und politische Einstellungen und Bewertungen der deutschen Bevölkerung ermöglichen. Die Befragung findet jährlich statt. News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zum Deutschland-Monitor.

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