WEILBURG. Zwei Nächte schon ist ein sechsjähriger Junge verschwunden. Er soll am Dienstag aus der Schule gegangen sein, seitdem wird er vermisst. Das Schulamt gibt nun Details zu den ersten Minuten bekannt – offensichtlich im Bemühen, Spekulationen über ein mögliches Fehlverhalten der Lehrkräfte entgegenzuwirken.

Das Verschwinden des seit Dienstag im mittelhessischen Weilburg vermissten sechs Jahre alten Pawlos aus seiner Schule ist laut Schulamt innerhalb einer Minute aufgefallen. Der Schüler habe sich «gegen 12.30 Uhr nach dem gemeinsamen Mittagessen von seiner Klasse entfernt und offenbar das Schulgelände verlassen», hieß es in einer Mitteilung des Staatlichen Schulamtes.
Sein Fehlen sei binnen einer Minute von den aufsichtsführenden Lehrkräften bemerkt worden. Diese hätten «unmittelbar eine schulinterne Suchaktion im Gebäude und auf dem Gelände eingeleitet», hieß es. «Da der Schüler innerhalb einer Viertelstunde dort nicht aufgefunden werden konnte, wurden umgehend die Polizei und die Eltern informiert.» Der Sechsjährige besuchte eine Förderschule in der Stadt, am Dienstagmittag lief er ohne ersichtlichen Grund davon.
Mehrere Schulpsychologinnen sind an der Grundschule im Einsatz
Der Sechsjährige war zuletzt am Dienstag am Bahnhof von Weilburg nahe Limburg gesehen worden (News4teachers berichtete). Den Angaben nach ist das Kind «autistisch veranlagt» und befindet sich vermutlich in einer hilflosen Lage. An der Schule seien mehrere Schulpsychologinnen, teilte das Schulamt mit. «Es besteht auch ein enger Austausch mit der Familie des vermissten Schülers.»
Hunderte Einsatzkräfte suchen nach dem Jungen. Deshalb setzen sie auch auf die Stimme seiner Mutter, um das Kind zurück nach Hause zu bringen. Ihr Rufen wird aufgezeichnet und über Lautsprecher in die Straßen Weilburgs übertragen, in der Hoffnung, dass Pawlos Vertrauen fasst und sich zeigt. Auch mit bunten Luftballons will man den Jungen ansprechen – sie werden etwa auf einer Brücke über der Lahn aufgehängt, um einen farblichen, kindlichen Impuls zu setzen, wie es heißt. Die Polizei appelliert an Einwohnerinnern und Einwohner, das Kind nicht anzusprechen, falls es auftaucht, weil die Gefahr besteht, dass es wegläuft – und stattdessen umgehend die Polizei zu verständigen.
In der 13.000-Einwohner-Kleinstadt und darüber hinaus löst der Fall eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Tausendfach wird ein Suchaufruf des Bürgermeisters in sozialen Netzwerken geteilt und sehr viele Hinweise gehen ein, denen allen nachgegangen werde, heißt es von der Polizei. Mit Taschenlampen machten sich zahlreiche Menschen schon am Abend seines Verschwindens auf die Suche nach dem Sechsjährigen. Die Einsatzkräfte halten es für möglich, dass er sich versteckt hält – deshalb bitten sie, in Gartenhütten, Kellereingängen nach ihm zu schauen. News4teachers / mit Material der dpa
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers hitzig diskutiert (Auszug):
Die heikle Frage der Aufsichtspflicht – worauf müssen Lehrer achten? Und wo sind die Grenzen?
Dieses Leid kann ich mir kaum vorstellen.
Ich bete für dieses Kind und seine Eltern.
Ich kann das nicht begreifen. So viele Autos, so viele Menschen auf der Straße – und trotzdem hat niemand angehalten und das Kind gefragt, wo seine Eltern sind? Niemand hat die Behörden angerufen oder ist an Ort und Stelle geblieben, bis jemand Zuständiges gekommen wäre? Ein kleines Kind, das allein auf der Straße herumirrt, ist kein gewöhnlicher Anblick – das fällt doch sofort auf. Was ist nur mit uns Menschen passiert?
https://www.stern.de/panorama/dashcam-video-zeigt-vermissten-pawlos-orientierungslos-auf-strasse-35595456.html
Ich hoffe von ganzem Herzen, dass der Kleine bald gefunden und zu seinen Eltern zurückgebracht wird.
Das frage ich mich auch.
Als unsere Tochter vor längerer Zeit mal davon gelaufen ist und ich sie kurz darauf in der Nebenstraße einholen konnte, kam eine Nachbarin aus dem Haus und meinte, sie habe sie vorbeilaufen sehen. Das hat mich irritiert. Warum ist sie nicht raus und hat sie aufgehalten, oder uns angerufen? Sie wusste, dass sie hilflos ist.
Hallo Monika, BY.
Das ist ganz leicht erklärbar:
1) An wie vielen sich alleine bewegenden Personen, die möglicherweise (!!?) hilflos sind oder dem ach so spießbürgerlichen (sic!) Mittelschichtbild nach “da nicht hingehören” sind Sie in den letzten vierzehn Tagen vorbei gekommen, gegangen, gefahren? (Sofern Sie in einem städtischen Umfeld leben)
Also ich an mindestens 6, die mir spontan einfallen. Zwei davon kleine Kinder im örtlichen Einkaufszentrum.
2) Als männlich gelesene Person UND nach dazu im Erziehungswesen i.w.S. tätig ist das LETZTE, wirklich ALLERLETZTE, das ich im öffentlichen Raum tun würde das “Mitnehmen”, “Einladen” oder ähnliches von Kindern oder Frauen oder … überhaupt wem, den/die ich nicht persönlich kenne.
Maximal riefe ich die Putzilei an.
Allerdings verspüre ich nach meinem letzten Anfall von Altruismus dazu auch nicht mehr recht Lust…ein offensichtlich zugedröhnter und/oder geisteskranker Obdachloser lief auf einer nahe gelegenen 70er-Straße (wo jeder 100 fährt) zwischen den fahrenden Autos rum, echt gefährlich. Also, richtig gefährlich, nicht “lehrergefährlich”.
Beim Polizeianruf wurde ich erstmal rüde abgebürstet (“Rufen Sie jetzt ernsthaft hier an, weil jemand betrunken ist?”), anschliessend minutenlang am Telefon aufgehalten (als ob wir in den 80ern wären, Polizei sieht sofort wer anruft), durfte drei mal meine pers. Daten durchbuchstabieren (siehe oben) und sollte mich dann “vor Ort bereithalten” (als ob ich hier der Verdächtige wäre), was ich verweigerte.
Auf dem Rückweg sah ich dann: Ok, Streifenwagen hatte ihn festgesetzt bzw. vor allem versorgt, ok.
Na ja, fühl das Fühli der Zivildankbarkeitsgesellschaft…das Wort “Danke” (geschweige denn echte Anerkennung) kommt übrigens in solchen Geschichten selten vor, bei der auch nicht.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Mehr als MESA ist nicht drin. 🙂
(Und nein, umgekehrt habe ich auch null Erwartung, dass mir irgendwer im öffentlichen Raum hilft, der das nicht als Beruf hat)
Der Mann hat geholfen und das Kind von der Straße geholt, aber warum hat er niemanden angerufen? Die Polizei, das Jugendamt, irgendwen? Ich verstehe es nicht.
Was ist mit unserem Instinkt, wenn ein Kind in Not ist?
Es wird immer schlimmer:
Wenn jeder nur an sich denkt, ist auch an alle gedacht! 🙁
Der Junge sagt man kann schnell laufen.Vllt hält er sich an einer Sportstätte versteckt und beobachtet Läufer,weil er Laufen liebt.
Ich befürchte, dass er deshalb viel weiter weg gelaufen ist, als gesucht wurde.