FREIBURG. Darf eine Schule an vier von fünf Tagen ausschließlich vegetarisches oder veganes Essen anbieten? Ja, sagt das Verwaltungsgericht Freiburg – und stärkt gleichzeitig den Gestaltungsspielraum der Schulträger. Das dürfte dem neuen Bundeslandwirtschaftsminister nicht gefallen.
Im Mittelpunkt des aktuellen Falls steht eine Ganztagsgrundschule im Raum Konstanz. Dort wird an drei von vier Verpflegungstagen vegetarisches oder veganes Essen angeboten, nur einmal pro Woche kommt Fleisch oder Fisch auf den Teller. Zu wenig, fanden die Eltern einer Schülerin – und zogen vor Gericht. Ihre Forderung: Die Schule müsse täglich ein Menü mit Fleisch oder Fisch anbieten, da andernfalls eine Mangelernährung der Tochter drohe.
Das Verwaltungsgericht Freiburg sah das anders: Der Antrag auf Eilrechtsschutz wurde abgelehnt. Die Richterinnen und Richter bezweifelten nicht nur die Eilbedürftigkeit, sondern auch die Substanz der vorgebrachten Argumente. Eine Mangelernährung sei nicht glaubhaft gemacht worden, hieß es. Schließlich könnten Eltern jederzeit selbst für fleischhaltige Mahlzeiten sorgen – entweder außerhalb der Schulzeiten oder durch mitgebrachtes Essen. Und: Bei nachgewiesenen Unverträglichkeiten sei ein individuelles Angebot möglich.
Vor allem aber stellte das Gericht klar: Der Schulträger habe bei der Ausgestaltung der Mittagsverpflegung einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Eine tägliche Fleischoption sei nicht verpflichtend. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig – eine Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist möglich.
Politischer Rückenwind für Fleisch – oder nur Symbolpolitik?
Erst vor zwei Wochen hatte das Thema auf Bundesebene für Aufregung gesorgt: Die CSU und der ihr angehörende neue Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer – gelernter Metzgermeister – forderten mehr Fleisch in Schulen und Kitas. In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung betonte Rainer, eine „ausgewogene Ernährung“ müsse auch Fleisch enthalten (News4teachers berichtete).
Ein Seitenhieb auf seinen vegetarisch lebenden Vorgänger Cem Özdemir kam flankierend vom Parteivorsitzenden. „Jetzt gibt’s wieder Leberkäs’ statt Tofu-Tümelei“, tönte Markus Söder. Die Botschaft: Weniger Ideologie, mehr Wurst. Aus Sicht vieler Ernährungsexpertinnen und -experten ist das allerdings kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt.
„Ein solcher Vorstoß ist unter gesundheitlichen Gesichtspunkten alles andere als sinnvoll“, sagt Prof. Melanie Speck vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche heute bereits deutlich mehr Fleisch konsumieren, als die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt. Diese spricht sich für maximal eine Fleischmahlzeit pro Woche aus – und setzt ansonsten auf Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte.
Auch Dirk Jansen, Geschäftsführer des BUND NRW, kritisierte Rainers Vorstoß scharf: „Die Landwirtschaft und insbesondere die Massentierhaltung sind ein Haupttreiber der Klimakrise. Mehr Fleisch in Kitas und Schulen zu fordern, ist schlicht aus der Zeit gefallen.“
„Der Bund kann Rahmenbedingungen setzen, etwa durch Förderprogramme oder Standards – aber nicht über konkrete Speisepläne entscheiden“
„Bild“ behauptete, dass Rainers Vorstoß bei Lehrkräften gut ankomme – und berief sich dabei auf den (im Ruhestand befindlichen) Ehrenpräsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Doch repräsentativ ist das kaum. Der VBE betont, dass Schulträger und Einrichtungen selbst über Speisepläne entscheiden. Bundespolitische Aussagen hätten höchstens Empfehlungscharakter. Auch der Bundeselternrat weist eine politische Einflussnahme zurück. Vorsitzender Dirk Heyartz erklärt: „Der Bund kann Rahmenbedingungen setzen, etwa durch Förderprogramme oder Standards – aber nicht über konkrete Speisepläne entscheiden.“
Das dürfen, der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg unterstreicht das, die Schulträger vor Ort. News4teachers
Hier geht es zum Beschluss des Verwaltungsgerichts.
Erste Kommune bietet in Kitas und Grundschulen nur noch Vegetarisches an
