MAINZ. Mit markigen Worten hatte das SPD-geführte Innenministerium in Mainz angekündigt, AfD-Mitglieder künftig pauschal vom Staats- und damit vom Schuldienst auszuschließen. Doch nun die Kehrtwende: Auf einmal soll jeder Einzelfall geprüft werden. Die AfD feiert das als Sieg.
Noch vor wenigen Tagen hatte das rheinland-pfälzische Innenministerium für Klarheit gesorgt – so schien es zumindest: Wer aktuell Mitglied der AfD ist, sollte künftig vom Staatsdienst ausgeschlossen werden. Dies bestätigte das Ministerium gegenüber dem SWR. Eine solche Regelung hätte vor allem Bewerberinnen und Bewerber im Bildungsbereich betroffen – insbesondere angehende Lehrkräfte (News4teachers berichtete).
Doch die vermeintliche Klarheit war trügerisch. Auf erneute Anfrage des Senders erklärte das Ministerium nun: „Jeder Fall wird einzeln geprüft.“ Die frühere Darstellung sei nicht mehr haltbar. Damit zieht das SPD-geführte Innenministerium unter Michael Ebling eine zentrale Aussage zurück – und korrigiert damit auch die öffentliche Kommunikation der vergangenen Tage.
Die Kehrtwende sorgt für Irritation. Denn nach außen hatte man zuvor vermittelt, dass es eine generelle Zugangssperre für AfD-Mitglieder in den öffentlichen Dienst geben solle. Auch die SPD-Fraktion hatte entsprechend kommuniziert: „Kein Platz für Verfassungsfeinde im Staatsdienst“, lautete der Titel der Pressemitteilung von Fraktionsvorsitzender Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Wörtlich hieß es dort: „Falls eine entsprechende Erklärung [zur Verfassungstreue] nicht abgegeben werden kann, […] darf nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt werden.“
„Das Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, rechtfertigt keine Mittel, die dieser Grundordnung widersprechen“
Reaktionen aus der Staatsrechtslehre ließen nicht lange auf sich warten. Joachim Wieland, Professor an der Universität Speyer, hatte bereits vor der Korrektur des Ministeriums im WDR klargestellt: „Ich glaube, man muss jedenfalls eine Einzelfallprüfung machen.“ Die Mitgliedschaft in einer extremen Partei sei kein hinreichender Grund, pauschal den Zugang zum Staatsdienst zu verwehren. Entscheidend sei, ob jemand persönlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe.
Wieland warnte: „Das Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, rechtfertigt keine Mittel, die dieser Grundordnung widersprechen.“ Der Rechtsstaat müsse auch unbequeme Meinungen aushalten – solange sie sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegen. Entscheidend sei, ob die Person im Dienst dessen Werte glaubhaft vertrete. Selbst bei AfD-Mitgliedern sei nicht ausgeschlossen, „dass man in den kritischen Punkten nicht der gleichen Meinung ist wie die eigene Partei.“
Die Debatte hat eine hohe Relevanz für den Bildungsbereich – und sie wird bundesweit geführt. Die AfD gilt laut Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“, auch wenn die Einstufung derzeit ruhend gestellt ist. „Wer sich in den Dienst dieses Staates stellt, muss jederzeit loyal zur Verfassung stehen, ohne Wenn und Aber“, hatte Innenminister Ebling ursprünglich erklärt. Auch für bereits verbeamtete Lehrkräfte könnten dienstrechtliche Konsequenzen folgen. Die Mitgliedschaft in einer gelisteten Organisation wie der AfD könne ein Dienstvergehen darstellen – im Extremfall drohe die Entfernung aus dem Dienst.
Das politische Echo auf den Rückzieher ist laut. CDU-Generalsekretär Johannes Steiniger erklärte: „Das Hin und Her zum Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus dem Staatsdienst ist ein Brandbeschleuniger für die Rechtspopulisten.“ Verfassungsfeinde gehörten nicht in den Staatsdienst – „aber solche Aktionen stärken den Opfermythos der AfD“. Das sei unverantwortlich. AfD-Landeschef Jan Bollinger reagierte, nicht überraschend, mit Triumphgeheul. Ebling habe versucht, politische Gegner pauschal auszugrenzen – „offenbar ohne die rechtlichen Grundlagen sauber zu prüfen“. Das Zurückrudern sei „ein kleiner Sieg für Rechtsstaat und Demokratie“. News4teachers
Warum es richtig ist, AfD-Mitglieder vom Schuldienst fernzuhalten – ein Kommentar