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Gehen Sie Rechtspopulisten und Rechtsextremen nicht auf den Leim! Ein Appell

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DÜSSELDORF. Die AfD inszeniert sich als Opfer, behauptet, in Deutschland werde die Meinungsfreiheit unterdrückt. Tatsächlich verfolgt sie – im Gleichklang mit den US-Rechtsaußen – das Gegenteil: die Einschränkung kritischer Stimmen. Ein Blick in die USA zeigt, was uns droht, wenn Rechtspopulisten und Rechtsextreme die Macht ergreifen: Einschüchterung von Medien, Gängelung von Lehrkräften, Verbannen von Büchern. Ein Kommentar von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek. Foto: Tina Umlauf

Die AfD behauptet seit Jahren, in Deutschland werde die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten. Damit spielt sie bewusst mit Ängsten und inszeniert sich als Opfer. US-Vizepräsident J. D. Vance stößt inzwischen ins gleiche Horn: Vor europäischen Regierungsvertretern auf der Münchner Sicherheitskonferenz erklärte er, die Meinungsfreiheit in Europa sei bedroht – und forderte später deutsche Politiker offen dazu auf, mit der AfD zu kooperieren. Das ist kein Zufall: Es ist die Strategie der Rechtsaußen, berechtigte Sorgen in der Bevölkerung umzudeuten und in eine Erzählung zu gießen, die die Demokratie selbst delegitimiert.

Wer wissen will, was geschieht, wenn diese Kräfte an die Macht kommen, muss nur in die USA schauen. Dort erleben wir derzeit, wie schnell Presse- und Meinungsfreiheit ins Wanken geraten, wenn Rechtspopulisten und Rechtsextreme die politische Kontrolle übernehmen. Reporter ohne Grenzen warnt: Seit dem Attentat auf den einflussreichen extrem rechten Podcaster Charlie Kirk hat sich die ohnehin angespannte Lage für Journalistinnen und Journalisten weiter verschärft. Präsident Trump hat nicht nur offen die Absetzung kritischer TV-Formate gefeiert, sondern seine Regierung auch angewiesen, Klagewellen gegen Medien anzustrengen.

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Das jüngste Beispiel: die Milliardenklage gegen die New York Times. Ein groteskes Verfahren – aber mit System. Trump setzt auf sogenannte SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation), die weniger auf Erfolg vor Gericht zielen, sondern darauf, Kritiker mit ruinösen Kosten, jahrelangen Prozessen und existenziellen Risiken mundtot zu machen. Große Medienhäuser wie die New York Times können sich dagegen womöglich noch wehren. Kleinere Redaktionen oder unabhängige Projekte aber geraten schnell an ihre Grenzen.

Genau diese Strategie hat auch News4teachers schon am eigenen Leib erfahren. Im vergangenen Jahr forderte ein AfD-Fraktionschef von uns Schadenersatz in ungenannter Höhe (News4teachers berichtete) – eine Klageandrohung, die inhaltlich absurd war, aber doch brandgefährlich. Denn sie zeigt: Die AfD nutzt dieselbe Taktik wie Trump, um Kritiker einzuschüchtern. Medienhäuser sollen nicht mehr frei arbeiten können, sondern mit teuren Verfahren beschäftigt werden. Und während unabhängige Redaktionen um ihre Existenz kämpfen müssen, kann sich die AfD dank staatlicher Parteien- und Fraktionsfinanzierung problemlos teure Anwaltskanzleien leisten.

Auch das ist in diesem Zusammenhang relevant: Der organisierte Rechtsextremismus in Deutschland wird aus Steuergeld finanziert. Schon das wäre aus meiner Sicht Grund genug, ein Parteiverbot in die Wege zu leiten.

Wenn kritischer Journalismus unterbunden wird, erstickt Demokratie im Keim

News4teachers hat sich erfolgreich wehren können – noch. Aber es ist absehbar, was geschähe, wenn die AfD eines Tages einen Kultusminister stellte und über die Machtmittel einer Regierung verfügte: Jede kritische Berichterstattung über deren Politik würde zum unkalkulierbaren Risiko. “Es hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch keine Partei gegeben, die so häufig geklagt hat”, berichtet der promovierte Jurist und langjährige ARD-Journalist Joachim Wagner gegenüber dem Spiegel. “Diese Klagen sind ein integraler Bestandteil der politischen Kampagne der AfD. Die Partei nutzt sie als politisches Kampfinstrument.”

Dabei ist es unser Auftrag, Bildungspolitik kritisch zu begleiten – gerade um bessere Politik möglich zu machen. Wenn kritischer Journalismus unterbunden wird, erstickt Demokratie im Keim.

Die Erfahrung lehrt: In autoritären Systemen sind Journalistinnen und Journalisten stets mit die Ersten, die unter Druck geraten. Aber sie sind nie die Letzten. In den USA geraten längst auch Lehrkräfte ins Visier. Viele zensieren sich inzwischen selbst aus Angst vor Konsequenzen. Und es geht weiter: Präsident Trump hat per Verfügung angekündigt, Lehrinhalte zu Rassismus und Geschlechteridentität aus Schulen zu verbannen. Unterricht, der strukturellen Rassismus thematisiert, soll untersagt werden. Schulen, die dagegen verstoßen, droht der Entzug von Bundesmitteln.

Damit wird ein Kernauftrag von Schule – die Aufarbeitung historischer Wahrheit und die Förderung von Toleranz – per Regierungsbeschluss delegitimiert. Auch der Umgang mit trans Schülerinnen und Schülern steht im Fokus: Schulen soll verboten werden, Kinder ohne Zustimmung der Eltern in Fragen der Geschlechtsidentität zu unterstützen, etwa durch die Verwendung bevorzugter Namen oder Pronomen. Parallel dazu will die Regierung „Schulwahlfreiheit“ massiv ausbauen und Gelder aus öffentlichen Schulen in private und religiöse Einrichtungen umleiten. Mit anderen Worten: Lehrerinnen und Lehrer werden politisch unter Druck gesetzt, kritische Inhalte gestrichen und das öffentliche Schulsystem ausgehöhlt.

Die Verbote hören nicht beim Unterricht auf. In den USA werden seit Jahren auf Druck von Institutionen wie der reaktionären Heritage Foundation Bücher aus Bibliotheken, Schulen und Buchhandlungen entfernt – darunter Klassiker wie Toni Morrisons Beloved und The Bluest Eye, Margaret Atwoods Der Report der Magd, aber auch Kinder- und Jugendbücher, die queere Figuren oder People of Color sichtbar machen, etwa Maia Kobabes Gender Queer oder Angie Thomas’ The Hate U Give.

Der Autorenverband PEN America zählt mehr als 10.000 solcher Fälle in 29 Bundesstaaten und 220 öffentlichen Schulbezirken, wobei Florida und Iowa die meisten Verbote aussprechen. Die am häufigsten verbotenen Bücher sind die, die zu 44 Prozent von schwarzen Personen und Charakteren und 39 Prozent von LGBTQ+-Personen und -Charakteren, von Frauen, Rassismus, Sexualität, Geschlechterrollen und der Geschichte des Landes erzählen. Solche Werke sollen aus den Regalen verschwinden, weil sie nicht in das Weltbild der Rechtsaußen passen. Perspektiven werden so gelöscht – Kinder und Jugendliche sollen gar nicht mehr erfahren, dass es diese Stimmen gibt.

Mein Appell: Lassen Sie sich nicht einreden, es ginge der AfD und ihren Verbündeten um Meinungsfreiheit. Das Gegenteil ist der Fall. In Wahrheit geht es ihnen darum, ungestraft lügen, hetzen und drohen zu können – ohne Widerspruch, ohne Konsequenzen. Freie Gegenrede aber soll ausgeschaltet werden. Deshalb: Gehen Sie der AfD nicht auf den Leim! Verteidigen wir unsere Demokratie – mit klarer Haltung! News4teachers

Neuer Anlauf: AfD startet wieder ein “Infoportal”, um damit parteikritische Lehrkräfte unter Druck zu setzen

 

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