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Gutachten: Ungleiche Besoldung von Lehrern verstößt gegen das Grundgesetz

KIEL. Muss die Besoldung der Grund- und Hauptschullehrer in Schleswig-Holstein bald auf das Niveau ihrer Kollegen erhöht werden? Diesen Schluss legt jedenfalls ein Gutachten nah, das der Kieler Verwaltungsrechtlers Jörg Junge im Auftrag der GEW erstellt hat. Sachliche Gründe für eine ungleiche Besoldung der Lehrerinnen und Lehrer seien nicht mehr vorhanden. Die ungleiche Bezahlung verstoße damit gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Dem Land droht ein teure Rechnung.

Die Gewerkschaft GEW verlangt, dass künftig alle Lehrer in Schleswig-Holstein mindestens nach der Besoldungsgruppe A13 gleich bezahlt werden. Diese politische Forderung sieht die GEW jetzt durch ein juristisches Gutachten untermauert. Da alle Lehrer von der Grundschule bis zum Gymnasium gleichwertige Arbeit leisteten, müssten sie auch gleich bezahlt werden, sagte der GEW-Landesvorsitzende Matthias Heidn in Kiel. Nach Ansicht des Verwaltungsrechtsexperten Jörg Junge rechtfertigen weder Ausbildung noch Aufgaben der Lehrer eine unterschiedliche Bezahlung. Derzeit bekommen Grundschullehrer A12. Die Differenz zu A13 beträgt monatlich etwa 400 Euro brutto.

Ist die ungleiche Bezahlung von Lehrern in Schleswig-Holsein juristisch haltbar? Auf das Land kommen Mehrkosten in Höhe von 30 Millionen Euro zu. Foto: Q.pictures / pixelio.de

Eine Heraufstufung auf A13 würde etwa 6000 Lehrer im Land betreffen. Damit kämen auf das Land Mehrkosten von etwa 30 Millionen Euro zu, würde die GEW-Forderung umgesetzt. Dass dies sofort geschehen könnte, hält auch der GEW-Landeschef für unrealistisch. Erforderlich sei aber eine zeitliche Perspektive für eine Besoldung aller Lehrer nach A13. Heidn erwartet Anfang des kommenden Jahres einen «weisen» Vorschlag aus der Regierung für ein Besoldungskonzept, wie er unter Hinweis auf ein Gespräch mit Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) sagte.

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Die negativste Variante wäre aus Sicht der GEW, wenn die Regierung alle Lehrer nach A12 bezahlen wollte. «Dann hätten wir ein ernsthaftes politisches Konfliktfeld.» Es sei juristisch nicht haltbar, Lehrer unterschiedlich zu bezahlen, die das Gleiche leisteten, sagte Gutachter Junge. Es gehe nicht nur um Bildungsinhalte: Um soziale Integration und Inklusion müssten sich Grundschullehrer genauso kümmern wie Gymnasiallehrer. Bei der Ausbildung gehe auch das Land von einer Gleichwertigkeit bei allen Lehrern aus. An Gemeinschaftsschulen unterrichten seit Jahren frühere Grund- und Hauptschullehrer, die nach A12 bezahlt werden, neben einstigen Gymnasiallehrern, die A13 erhalten.

In der Vergangenheit seien die beruflichen Anforderungen und Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer ganz oder überwiegend am Niveau der zu vermittelnden Inhalte gemessen worden, so der Gutachter. Die an Grund- und Hauptschulen tätigen Lehrkräfte seien hierdurch besoldungsrechtlich, möglicherweise auch gesellschaftlich abgewertet worden. Die schulische Realität habe sich aber inzwischen gewandelt. Für die bisherige Mehr-Klassen-Gesellschaft bei der Lehrerbesoldung gebe es keine Rechtfertigung mehr, sagte GEW-Landeschef Heidn. Das System sei von vorgestern und zutiefst ungerecht. Dies gelte umso mehr, als inzwischen alle Lehrer ein gleich langes Studium mit anschließendem gleich langen Vorbereitungsdienst absolvieren müssen.

Da sachliche Gründe für eine ungleiche Bezahlung nicht mehr vorlägen, verlange der allgemeine Gleichheitsgrundsatz laut Grundgesetz, alle Lehrer gleich zu behandeln und damit auch gleich zu bezahlen, erläuterte Gutachter Junge. Seine Untersuchungen hätten gezeigt, dass die Lehrer an Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien dieselben Anforderungen und Leistungen im Schulalltag zu erfüllen haben.

Aus Sicht der CDU-Bildungspolitikerin Heike Franzen offenbart das Gutachten schwere Fehler der Koalition von SPD, Grünen und SSW. Es weise nach, dass ein Einheitslehrer geschaffen worden sei. «Vor dem Hintergrund ist die Forderung der GEW nach einer einheitlichen Besoldung die logische Konsequenz», sagte Franzen.

Die Koalition werde die Geister nicht mehr los, die sie mit ihrem «völlig verkorksten und rein ideologisch motivierten» Lehrkräftebildungsgesetz selbst gerufen habe, meinte FDP-Fraktionsvize Christopher Vogt. Das Regierungsbündnis habe starrsinnig alle Bedenken hinsichtlich der künftigen Finanzierung in den Wind geschlagen. Die zu erwartenden Mehrkosten von rund 30 Millionen Euro seien ein Damoklesschwert für den Landeshaushalt. (News4teachers mit Material der dpa)

zum Bericht: VBE: Landesregierung muss die Bezahlung von Schulleitungen und Lehrkräften verbessern
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