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Gesetzesänderung nach Kopftuch-Urteil: Philologenverband sieht christliche Werte in Gefahr

DÜSSELDORF. Lehrerverbände fordern Nachbesserungen bei der geplanten Änderung des nordrhein-westfälischen Schulrechts nach dem Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Der Gesetzgeber, so die Auffassung von GEW, entzieht sich seiner Verantwortung, wenn Schulen beurteilen sollen, ob eine muslimische Pädagogin mit Kopftuch den Schulfrieden stört oder nicht. Die Streichung des Privilegs der Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte aus dem Schulgesetz, so die Gewerkschaft, sei konsequent, reiche aber als Lösung nicht aus. Der Philologenverband sieht hingegen die christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte in Gefahr – betont aber auch: Die Entscheidung, ob ein Kopftuch den Schulfrieden störe, dürfe nicht auf die Schulen abgewälzt werden. Heute findet dazu im Düsseldorfer Landtag eine Expertenanhörung statt.

«Namentlich ein Kopftuch ist nicht aus sich heraus religiöses Symbol.», befanden die Karlsruher Richter. Anders als ein Kruzifix an Schulwänden, stelle es daher auch keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben dar. Foto: wahyucurug / pixabay (CC0)

Das Bundesverfassungsgericht hatte im März mit Blick auf das Kopftuchverbot an den Schulen in Nordrhein-Westfalen entschieden, dass ein generelles Verbot des Tragens von religiösen Symbolen in der Schule mit der von Artikel 4 Grundgesetz garantierten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Lehrkräfte nicht vereinbar ist. Das Tragen eines Kopftuchs oder eines anderen religiösen Symbols dürfe nur verboten werden, wenn davon im Einzelfall eine konkrete Gefährdung für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ausgehe. Sieben Bundesländer, in denen bislang grundsätzlich ein Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen galt, sind von dem Urteil aus Karlsruhe betroffen. In Nordrhein-Westfalen soll deshalb nun das Schulgesetz geändert werden. Insbesondere ein Satz, der eine Privilegierung der Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte vorsieht, soll gestrichen werden.

„Wir fordern ausdrücklich eine generelle Verfahrensregelung durch den Gesetzgeber. Es darf nicht der einzelnen Schule überlassen werden, darüber entscheiden zu müssen, ob der Schulfrieden durch das Tragen des Kopftuchs muslimischer Lehrerinnen gefährdet sein könnte. Diese schwerwiegende Entscheidung muss durch den Gesetzgeber getroffen werden”, verlangt nun die nordrhein-westfälische GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer.

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Peter Silbernagel, Landesvorsitzender des Philologenverbands, stößt ins gleiche Horn: „Wir sehen ein erhebliches Konfliktpotential dadurch gegeben, dass es nunmehr den Schulen auferlegt werden könnte, in jedem Einzelfall die Gefährdung oder Störung des Schulfriedens festzustellen. Dies aber würde die Schulen völlig überfordern, Rechtsunsicherheit festschreiben und ein landeseinheitliches Verhalten unterlaufen. Daher muss der Gesetzgeber schulangemessene, praktikable und verbindliche Regelungen vorgeben und damit Rechtssicherheit für alle am Schulleben Beteiligten schaffen.“

Silbernagel fordert allerdings, beim schulischen Erziehungsauftrag die Betonung der christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte nicht ersatzlos entfallen zu lassen. Damit käme unter Bezug auf die Neutralitätspflicht die Bedeutung der christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen nicht mehr angemessen zum Ausdruck. Die vom Bundesverfassungsgericht kritisierte Privilegierung der oben erwähnten Bildungs- und Kulturwerte könne – so der Philologen-Verband – dadurch vermieden werden, dass eine Ergänzung vorgenommen werde, aus der sichtlich sei, dass ebenfalls andere Religionen und Weltanschauungen mit erfasst seien. News4teachers

Zum Beitrag: Muslimische Lehrerin Ludin: “Das Leben mit Kopftuch ist schwierig”

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