BERLIN. Die Schulen in Deutschland stehen vor der gewaltigen Herausforderung, Hunderttausende von Flüchtlingskindern integrieren zu müssen – und das nicht nur sprachlich. Zunehmend wird deutlich, wie groß die kulturellen Unterschiede sind, die häufig überwunden werden müssen. Mitunter müsse Familien deutlich gemacht werden, dass sie sich an die deutsche Kultur anzupassen hätten, meint etwa die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner. „Es gibt einige Positionen in Deutschland, die sind nicht verhandelbar. Wenn Väter erklären, dass sie mit den Lehrerinnen ihrer Kinder nicht reden, muss man sie fragen, wie sie sich ihre Zukunft in Deutschland vorstellen”, sagte sie.

Die Christdemokratin spricht durchaus aus Erfahrung. Klöckner, so berichtet die „Welt“, wurde unlängst von einem Imam düpiert, der sie wissen ließ, dass er ihr beim Besuch eines Flüchtlingsheims nicht die Hand geben werde. Daraufhin habe Klöckner ganz auf das Treffen mit dem islamischen Geistlichen verzichtet.
Die stellvertretende Vorsitzende der Bundes-CDU fordert nun ein Gesetz zur Integrationspflicht für Flüchtlinge. Deutschland als freies und liberal denkendes Land, so Klöckner in der „Welt“, müsse Zuwanderer dazu zwingen, das deutsche Grundgesetz und seine Maßstäbe zu achten. Dazu gehöre auch die Anerkennung der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Wer einer Frau den Handschlag verweigere, negiere die Werte der freien Gesellschaft, zu der auch die Rechte von Homosexuellen oder der Kampf gegen den Antisemitismus gehörten. Wenn jetzt nicht mit Konsequenz und Härte gegen falsche Entwicklungen eingeschritten werde, könne Deutschland absehbare Fehlentwicklungen nicht mehr einfangen.
„Manchmal kommt es wegen der kulturellen Unterschiede zu Missverständnissen“, so berichtet eine Lehrerin, die an einer Hauptschule in Dortmund Auffangklassen koordiniert, auf „Spiegel online“. „So klingelte einmal im Unterricht das Handy einer Schülerin. Meine Kollegin forderte sie auf, ihr das Handy für diesen Morgen auszuhändigen, da Handys im Unterricht nicht eingeschaltet sein dürfen. So lautet eine Schulregel. Das Mädchen weigerte sich und begann verzweifelt zu weinen“, erzählt die Pädagogin. „Später stellte sich heraus, dass ihre Gebetszeit auf dem Handy eingestellt war. Die Schülerin hatte Angst, eine Sünde zu begehen, wenn sie ihr Handy abgibt.“
Auch der Umgang mit manchen Eltern sei hin und wieder ungewohnt. Die Lehrerin: „Einmal wollte der Onkel einer Schülerin mir zum Abschied nicht die Hand geben. Er erklärte mir, dass damit keinerlei Missachtung verbunden sei, sondern dass er damit in seiner Kultur Respekt vor der Frau ausdrücke. Auch dieses Erlebnis ist für mich ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich verständigen zu können, um gegenseitige Vorurteile zu vermeiden.“
Allerdings geraten junge Flüchtlinge offenbar zunehmend in den Fokus von Radikal-Islamisten. Beispiel Frankfurt am Main: Die „Frankfurter Neue Presse“ berichtet aktuell, dass Salafisten mehrfach versucht hätten, Kontakt zu minderjährigen und unbegleiteten Flüchtlingen zu bekommen. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen halte es die Polizei für denkbar, „dass Asylbewerber künftig noch stärker in den Fokus der Salafisten-Szene rücken. Außer Flüchtlingen mit christlichem Hintergrund, wie sie zum Beispiel aus Eritrea nach Deutschland kommen, sind unter den Schutzsuchenden auch viele Muslime aus Krisengebieten des Nahen Ostens. Minderjährige Flüchtlinge passen genau in die Zielgruppe der Salafisten, weil sie hier noch keinen Anschluss gefunden haben und in ihrem Weltbild noch nicht besonders gefestigt sind“, so berichtet das Blatt.
Der Islamwissenschaftler Jan Felix Engelhardt, Koordinator des Graduiertenkollegs Islamische Theologie der Stiftung Mercator, weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung des islamischen Religionsunterrichts hin, der mittlerweile in allen westdeutschen Bundesländern zumindest in Modellversuchen angeboten werde. „Den Islam an staatlichen Schulen zu unterrichten, hat dabei nicht nur den politisch erwünschten Effekt, dass die gelehrten Inhalte sich im Rahmen der gesellschaftlichen Ordnung bewegen. Der islamische Religionsunterricht ist auch ein klares Signal, dass der Islam an einem der wichtigsten Orte der deutschen Gesellschaft seinen Platz hat – an den Schulen“, so schreibt er in einem Gastbeitrag für die „Zeit“.
Solche Integrationserfolge zeigten den muslimischen Flüchtlingen, so Engelhardt, „dass sie sich nicht zwischen einem deutschen und einem muslimischen Selbstbild entscheiden müssen. Und dass muslimisches Leben in Deutschland möglich ist – vielleicht sogar besser als zurzeit in ihren Heimatländern.“
Die GEW-Vorsitzende Marlies Tepe fordert bereits: „Die Länder müssen dringend mehr Lehrerinnen und Lehrer fortbilden in Deutsch als Zweitsprache – und in interkultureller Bildung.” News4teachers
