KIEL. Als „eine überfällige Korrektur zum Wohle der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein“, bezeichnet der Vorsitzende des Philologenverbandes (PhV), Helmut Siegmon, in einer ersten Reaktion die von der CDU vorgestellten Pläne zur Wiedereinführung des neunjährigen Bildungsganges an den Gymnasien. Die GEW meint hingegen: „G8/G9 ist zurzeit an den Schulen kein Thema. Die meisten Gymnasien haben sich mit G8 arrangiert.“
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Die schleswig-holsteinische CDU will im Fall eines Wahlsiegs bei der Landtagswahl im Mai das Abitur nach neun Jahren wieder verbindlich an Gymnasien einführen. Die Argumente, mit denen sich auch die Union vor Jahren für das G8-Abitur einsetzte, seien heute nicht mehr aktuell, begründete der CDU-Landesvorsitzende und designierte Spitzenkandidat, Daniel Günther, die schulpolitische Wende seiner Partei.
Das sieht der Philologenverband genauso: „Zur Sicherung des Leistungsanspruchs fordert gymnasiale Bildung von allen Beteiligten mehr Zeit – Zeit zur Vertiefung, Zeit für Übungen, Zeit für Reifung; diese Zeit bietet ein neunjähriger Bildungsgang besser als ein achtjähriger. Es zeugt von Größe und Demut, aus Fehlern zu lernen und eine Kurskorrektur vorzunehmen. Dieser Schritt ist nachvollziehbar und notwendig – auch vor dem bundesdeutschen Hintergrund“, so begrüßte Siegmon die Pläne des CDU-Spitzenkandidaten.
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Der Pädagoge ergänzte: „Gerade im Gesamtvergleich gibt es immer mehr Bundesländer, die zu G9-Gymnasien zurückkehren, insbesondere auch, weil Eltern in allen Umfragen mit großer Mehrheit G8 ablehnen und aus vielfältigen guten Gründen für ihre Kinder eine Rückkehr zu G9 fordern. Vor dieser Entwicklung kann Schleswig-Holstein nicht die Augen verschließen, zudem auch keine wissenschaftliche Studie bekannt ist, die G8 gegenüber G9 den Vorzug geben würde.“ Siegmon betonte: „Die Umstellung in Niedersachsen zeigt, dass die Rückkehr zu G9 leichter zu bewerkstelligen ist und weniger curricularen Umstellungsaufwand erfordert, als die G8-Protagonisten der Koalition glauben machen wollen. Wenn man einen Fehler nicht korrigiert, macht man einen noch größeren Fehler.“
GEW: “Unnötige Unruhe”
Bei der GEW hingegen herrscht Unverständnis über die CDU-Pläne. Die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke erklärte: „Eine Rückkehr zu G9 würde an den Schulen nur unnötige Unruhe bringen. Wir können doch nicht von Wahlperiode zu Wahlperiode das Bildungssystem in elementaren Punkten grundlegend umkrempeln. Wichtiger als ein Wechsel von G8 zu G9 sind bessere Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte und bessere Lernbedingungen für Schülerinnen und Schüler. “ Wünschenswert sei aus ihrer Sicht perspektivisch eine flexiblere Gestaltung der Oberstufe statt der verkürzten Schulzeit in der Mittelstufe.
Astrid Henke verwies noch darauf, dass es in Schleswig-Holstein ja durchaus möglich sei, über die Gemeinschaftsschule oder über die Gemeinschaftsschule in Kombination mit dem beruflichen Gymnasium zum Abitur nach neun Jahren zu kommen. Agentur für Bildungsjournalismus