BERLIN. Bund und Länder verhandeln derzeit über «digitale Klassenzimmer». Es geht um viel Geld und gute Pädagogik-Konzepte. Kultusminister-Chefin Eisenmann ist zuversichtlich, dass dabei Sinnvolles herauskommt. Am Ende sei aber der alte Goethe immer noch wichtiger als Steve Jobs.
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In Verhandlungen mit der schwarz-roten Bundesregierung wollen die Bundesländer dieses Jahr sicherstellen, dass alle 40.000 Schulen in Deutschland so rasch wie möglich mit digitaler Technik und sinnvollen Lernkonzepten ausgestattet werden können. «Es gibt bei der Digitalisierung im ganzen Land an den Schulen Handlungsbedarf», sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Susanne Eisenmann (CDU), auf Anfrage. «Die KMK sollte daher ihr Ziel nicht zu zurückhaltend definieren. Sonst kommt man nie voran.»
Die Länderminister hatten im Dezember beschlossen, möglichst jedem Schüler bis 2021 Internetzugang und «digitale Lernumgebung» an seiner Schule zur Verfügung zu stellen. Diesen Fünf-Jahre-Zeitraum halte sie «für eine gute Ansage», bekräftigte die baden-württembergische Bildungsministerin. «Die Länder sind jetzt gefordert, sich die Digitalisierungs-Strategie der KMK in ihren Zuständigkeitsbereichen vorzunehmen und dann umzusetzen.»
Die 16 Bundesländer sollen nach bisheriger Planung pädagogische Konzepte für digitale Bildung realisieren, Aus- und Fortbildung der Lehrer sicherstellen und sich um gemeinsame technische Standards kümmern. Neben diesen «Hausaufgaben» der KMK geht es in den Ende Januar angelaufenen Gesprächen um die von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) angebotenen fünf Milliarden Euro als Anschub für die Ausstattung der Schulen mit digitaler Infrastruktur. Wanka hatte ihre «Digitalpakt»-Initiative im Oktober gestartet und versichert, die Bildungshoheit der Länder im Schulbereich sei nicht tangiert.
Zur Streitfrage, ob die nach Expertenschätzung viele Milliarden Euro teure Sanierung von Schulgebäuden nicht Vorrang vor «digitalen Klassenzimmern» haben müsse, sagte Eisenmann: «Wir müssen aufpassen, dass wir das eine tun und das andere nicht lassen. Natürlich brauchen Schüler und Lehrer inspirierende Räume, ein motivierendes Umfeld. Aber eben auch funktionierende, zeitgemäße Technik.»
Letztlich gelte es ohnehin immer zu überlegen, wo der Einsatz digitaler Medien im Unterricht sinnvoll ist und wo nicht. «Natürlich geht es um Medienbildung, um einen sinnvollen, verantwortungsvollen Umgang mit Medien», betonte Eisenmann. «Aber zur Vermittlung des Wertes von Demokratie, zur Abwehr von “Fake News” braucht man nicht nur neue Computer, sondern zum Beispiel guten Geschichtsunterricht. Vielleicht ist am Ende der alte Goethe doch wichtiger als die Biografie von Steve Jobs.»
Ob eine flächendeckende Ausstattung von Schulklassen mit Laptops sinnvoller ist als die Nutzung von eigenen Smartphones der Schüler, wollte Eisenmann nicht als KMK-Chefin beurteilen. Ein Laptop sei wohl vielfältiger einsetzbar. «Ich persönlich bin eher skeptisch, ob jeder Schüler nun seinen eigenen Computer mitbringen sollte. Das müssen aber letztlich die Länder einzeln entscheiden, da wird die KMK keine Vorgaben machen», sagte die Stuttgarter Ministerin. Die Bundesländer schauten sich auch bei diesem Thema intensiv gegenseitig über die Schulter. «Denn es gibt noch viele offene Fragen, zum Beispiel bei Datenschutz und Chancengleichheit im Unterricht.» Von Werner Herpell, dpa