Die Wellen schlagen – mal wieder – hoch im Schulapparat der Bundeshauptstadt. Dort ist nämlich der Entwurf der Bildungsverwaltung, mit dem die Fortbildungen für Lehrkräfte neu geregelt werden sollen, öffentlich geworden. Und das Papier hat es in sich: Vorgesehen ist nämlich, so berichtet die „Berliner Zeitung“, ein neuartiges Punktesystem.
Acht Punkte müsse ein Vollzeit-Lehrer pro Schuljahr sammeln. Für Ganztagsveranstaltungen mit Vortrags- und Seminarcharakter gebe es vier Punkte, für Halbtagsveranstaltungen zwei Punkte, für Vorträge von mindestens zwei Stunden einen Punkt. Erfasst werden soll der „Kontostand“ dann von der jeweiligen Schulleitung. Dazu kommt, dass vor allem die drei letzten Werktage der Sommerferien für Fortbildungen genutzt werden sollen. Dann müssten Lehrer ohnehin in der Schule präsent sein, heißt es. „Wer einen Tag am Ende der Sommerferien und dann den Studientag nutzt, kommt schon auf acht Punkte“, so rechnete eine Sprecherin der Bildungsverwaltung gegenüber der Zeitung vor.
In dem Entwurf, der auch dem „Tagesspiegel“ vorliegt, heißt es, Lehrer hätten „das Recht und die Pflicht“, an Fortbildungen teilzunehmen. Wenn ein Schulleiter einem Lehrer eine Fortbildung verwehre, müsse er das begründen. „Ein hoher Verwaltungsaufwand entsteht nicht“, erklärte die Sprecherin dem Bericht zufolge. Die Schulleitung könne einfach eine Tabelle führen, in der sie die erzielten Punkte einträgt.
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Die GEW hingegen nennt den Entwurf ein „Bürokratiemonster“, das zu einer „enormen Mehrbelastung“ der Schulleiter führe. Die Verwaltung solle die neue Verordnung zurückziehen, fordert die Gewerkschaft – und verweist auf die aktuelle Belastungssituation. „Die Arbeitsbedingungen in der Berliner Schule haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert, während die Aufgaben immer umfangreicher geworden sind“, erklärt Thomas Schmidt aus der GEW-Bezirksleitung Tempelhof-Schöneberg. Neue pädagogische Herausforderungen wie die Inklusion und die Integration der vielen Geflüchteten müssten bei einem Mangel an Fachkräften und übervollen Klassen bewältigt werden – und das mit einer immer größeren Unterrichtsverpflichtung, bemängelt Schmidt.
“Eher zurückhaltend”
Auch in Baden-Württemberg zeichnet sich eine Verschärfung der Fortbildungsregelungen für Lehrkräfte an – Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) liebäugelt mit einer Pflicht zur beruflichen Weiterbildung fürs pädagogische Personal, wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtet. Bisher seien die Lehrer im Ländle „eher zurückhaltend“, was Fortbildungen angeht, heißt es. Etwa jeder Dritte habe im vergangenen Jahr an einer zentralen Veranstaltung teilgenommen, sagte eine Sprecherin Eisenmanns gegenüber der Zeitung. Aber eigentlich fehle ein Überblick. Zu zentralen Veranstaltungen der Akademien kämen regionale Angebote der Schulämter. Wie viele und welche es da gebe, sei nicht genau bekannt, so die Sprecherin laut Bericht.
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„Der Ball liegt ausschließlich bei uns“, so zitiert die Zeitung die Kultusministerin, die damit die Verantwortung für die wahrscheinlich nicht allzu hohe Fortbildungsquote übernehme. Eisenmann: „Die Qualität muss besser werden.“ Ein neues „Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung“ soll dem Wildwuchs von Angeboten ein Ende setzen – und bedarfsgerechte Fortbildungen anbieten. Ob und wie die Teilnahme von Lehrkräften daran dann kontrolliert werden soll, ist allerdings offen.
Berlin ist hier offenkundig weiter: Acht Punkte pro Schuljahr seien „ein gutes Maß“, das bereits mit zwei Studientagen zu erfüllen sei, heißt es bei der Bildungsverwaltung. Und was passiert, wenn ein Lehrer die Punktzahl nicht erreicht? Das betreffe dann „den Bereich der Erfüllung der Dienstpflichten“. Hieraus werde die Schulleitung “im üblichen Verfahren” reagieren, antwortete die Behördensprecherin dem „Tagesspiegel“ zufolge. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus