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Liebe LeserInnen, sollen wir gendern – oder lieber nicht? Deutschland ist in dieser Frage gespalten

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BERLIN. In der Bildung wird eifrig “gegendert” – ob KollegInnen, Schüler*innen oder Studierede, an Hochschulen und Schulen sind vielerlei Formen zu finden. Laut einer Umfrage findet geschlechtergerechte Sprache aber keine mehrheitliche Zustimmung unter den Deutschen – sie ist höchst umstritten. Auffällig sind auch die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und Altersklassen.

Die Geschlechter-Verwirrung hat offenbar nicht nur die deutschsprachigen Hochschulen erreicht – Beispiel aus London. Foto: flickr / Cory Doctorow (CC BY-SA 2.0)

Am hartnäckigsten sind so mache Landesverbände der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). “Die GEW Bayern fordert Maßnahmen um den Lehrer*innenmangel zu beheben!”, so heißt es etwa in einer Pressemitteilung. “Die Unterrichtsqualität kann sinken, weil die Kolleg*innen, die sich einer Zweitqualifizierung aussetzen, nicht vernünftig weitergebildet werden”, so wird darin ein (weibliches) Mitglied des Vorstands zitiert, und man fragt sich als Leser des Textes, wie die angeblich wörtlich wiedergegebene das denn ausgesprochen hat? “Kolleg-Sternchen-innen”? “Kolleg-(Pause)-innen?” Oder einfach “Kolleginnen”?

So oder so – an der Mehrheit der Menschen in Deutschland geht die im “Gendern” enthaltene Botschaft offenbar vorbei. Nur eine Minderheit der Erwachsenen in Deutschland spricht sich einer Umfrage zufolge für eine geschlechtergerechte Sprache aus. Nur wenige benutzen außerdem im eigenen Schriftverkehr bewusst geschlechtsneutrale Wörter wie etwa Studierende statt Stundenten. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.

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Gendern, umbenennen, verklausulieren: Wie sehr wir unter der „political correctness“ leiden

Auf die Frage, wie sie zur Sprache etwa mit Binnen-I oder Sternchen (Beispiel: KollegInnen, Schüler*innen) stehen, gaben 42 Prozent eine ablehnende Antwort: 19 Prozent lehnen es „voll und ganz“ ab, 23 Prozent lehnen es „eher“ ab. 14 Prozent befürworten diese Art von Formulierung „voll und ganz“, 23 Prozent befürworten sie „eher“. Jede(r) fünfte Befragte (21 Prozent) machte keine genaue Angabe.

Wohl kein Wunder bei diesem Thema: Voll befürwortend sind eher Frauen (15 Prozent) als Männer (12 Prozent). Bei den stark Ablehnenden („voll und ganz“) liegen Männer (23 Prozent) weit vor Frauen (14 Prozent).

Unterschiede gibt es auch nach Altersklassen: So sind die Extremhaltungen am ehesten in den mittleren Altersklassen zu finden: besonders überzeugte Ablehnende gibt es in den Gruppen der Menschen zwischen 35 und 44 Jahren (21 Prozent) und zwischen 45 und 54 (20 Prozent). Bei den Menschen über 55 lehnen es 19 Prozent ab, bei den Jungen dagegen nur 12 Prozent (18 bis 24 Jahre) beziehungsweise 18 Prozent (25 bis 34 Jahre).

Auf die Frage, ob sie im Schriftverkehr bewusst geschlechtsneutrale Wörter verwendeten, gab ein Drittel aller Befragten an (32 Prozent), dies „nie“ zu tun. „Selten“ sagten 37 Prozent, „häufig“ 14 Prozent. Lediglich fünf Prozent sagten, dies „immer“ zu tun. Der Rest machte keine Angabe.

Unsichtbare Geschlechter

“Sprache hat die Kraft, gesellschaftliche Normen – wie Geschlechterrollen – zu hinterfragen und zu verändern. Darum setzen wir uns für eine geschlechtersensible Sprache ein – in geschriebener und gesprochener Form”, so heißt es bei der GEW. In einer Broschüre zum Thema, die die Gewerkschaft herausgegeben hat, ist zu lesen: “Das so genannte generische Maskulinum macht das weibliche wie auch weitere Geschlechter und Geschlechtsidentitäten unsichtbar. Darüber hinaus ist diese Form missverständlich, da die maskuline Form ebenfalls verwendet wird, um ausschließlich Männer zu bezeichnen.” Eine geschlechterbewusste Sprache bilde die gesellschaftliche Vielfalt und unterschiedliche Lebensformen ab. Sie sei ein wichtiger Schritt, “um Stereotype und Rollenklischees zu vermeiden und um gesellschaftliche Machtverhältnisse und Privilegien sichtbar zu machen”. Und weil es auch Menschen gibt, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen, ist eine Sprache nach bisherigem Regelwerk für die GEW keine Lösung: “Der Stern am Ende von Trans* und Inter* zeigt an, dass es sich um Oberbegriffe für Geschlechter und Geschlechtsidentitäten handelt, die sich zum Bereich der Trans*- oder Inter*geschlechtlichkeit zählen.”

Ist News4teachers denn nicht am Thema Gleichstellung interessiert? Schließlich “gendern” wir nicht. “Doch, sind wir”, so beteuert die Redaktion in der Rubrik “Über uns”. “Trotzdem verwenden wir häufig die männliche Form – wie in der deutschen Sprache üblich – für beide Geschlechter betreffende Bezeichnungen. Schlicht der besseren Lesbarkeit halber.” Für die GEW ist das eine Mogelpackung. Sie sagt: „’Frauen sind mitgemeint’“ ist von gestern.” News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zur GEW-Broschüre “Eine Sprache, die alle anspricht”.

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