Website-Icon News4teachers

Meldepflicht für antisemitische Vorfälle – Unterschiedliche Ansichten in Bund und Ländern

Anzeige

BIELEFELD/BERLIN/WIESBADEN. Sollen Schulen verpflichtet werden, antisemitische Mobbingfälle zu melden? Mit entsprechenden Vorschlägen hat CDU-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Währende NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) nicht viel von einer Meldepflicht hält, kündigt Hessens Kultusminister Lorz (CDU) einen entsprechenden Erlass an. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (CDU) verweist auf konkrete Unterstützung des Bundes.

Mit der Idee einer Meldepflicht für antisemitische Mobbingfälle an Schulen hat Volker Kauder, CDU-Fraktionschef im Bundestag, vielfältige Reaktionen geerntet. Überwiegt bei Bundespolitikern die Zustimmung, bleiben die Landesminister verhaltener. Zuletzt hatte sich das nordrhein-westfälische Schulministerium kritisch geäußert.

An der von Volker Kauder ins Spiel gebrachten Meldepflicht für antisemitische Mobbingvorfälle an Schulen scheiden sich die Geister. Foto: Fotografinː Laurence Chaperon / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

In einem Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen sagte Schulministerin Yvonne Genauer (FDP), dass “die Frage der Meldepflicht nicht entscheidend” sei. Vielmehr gilt aus ihrer Sicht, “die Schulen bei ihrer Präventionsarbeit zu unterstützen, um derartige Vorfälle zu verhindern”. Auch der deutsch-israelische Historiker Michael Wolffsohn hatte sich skeptisch gegenüber dem Sinn eine Meldepflicht gezeigt.

Anzeige

Gebauer strich Schulprojekte heraus, die landesweit zur Vorbeugung laufen. “Die Vermittlung demokratischer Grundwerte ist eine wichtige Aufgabe”, sagte sie. “Unsere Schulen nehmen diese Herausforderung mit großem Engagement an.” Das zeigten die vielen Programme, die es zu dem Thema gebe. “Allen Beteiligten an unseren Schulen gebührt für diese Arbeit Dank und Anerkennung.”

Kauder fordert Meldepflicht für antisemitische Vorfälle an Schulen

Die Verantwortung geht laut Gebauer über die Lehrerschaft hinaus. So sei “die Vermittlung von demokratischen Grundwerten nicht allein die Aufgabe von Schule”. Auch das Elternhaus sei gefordert, “wenn es darum geht, junge Menschen vor Radikalisierung und Extremismus zu schützen”, sagte die FDP-Politikerin.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat indes an die Schulen appelliert, jeden Fall von Antisemitismus, Radikalisierung, Rassismus und offenem Hass den Schulbehörden zu melden und aufzuarbeiten. «Viele Schulen scheuen davor zurück, weil sie eine Stigmatisierung fürchten, wenn sie mit vielen Fällen in der Statistik auftauchen», sagte die SPD-Politikerin der «Passauer Neuen Presse» (Samstag). «Davon müssen wir wegkommen. Eine Schule, die Gewaltvorfälle meldet, ist eine Schule, in der damit konsequent umgegangen wird und in der die Probleme aufgearbeitet werden.»

Giffey sagte, Schulen und Lehrkräfte bräuchten Unterstützung und Partner. 20 Millionen Euro stünden dafür dieses Jahr zur Verfügung: „Wir schicken über 170 “Anti-Mobbing-Profis” an jene Schulen, die Probleme haben.» Diese würden direkt mit den Schülern arbeiten. Nötig seien Dialog und Gespräche sowie das Durchsetzen klarer Regeln.

Auch Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) verwies zum Thema auf bereits laufende Präventiosnprojekte, will die Lehrer und Verantwortlichen an den Schulen im Land aber noch stärker für antisemitische Vorfälle sensibilisieren. Deutschland stehe vor dem Hintergrund seiner Geschichte in einer besonderen Verantwortung für das heutige jüdische Leben, betonte der Minister in Wiesbaden. «Dieser müssen und wollen wir auf allen erdenklichen Wegen Rechnung tragen.»

Deshalb werde es in Kürze einen Erlass des Ministeriums geben, der alle Schulen auffordert, wachsam und sensibel zu sein und etwaige Vorfälle zu melden, kündigte der Vizepräsident der Kultusministerkonferenz an. Im Bedarfsfall würden die Schulen auch Unterstützung durch die Staatlichen Schulämter und das Kultusministerium erhalten.

Hintergrund der Debatte sind antisemitische Vorfällen und religiöses Mobbing an einer Grundschule in Berlin. Dort war eine Zweitklässlerin von älteren Schülern aus muslimischen Familien wegen ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit beschimpft worden. (ots, dpa)

Wolffsohn sieht einen Zusammenhang zwischen Antisemitismus und Flüchtlingskrise

Anzeige
Die mobile Version verlassen