DÜSSELDORF. Es nütze nichts, dieser Stoßseufzer entfuhr Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann angesichts des schlechten Abschneidens ihres Bundeslandes beim jüngsten IQB-Viertklässlervergleich, nur mehr Geld in die Grundschulen zu stecken. Neue Konzepte müssten her. Ähnlich wie die damalige KMK-Präsidentin reagierte auch NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer – und handelte sich damit harschen Widerspruch ein. Der VBE präsentierte Gebauer nun eine Petition, mit der viele Grundschulkollegien ihrem Ärger Luft machen. Sie fordern darin bessere Bedingungen – keine neuen Konzepte.
Die Reaktion der Ministerin kam prompt – und ärgerte viele Grundschullehrer. Yvonne Gebauer (FDP), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, erklärte im vergangenen Oktober angesichts mäßiger Testergebnisse der nordrhein-westfälischen Viertklässler im IQB-Bundesländervergleich: „Wir müssen einen Masterplan Grundschule erarbeiten“. Der Rechtschreibunterricht an den Grundschulen solle verbindlicher werden. Die umstrittene Methode “Lesen durch Schreiben” werde begrenzt. Sie wolle zudem einen verbindlichen Grundwortschatz für die Grundschulen einführen. Außerdem kündigte sie an, das Grundschul-Englisch auf den Prüfstand zu stellen.
Der VBE reagierte schon damals empört. „Sie vermitteln den Eindruck, die Methoden, mit denen an Grundschulen gearbeitet wird, sind falsch bzw. die Lehrkräfte setzen diese nicht richtig ein (…). Gleichzeitig erwecken Sie den Eindruck, die Lösung der Probleme ist gar nicht so schwierig: Wir führen in den Grundschulen in NRW flächendeckend wieder den Fibel-Unterricht ein, dann klappt es wieder besser mit dem Lesen und dem Zuhören“, schrieb der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann in einem offenen Brief an Gebauer.
Gleichzeitig startete der Verband eine Petition, mit der die Ministerin dazu gebracht werden sollte, „die Grundschulen endlich besser zu unterstützten“. Jetzt – ein halbes Jahr später – hat sich die VBE-Landesspitze mit Gebauer getroffen, um die Ergebnisse zu präsentieren. „19.451 Unterschriften und insbesondere die Kommentare zeigen, dass wir den Nerv in den Lehrerzimmern mit der Aktion treffen. Kleinere Klassen, eine bessere Ausstattung und zusätzliches Personal würden die Unterrichtsqualität erhöhen und die Kollegen entlasten“, erklärte Anne Deimel, stellvertretende VBE-Landesvorsitzende. Sie fordert Gebauer auf, einen „Masterplan Grundschule“ umzusetzen, der die Wertschätzung der Arbeit der Grundschullehrkräfte im Fokus habe. Was die Kollegien vor Ort in Rage bringt, wird in den Kommentaren zur Petition deutlich.
Darin heißt es:
- „Unsere Professionalität wird in Frage gestellt, dementsprechend sind wir auch die letzten die gefragt werden, wenn es um sinnvolle Rahmenbedingungen geht. Als hätten wir keine Ahnung von unserem Job und bräuchten mal ein paar pädagogische und didaktische Tipps.“
- „Wenn wir die erste Ausbildung unserer Kinder nicht mehr wertschätzen, dann wird sich die Schere zwischen bildungsnaher und bildungsferner Bevölkerung immer weiter öffnen. Die sich daraus entwickelnde Problematik kostet viel mehr als eine Investition in die Grundschulen. Selbst wenn jeder Grundschullehrer das doppelte Gehalt bekäme!“
- „Mir ist diese Petition wichtig, damit sich mehr junge Menschen für den eigentlich wunderbaren Beruf des Lehrers / der Lehrerin an einer Grundschule interessieren und dementsprechend wieder mehr Qualifizierte Interesse an einem Funktionsamt entwickeln.“
- „Die Methode, mit der ich den Kindern das Lesen und Schreiben beibringe, ist gerade mein geringstes Problem, denn da verfüge ich über genügend Kompetenz und Erfahrung – und eine Fibel als Patentlösung brauche ich ganz sicher nicht.“
- „Seit über 25 Jahren bin ich als Grundschullehrerin tätig – und zwar mit Leib und Seele. Ich stelle allerdings fest, dass mich genau das immer stärker an die eigene Belastungsgrenze bringt. “
- „Weil der vorangegangene Brandbrief mir aus tiefster Seele spricht!“
- „Weil das Unterrichten an den Grundschulen mittlerweile unzumutbar geworden ist.“
- „Weil uns an den Grundschulen langsam die Luft ausgeht…“
- „Weil ich sehr engagiert und grundsätzlich gerne Lehrerin bin, aber bei diesen Rahmenbedingungen so langsam meine Freude an dem Beruf verliere.“
Immerhin: Dass Gebauer sich Zeit für ein Treffen nahm, wertet der VBE als positives Signal. „Ohne ein offenes Ohr für die Personen aus der Praxis kann die weltbeste Bildung nicht gelingen. Ändern müssen sich die Arbeitsbedingungen und nicht die Lehr-Methoden“, erklärte Deimel. News4teachers
Hier geht es zu der Onlinepetition und den Kommentaren der Unterzeichner.