DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat den Startschuss für eine landesweite Werbekampagne für den Lehrerberuf gegeben – Motto: „Schlau machen – Lehrer werden“. Gebauer betonte, dass der gegenwärtige Lehrermangel es notwendig mache, gezielt und offensiv um Nachwuchs zu werben: „Lehrerin oder Lehrer in NRW zu werden heißt, einen Beruf mit besten Zukunftsaussichten zu ergreifen. Darauf möchten wir auf allen Kanälen und mit verschiedenen Mitteln aufmerksam machen.“ Die Lehrerverbände äußerten sich skeptisch bis ablehnend.
„Lehrer sorgen dafür, dass unsere Kinder mit einer der wichtigsten Ressourcen ausgestattet werden, die wir in Deutschland haben: Wissen. Unser Ziel, den Schülerinnen und Schülern in NRW die beste Bildung zu bieten, können wir nur mit gut ausgebildeten Lehrkräften umsetzen“, sagte Gebauer bei der Präsentation eines Plakates vor dem Düsseldorfer Landtag. Das Schulministerium geht davon aus, dass an Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen und Förderschulen in den nächsten zehn Jahren kumuliert rund 15.000 Lehrkräfte fehlen – während an Gymnasien und Gesamtschulen ein Bewerberüberhang von rechnerisch 16.000 Lehrkräften herrscht.
Die breit angelegte Lehrerwerbe- und Informationskampagne solle helfen, den Lehrernachwuchs „treffsicher, bedarfsgerecht und langfristig“ zu sichern, teilte das Ministerium mit. Und: „Als Wertschätzung für alle Lehrkräfte in NRW soll sie zudem in der Bevölkerung das Bewusstsein für die wichtige Arbeit unserer Lehrkräfte stärken.“ Die schwarz-gelbe Landesregierung stellt dazu in diesem Jahr zwei Millionen Euro zur Verfügung.
Auf verschiedenen Kanälen – klassische Plakate im öffentlichen Raum, Postkarten, Anzeigen in der Presse sowie in Onlinemedien und den sozialen Netzwerken – soll die Kampagne die einzelnen Zielgruppen ansprechen: Schüler beziehungsweise Abiturienten, Studierende sowie Interessierte an einem Seiteneinstieg in das Lehramt. Die Kampagne ist auf mehrere Stufen angelegt: „Um zum Auftakt Aufmerksamkeit zu erzeugen, nutzen wir farbkräftige Plakate, Karten und Online-Anzeigen. Die kurzen, durchaus auch mal augenzwinkernden Sprüche wecken Interesse und drücken gleichzeitig aus, dass wir wissen, was wir an unseren Lehrerinnen und Lehrern haben“, erklärte Gebauer. In einem zweiten Schritt werden als lebensnahe Botschafter für den Beruf bereits tätige Lehrerinnen und Lehrer zu Wort kommen. Sie könnten glaubhaft beschreiben, warum es sich lohnt, den Lehrerberuf zu ergreifen. Das Motto „Werde Influencer einer neuen Generation“ spreche dabei vor allem junge Menschen an, die sich im Entscheidungsprozess ihrer Studien- und Berufswahl befinden.
“Begrenzt wirksam”
Die GEW unterstützt nach eigenen Worten die Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung, hält sie aber für begrenzt wirksam. „Die beste Werbekampagne für Lehrkräfte wird nicht viel bewirken, wenn nicht endlich mehr für die Attraktivität des Berufs getan wird. Das betrifft die Arbeitszeit, die Arbeitsbedingungen und eine bessere und gerechte Bezahlung“, sagte die Landesvorsitzende der GEW, Dorothea Schäfer.
Der VBE schlug in dieselbe Kerbe. „Coole Slogans allein reichen nicht, um ausreichend junge Menschen für den Beruf zu begeistern. Die mit Sicherheit effektivste Kampagne müsste endlich den gleichen Lohn für gleiche Arbeit und angemessene Arbeitsbedingungen beinhalten“, erklärte VBE-Landesvorsitzender Stefan Behlau. „Beispiele aus anderen Ländern zeigen, wie effektiv eine Kampagne sein kann, wenn echte Verbesserungen realisiert werden – ein Blick nach Brandenburg oder Sachsen lohnt sich hier“, sagte er. Brandenburg und Sachsen haben angesichts des Lehrermangels insbesondere an den Grundschulen angekündigt, Grundschullehrkräfte künftig wie Gymasiallehrkräfte nach A13 beziehungsweise E13 bezahlen. Auch Schleswig-Holstein will die Bezüge von Grundschullehrerinnen und -lehrer schrittweise angleichen. Behlau: „NRW muss am Ball bleiben, wenn die Lehrer im Land bleiben sollen.“
„Die heute vorgestellte Kampagne macht Lehrerwerbung mit dem Holzhammer. Sie nimmt nicht das Substanzielle des Lehrerberufs in den Blick“, meint Brigitte Balbach, Vorsitzende des Verbands lehrer nrw. „Schon der immer wieder auftauchende Begriff ‘Influencer‘ ist problematisch. Lehrkräfte sollen und wollen keine Beeinflusser sein, sondern Impulsgeber, Wegweiser und kritische Unterstützer, die Schüler zu selbstständigem Denken animieren und zu einer breiten Bildung führen“, sagt Balbach und betont: „Wer junge Menschen für den Lehrerberuf gewinnen will, muss an zwei Stellschrauben drehen – der Bezahlung und den Rahmenbedingungen.“ Es sei sehr enttäuschend, dass die Schulministerin das Besoldungsthema heute mit keinem Wort erwähnt habe. News4teachers