In Syrien haben sie Chemie, Englisch oder Französisch unterrichtet, jetzt wollen sie in Deutschland wieder in einer Schule arbeiten: An der Ruhr-Universität Bochum werden geflüchtete Lehrer und Lehrerinnen fit für den Einsatz an nordrhein-westfälischen Schulen gemacht. Am Montag hat die erste Runde des Projekts «Lehrkräfte Plus» mit 25 überwiegend syrischen Teilnehmern begonnen.
Ein Jahr lang bekommen die in ihren Heimatländern ausgebildeten Lehrer Sprachunterricht, werden fachlich geschult und hospitieren an Schulen. Das Projekt, bei dem auch die Bertelsmann-Stiftung und die Stiftung Mercator mitarbeiten, konzentriert sich auf die Fächer Englisch, Mathe, Französisch, Chemie und Physik an Haupt-, Real- und Gesamtschulen. Vorbild ist ein gleichnamiges, seit August laufendes Programm an der Uni Bielefeld – Teilnehmer können später zunächst etwa als Vertretungslehrer, also in befristeter Anstellung, arbeiten.
NRW müsse allen Bürgern die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und einen Aufstieg geben, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). «Schule in einer globalisierten Welt benötigt Lehrer und Lehrerinnen mit besonderen Kompetenzen.» In NRW leben laut der Ministerin Menschen aus 190 Herkunftsländern.
Die Schüler «immer im Kopf»
Viele Teilnehmer habe eine einfache Antwort auf die Frage nach ihrer Motivation: «Weil ich ein Lehrer bin», sagte zum Beispiel Deaa Joha. In Syrien habe er drei Jahre als Chemielehrer gearbeitet. Respekt vor der Aufgabe hat der 32-Jährige dennoch: «Das wird nicht einfach.» Anders als in Syrien müssten Lehrer hier auch mit Eltern reden, zuhause arbeiten und hätten die Schüler «immer im Kopf».
Auch Mohammad Altaher weiß um die Unterschiede. Aber: «Wenn ich mit den Schülern bin, bin ich glücklich.» Vor allem in Deutsch müsse er aber noch besser werden, sagte der 30-jährige Englischlehrer.
In vielen der Herkunftsländer werde oftmals frontal unterrichtet, in Deutschland werde viel in Gruppen gelernt, ergänzte die Projektleiterin an der Ruhr-Universität, Gabriele Bellenberg. Rund 470 Menschen hätten sich für das Projekt in Bochum beworben.
Der VBE-Vorsitzende in NRW, Stefan Behlau, sieht Chancen des Projekts vor allem im Unterricht von Flüchtlingskindern: Geflüchtete Lehrer würden die Lebenswirklichkeit dieser Schüler genau kennen und könnten deshalb Probleme erkennen und ihnen angemessen begegnen, sagte Behlau der dpa. Die GEW in NRW sieht das ähnlich: «Das Programm könnte auch ein effektiver Beitrag gegen den Lehrkräftemangel werden», ergänzte GEW-Sprecher Berthold Paschert. dpa
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