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Studie: Aus Narzissten werden leicht Choleriker

BERLIN. Immer mehr Kinder sind heutzutage krankhaft selbstverliebt, legen Studien nahe. Narzisstisches Verhalten und Überschätzung der eigenen Intelligenz stehen dabei in enger Beziehung, belegt jetzt eine Untersuchung aus Australien und Polen. Daraus könnte sich ein dauerhaftes Wutgefühl entwickeln.

Der Umgang mit aufbrausenden Schülern ist für Lehrer nicht immer einfach – für die Schüler selbst allerdings auch nicht. Von jungen Menschen, die zu Wutausbrüchen neigen, verlangt das schulische Zusammenleben oft ein hohes Maß an Selbstbeherrschung. Phlegmatischeren Naturen fällt es naturgemäß leichter, sich an das Schulleben anzupassen.

Die Forschungsergebnisse legen nah, dass sich Narzissten Ihrer Umwelt gegenüber als intellektuell überlegen betrachten und in Wut geraten, wenn ihre Umwelt diese Einschätzung nicht teilt. Daraus könnte ein dauerhaftes Wutgefühl entstehen. Foto: PourquoiPas / Pixabay (CC0)

Die Auseinandersetzung mit ungezügelt wütenden Jugendlichen könnte für Lehrer in Zukunft häufiger werden. „Anpassung“ scheint als Erziehungsziel heutiger Eltern weit in den Hintergrund gerückt. Einige Studien steigern sich zu dem Befund, heutige Kinder würden überwiegend zu kleinen Narzissten erzogen, die sich anderen überlegen fühlten und eine Sonderbehandlung erwarteten.

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Erziehung: Immer mehr Kinder sind krankhaft selbstverliebt

Den Zusammenhang von Narzissmus, charakterbedingter Wut und Selbsteinschätzung haben jetzt Wissenschaftler der Universitäten Perth und Warschau untersucht. Menschen, die ihre Beherrschung schnell verlieren, tendieren dazu, ihre eigene Intelligenz zu überschätzen, fanden sie heraus.

Die Wissenschaftler haben die Rolle von charakterbedingter Wut (also Menschen, die aufgrund einer Veranlagung wütend werden) bei gleichzeitiger Überschätzung der kognitiven Fähigkeiten bei Bachelorstudienten in Warschau untersucht. Die Teilnehmer wurden darum gebeten, Fragen zu beantworten, die Rückschlüsse auf charakterbedingte Wut, mentale Stabilität und Narzissmus zuließen. Sie sollten darüber hinaus ihre Intelligenz auf einer 25-Punkte-Skala selbst bewerten. Anschließend nahmen sie an einem standardisierten Intelligenztest teil.

Studie: Jugend in West- und Ostdeutschland gleichermaßen narzisstisch

Für Gilles Gignac von der University of Western Australia, mit Marcin Zajenkowski von der University of Warsaw Co-Autor der Studie, ist die Beziehung zwischen dem Persönlichkeitsmerkmal, schnell gereizt zu sein – bei kleinen und großen Anlässen – und der Wahrnehmung der eigenen Intelligenz insbesondere in einer Hinsicht „interessant“: Wut könne in manchen Fällen die Konsequenz von verminderter emotionaler Stabilität, beispielsweise von Ängsten, sein. „In manchen Fällen“, so Cignac, „ist es aber nicht Angst, die Frustration, Boshaftigkeit oder Wutausbrüche schürt. Hier scheint der Grund Narzissmus zu sein“. Entsprechend bewerten die Narzissten auf Nachfrage ihre Intelligenz besonders hoch.

Die Ergebnisse dieser Studie beantworteten demnach vor allem Fragen zu den dynamischen Prozessen zwischen Zorn, emotionaler Stabilität und Narzissmus. Durch das bessere Verständnis von charakterbedingten Wutausbrüchen können Lehrer, Pflegepersonal und die Gesellschaft lernen, besser mit ihnen umzugehen.

Die Studie führe überdies zu einigen Spekulationen, die künftig erforscht werden sollten. „Die Hauptpersönlichkeitsstörung des Narzissten bzw. des grandiosen Narzissten ist eine übertriebene positive Selbstwahrnehmung,” sagt Gignac. „Es ist also nicht allzu überraschend, dass wir eine Verbindung zwischen den Narzissten und der Überschätzung der eigenen Intelligenz sehen”.

„Das Interessante aber ist, dass die charakterbedingte Wut in diesem Prozess wohl auch eine Rolle spielt. Es wird vermutet, dass sich bei vielen grandiosen Narzissten dieses Wutgefühl mit der Zeit entwickelt, wenn ihnen langsam bewußt wird, dass es einen Unterschied zwischen der eigenen Wahrnehmung ihrer eingebildeten Großartigkeit und ihren tatsächlichen Leistungen und Errungenschaften gibt.” (zab, pm)

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