DRESDEN. Mit Kopfnoten bewerten Lehrer in einigen Bundesländern Betragen, Fleiß, Ordnung und Mitarbeit der Schüler. Ein Jugendlicher aus Sachsen hat nun dagegen geklagt, dass sie auch auf dem Zeugnis erscheinen, mit dem man sich bewerben muss – mit Erfolg.
Für Kopfnoten in Zeugnissen von Schülern, die sich um Ausbildungsplätze bewerben, fehlt die Rechtsgrundlage. Das entschied das Verwaltungsgericht Dresden, wie es am Montag mitteilte. Nach Auffassung der Richter kann ein Schüler bei der Bewerbung um eine Lehrstelle zu Recht ein Zeugnis der 9. Klasse ohne diese Bewertung verlangen. Der Landesschülerrat forderte vor diesem Hintergrund die Abschaffung der Kopfnoten insgesamt.
In einem Dokument, das auch für Lehrbetriebe oder spätere Arbeitgeber wichtig sei, stellten Kopfnoten einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl eines Schülers dar, begründete das Gericht seine Entscheidung. Über solch wesentliche Eingriffe in Grundrechte müsse der Gesetzgeber entscheiden, im Schulgesetz aber fehle eine Norm, die Kopfnoten ausdrücklich erwähnt.
Der Oberschüler hatte auf Entfernung der Kopfnoten aus dem Zeugnis der 9. Klasse geklagt, mit dem er sich bei Unternehmen um eine Ausbildung nach dem Realschulabschluss bewerben will. Er erhält nun bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig ein Zeugnis der
9. Klasse ohne Kopfnoten, wie das Gericht mitteilte. Gegen den Beschluss im Eilverfahren ist Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht möglich.
Die Noten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung berücksichtigten «in keiner Weise» Charakter und Persönlichkeit, familiäre Situation und außerschulische Lebensumstände, sagte Landesschülersprecher Noah Wehn. Das beeinflusse aber Lernverhalten, soziale Fähigkeiten, Arbeitsbereitschaft und -einsatz sowie Verhalten im Klassenverband stark. Eine Einschätzung in Form einer Zahl zeichne ein falsches Bild. Der Lehrer habe dabei großen Ermessensspielraum, die Note sei von Außenstehenden kaum nachvollziehbar.
Nach der Wende 1989 wurden die in der DDR üblichen Kopfnoten größtenteils abgeschafft – außer in Sachsen. Dort gibt es laut “Wikipedia” immer noch Zensuren für Betragen, Fleiß, Ordnung und Mitarbeit, die von 1 bis 5 als Noten vergeben werden.
In der Bundesrepublik wurden die Kopfnoten in den 1960er und 1970er Jahren in einigen Bundesländern abgeschafft. Lediglich in Baden-Württemberg, im Saarland und in Rheinland-Pfalz blieben sie für Verhalten und Mitarbeit stets erhalten. In Hessen und Niedersachsen gibt es die Kopfnoten „Arbeitsverhalten“ und „Sozialverhalten“, die von der 3. Klasse bis zum Ende der Sekundarstufe I (im G8-Modell: Jahrgang 10 einschließlich) vergeben werden. Auch für die Abstufungen gibt es keine einheitliche Regelung. Während beispielsweise in Rheinland-Pfalz nur vier Noten vergeben werden können (sehr gut, gut, befriedigend, unbefriedigend), sind in Hessen entsprechend den Fachnoten alle Noten von sehr gut bis ungenügend möglich, in Niedersachsen gibt es dagegen statt Noten fünf unterschiedliche schriftliche Bemerkungen.
Inzwischen wurden die Kopfnoten in einigen Ländern wieder eingeführt. Zum Schuljahr 2005/2006 wurden in Bayern in der dritten und vierten Klasse der Grundschule wieder Kopfnoten vergeben. In Brandenburg werden in der Grundschule ab der dritten Klasse wieder Kopfnoten vergeben. Auch Mecklenburg-Vorpommern vergibt Kopfnoten. In Nordrhein-Westfalen wurden sie 2010 nach der Einführung im Jahr 2007 jedoch bereits wieder abgeschafft.
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Studie: Gute Kopfnoten gleichen schlechte Zensuren teilweise aus