STUTTGART. Dass der Lehrermangel und die Inklusion den Schulen in ganz Deutschland zusetzen, ist bekannt. Überraschender ist die Erkenntnis, dass die Lehrerinnen und Lehrer die Zusammenarbeit mit den Eltern als schwierig ansehen – an Grundschulen jedenfalls. Dort sieht jede dritte Lehrkraft in der Kommunikation mit den Vätern und Müttern eine besondere Herausforderung, wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Robert Bosch Stiftung ergab. An weiterführenden Schulen ist das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus offenbar entspannter. Auch in einem anderen Punkt gehen die Antworten von Grundschullehrern und ihren Kollegen in den Sekundarstufen I und II auseinander: beim Thema „A13 für alle“. Lehrer einer Schulform sind sogar mehrheitlich dagegen.
In der Umfrage wurden die Lehrkräfte offen und ohne jede Vorgabe nach den zurzeit größten Herausforderungen an ihrer Schule befragt. Am häufigsten nannten die Befragten mit 30 Prozent das Problem des Lehrermangels. Das Verhalten der Schülerinnen und Schüler gaben 23 Prozent der Lehrkräfte als eine der größten Herausforderungen an, gefolgt von der Inklusion (22 Prozent). Insgesamt 21 Prozent der befragten Lehrkräfte sehen die Kommunikation mit den Eltern als ein Problem an.
Am schwierigsten ist die Kooperation mit Eltern offenbar an Grundschulen: Jede dritte Lehrkraft sieht darin eine der größten Herausforderungen, an den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I ist es nur jede fünfte. Seltener, mit nur 15 Prozent, empfinden Lehrkräfte am Gymnasium den Austausch mit Eltern als herausfordernd.
Konflikte mit Eltern
Heinz-Peter Meidinger, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, sagte gegenüber dem Deutschen Schulportal, er sei wenig überrascht, dass die Eltern weit oben stehen in der Liste der größten Herausforderungen für Lehrkräfte: „Wenn es da zu größeren Konflikten kommt, hat das massive direkte Auswirkungen auf Schule und Unterricht und beeinträchtigt auch das Lehrerhandeln“, so Meidinger. Angesichts einer zunehmend gemischten Schüler- und damit auch heterogenen Elternschaft sei es schwierig, wenn nicht unmöglich geworden, sich ohne Weiteres mit den Eltern einer Klasse noch auf gemeinsame Erziehungsziele zu einigen, zum Beispiel im Umgang mit Computern.
Probleme mit Quereinsteigern
In Bezug auf die Bewältigung des Lehrermangels wurden die Lehrkräfte in der Forsa-Umfrage auch nach ihren Erfahrungen mit Quereinsteigern gefragt. Gut die Hälfte der Lehrkräfte (54 Prozent), die an Schulen mit Quereinsteigern unterrichten, meinen, dass es bei deren Einsatz Probleme gebe. An den Grundschulen, an denen besonders viele Quereinsteiger zum Einsatz kommen, gaben sogar 68 Prozent der Lehrkräfte an, dass damit Probleme verbunden sind.
„Der akute Mangel an Lehrkräften ist aufgrund der demografischen Entwicklung aktuell besonders stark in den Grundschulen spürbar und wird in den nächsten Jahren die weiterführenden Schulen erreichen“, erklärt Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung. Hinzu komme, dass gerade an den Grundschulen, an denen Kinder das erste Mal Lesen, Schreiben und Rechnen lernen sollen, die fehlenden didaktischen und pädagogischen Grundlagen von Quereinsteigern besonders starke Auswirkungen hätten.
Pikant: Obwohl Grundschullehrer von den Problemen Lehrermangel, Inklusion und komplizierter Elternarbeit augenscheinlich am stärksten betroffen sind, würde ihnen die Mehrzahl der Gymnasiallehrer eine höhere Eingruppierung beim Gehalt nicht gönnen. 54 Prozent der Studienräte sind dagegen, „dass alle Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen das gleiche Gehalt (A13 oder E13) bekommen“ – und nur 43 Prozent dafür. In der Lehrerschaft insgesamt zeigt sich ein anderes Meinungsbild: Drei von vier Lehrern würden eine Gleichbezahlung begrüßen.
Für die Umfrage wurden von Mitte November bis Mitte Dezember 2018 bundesweit 1.001 Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen befragt. Es handelt sich um eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa. News4teachers
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