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Schülerdemos für Klimaschutz – AfD sieht “linksideologische Meinungsmache” am Werk

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DÜSSELDORF. Schule schwänzen für den Klimaschutz – das beseelt seit Monaten Tausende junge Demonstranten. Sanktionieren? Oder belobigen? Im nordrhein-westfälischen Landtag tobte eine Grundsatzdebatte, die niemanden kalt ließ und in der die AfD wieder mal eine höchst eigene Sicht auf die Dinge offenbarte.

Seit Wochen gehen Schüler freitags auf die Straße, um gegen die ihrer Meinung nach zu lasche Klimapolitik zu demonstrieren – wie hier am 25. Januar 2019 in Berlin. Foto: C.Suthorn, Frida Eddy Prober 2019 / cc-by-sa-4.0 / commons.wikimedia.org

Rechtfertigen «hehre Ziele» das Fernbleiben vom Unterricht? Und wer definiert, was edel und gut ist? Diese Grundsatzfragen beschäftigten am Mittwoch den nordrhein-westfälischen Landtag in einer Aktuellen Stunde. Anlass: Die globale Bewegung «Fridays for Future», die seit Monaten Tausende Schüler und Studierende freitags für den Umwelt- und Klimaschutz auf die Straße bringt – und zwar während der Unterrichtszeit.

Wer dachte, alle etablierten Parteien, die in NRW schon mal eine Schulministerin stellten, würden auf jeden Fall bedingungslos die Schulpflicht verteidigen, irrte. SPD und Grüne brachen in der Debatte eine Lanze für die Schüler. SPD-Fraktionsvize Jochen Ott rief den Schulleitern zu: «Nutzen Sie die Chance einer Repolitisierung von Kindern und Jugendlichen, auf die wir so lange gewartet haben.» Schließlich seien Bewegungen in der Geschichte immer wieder Ausgangspunkt von Veränderungen gewesen.

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In dieselbe Kerbe schlug die Schulexpertin der Grünen-Fraktion, Sigrid Beer. Die Proteste seien der Beweis, dass in den Schulen gute Bildungsarbeit geleistet werde, meinte die diplomierte Pädagogin. Ihnen mit Zwangsmitteln zu drohen, entbehre jeder Verhältnismäßigkeit. Schließlich gehe es um einen völkerrechtlich begründeten Protest.

Das sieht Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ganz anders. Die Schulpflicht gelte für alle, bekräftigte sie. «Die Schulpflicht steht nicht im Ermessen der Beteiligten.» In der Landesverfassung sei in Artikel 8 verankert: «Es besteht allgemeine Schulpflicht.» Sie gegen «ein bestimmtes politisch oder gesellschaftlich erwünschtes Engagement» abzuwägen, sei nicht zulässig. Auch die Schulleitungen und Aufsichtsbehörden seien verpflichtet, unparteiisch zu bleiben.

“Affinität zu anarchischen Verhaltensweisen”

Genau das sieht die AfD-Opposition aber längst nicht mehr gewährleistet. «Schulleiter unterliegen dem Druck durch linksideologische Meinungsmache», meinte AfD-Fraktionsvize Helmut Seifen. «Politische Strippenzieher» und «mächtige Lobby-Gruppen» nutzten die Arglosigkeit und den Idealismus junger Leute aus und instrumentalisierten sie für «Ziele, von denen sie meinen, dass sie edel und gut seien», argumentierte der frühere Gymnasialleiter. Mit Blick auf SPD und Grüne attestierte der 65-Jährige «eine gewisse Affinität im linken Lager zu anarchischen Verhaltensweisen». Die AfD leugnet den von Meschen verursachten Klimawandel (News4teachers berichtete).

Abgeordnete von CDU und FDP lobten dagegen – ebenso wie SPD und Grüne – ausdrücklich den Einsatz der Schüler für Werte. Allerdings könnten sie deswegen nicht regelmäßig den Unterricht schwänzen, stellten die Koalitionsfraktionen fest. Auch die Schulpflicht sei wichtig für die Zukunft der Kinder, betonte die CDU-Abgeordnete Petra Vogt. Sie infrage zu stellen, öffne der Willkür Tür und Tor. «Wer entscheidet, was legitimer Protest ist: das Gewissen, der Klassenlehrer, der Schulleiter?»

Der Verband Lehrer NRW warnte davor, das gesellschaftliche Engagement der Schüler abzuwürgen. «Lehrer und Schulleiter können für den Einzelfall sicher mal ein Auge zudrücken», betonte die Landesvorsitzende Brigitte Balbach in einer Mitteilung. «Ein fortgesetztes und quasi institutionalisiertes Fehlen darf und kann die Schule aber nicht tolerieren.» Schließlich sei es keine Zumutung für die Schüler, ihren Protest auf den Nachmittag zu verschieben.

Gebauer hatte die Schulleiter bereits in der vergangenen Woche aufgefordert, die Schulpflicht durchzusetzen und dabei auf einen Erlass aus dem Jahr 2007 verwiesen. Er sieht im Extremfall empfindliche Sanktionen vor, etwa bis zu 1000 Euro Geldbuße für die Eltern oder «eine zwangsweise Zuführung» zum Unterricht. News4teachers / mit Material der dpa

Demokratie braucht Regeln, und die müssen junge Menschen lernen – auch Schüler, die während der Unterrichtszeit demonstrieren. Ein Kommentar

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