BERLIN. Vor zwei Jahren hat der Dokumentarfilm „Ich. Du. Inklusion“ von Thomas Binn, in dem von den Schwierigkeiten mit dem gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Kindern in personell schlecht ausgestatteten Schulen berichtet wurde, Betroffenheit ausgelöst. Jetzt, aus Anlass des zehnten Jahrestags des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskonvention, ist ein sechsminütiger Nachspann erschienen – kaum weniger eindrücklich. „Die Kinder selbst kommen zu Wort und es ist ein Elend, ihnen zuzuhören“, sagt der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. Der VBE hatte seinerzeit den Kinostart des Dokumentarfilms unterstützt und Diskussionsveranstaltungen dazu ausgerichtet.
https://youtu.be/BYGv5nHDq1c
„In dem kurzen Film wird eindrücklich vermittelt, wie die ganz konkrete Erfahrungen mit Inklusion ist“, so berichtet Beckmann von der Neuveröffentlichung, in der Lehrer, Eltern und Schüler einer vierten Klasse befragt werden. „Die Kinder sind traurig darüber, Schulkameradinnen und -kameraden zu verlieren. Was Sie noch nicht verstehen: Die anderen Kinder können an der Regelschule nicht ausreichend gefördert werden. Es fehlt an den Rahmenbedingungen. Das ist immer noch traurige Realität zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Politischer Wille allein reicht nicht, es braucht eben auch Handlungen statt schöner Worte.“
Wie unlängst erst wieder eine repräsentative Umfrage zur Berufszufriedenheit von Schulleitungen ergab, die der VBE aus Anlass des Deutschen Schulleiterkongresses in Auftrag gegeben hatte, gehört Inklusion nach wie vor zu den drängendsten Problemen der Kollegien in den Schulen. Die Rahmenbedingungen stimmten nicht, betont Beckmann.
“Lehrer am Rand der Belastungsgrenze”
Der Thüringer Lehrerverband (tlv) pflichtet ihm in einer aktuellen Pressemitteilung bei. Der tlv zeige sich vom aktuellen Dokumentarfilm „tief betroffen“, so heißt es. „Hier zeigen Zehnjährige mehr Weitsicht und Realitätssinn als so mancher Politiker“, meint der tlv-Vorsitzende Rolf Busch. „Mit klaren Worten benennen sie die Missstände: Zu wenig Personal und deshalb trotz des großen Engagements der Klassenleiterin zu wenig Zeit für die Bedürfnisse der einzelnen Schüler mit Förderbedarf. Das Ergebnis ist, dass sieben von ihnen die Klasse verlassen mussten. Die Kinder sehen die Inklusionsklasse als gescheitert an und reagieren mit Trauer und Unverständnis. Das geht unter die Haut.“
Nach Einschätzung des tlv bilden sowohl die Langzeitdokumentation als auch der aktuelle Nachdreh das ab, was auch in Thüringens Schulen im Zusammenhang mit der Inklusion an der Tagesordnung sei: „Die Kollegen gehen an den Rand der Belastungsgrenze und darüber hinaus, aber solange die Rahmenbedingungen nicht stimmen, kann das Vorhaben nicht gelingen.“ Der Verband halte deshalb an seiner Forderung nach der flächendeckenden Ausstattung der Schulen mit multiprofessionellen Teams fest. „Und solange die Bedingungen nicht stimmen, sollten die Förderschulen als echte Alternativen zur Inklusion bestehen bleiben.“ News4teachers
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