BERLIN. Einen konsequenteren Umgang mit den seit Wochen laufenden „Fridays for Future“-Protesten hat der Philologenverband Niedersachsen gefordert. „Der Klimaschutz ist wichtig und braucht zweifelsfrei mehr Aufmerksamkeit von uns allen. Dies darf aber nicht über dauerhaft regelwidriges Verhalten wie dem Schulschwänzen erreicht werden“, erklärt der Landesvorsitzende Horst Audritz. Die Berliner GEW begrüßt hingegen die geplanten Aktionen – und fordert die Schulen dazu auf, auf Sanktionen zu verzichten. Am Freitag (15. März) wollen Schülerinnen und Schüler weltweit für eine bessere Klimapolitik demonstrieren. In Deutschland sind rund 180 Demonstrationszüge angemeldet.
Es sei bemerkenswert, dass das Thema Schulpflichtverletzung sowohl vom niedersächsischen Kultusministerium als auch dem Ministerpräsidenten bis hin zur Bundeskanzlerin kulant zu Seite gewischt würde – meint jedenfalls der niedersächsische Philologen-Chef Horst Audritz. „Wir gewinnen hier immer mehr den Eindruck, dass die Umsetzung geltender Bestimmungen als unliebsames Thema auf unsere Lehrkräfte abgewälzt wird, da die politischen Verantwortungsträger auf der Sympathie-Welle der medialen Öffentlichkeit mitsurfen wollen.“ Den Eindruck zu erwecken, dass bei politisch genehmem Engagement die Schulpflicht nicht so wichtig sei, sende ein fatales Signal an die Schülerinnen und Schüler.
Aktuell gehe es zwar um das engagierte Eintreten für das Klima, und die Kritik am bisherigen Stellenwert dieses Themas in der Weltpolitik habe zweifelsfrei ihre Berechtigung. Was aber, so fragt Audritz, wenn neue Themen von den Schülern auf die Agenda gesetzt werden und auch hier die Unterrichtszeit zur Streikzeit werde? „Es liegt an uns, den Schülern klar zu machen, dass ihr Engagement nicht zu Lasten ihrer eigenen Bildung gehen darf und das Schwänzen aus Kalkül das eigentliche Ziel ihrer Proteste langfristig überlagert“, erläutert der Verbandsvorsitzende. Ganz allgemein müsse gelten, dass Schule ein Ort der Meinungsbildung sei – und nicht der Politisierung und des Konfliktaustragens.
Die Auffassung, ein großzügiges Ignorieren der Schulpflicht durch die Verantwortlichen sei das, was die Jugendlichen weiterbringe, könne als klassischer Fehlschluss gewertet werden. Wenn Haltung für den Klimaschutz eingefordert werde, dann müsse Haltung auch für die Schulpflicht gelten. „Der eigentliche Appell der Proteste lautet doch: ,Setzt euch durch, seid Vorbilder!‘ Genau aus diesem Grund müssen wir für die Schulpflicht dezidiert eintreten und klarmachen, dass gesellschaftliches Engagement seinen Platz in der schulfreien Zeit haben muss“, fordert Audritz.
“Im Sinne des schulischen Bildungsauftrags”
Die GEW sieht das allerdings anders. „Mit Fridays for Future ist eine große Bewegung von jungen Menschen entstanden, die sich mit Nachdruck für den Klimaschutz und für eine nachhaltige ökologische Entwicklung einsetzen. Dieses Engagement begrüßen wir als Bildungsgewerkschaft ausdrücklich“, erklärt der Berliner GEW-Vorsitzende Tom Erdmann.
„Es ist sehr im Sinne des schulischen Bildungsauftrags, wenn Schülerinnen und Schüler sich als mündige Bürgerinnen und Bürger in gesellschaftspolitische Zusammenhänge einbringen und von ihrem Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit Gebrauch machen“, unterstrich Erdmann. „Natürlich gilt während der Schulzeit die Schulpflicht.“ Nichtsdestotrotz rufe die GEW Lehrer auf, „das Engagement der Schülerinnen und Schüler als berechtigt anzuerkennen und von Sanktionen wegen Fehlens im Unterricht abzusehen“.
Nachhaltige Entwicklung und Globales Lernens seien Themen des Berliner Rahmenlehrplans. Sie ließen sich in vielen Unterrichtsfächern thematisieren. Aktive Schülerinnen und Schüler könnten Referate halten, Projekte für die ganze Klasse entwickeln oder Arbeitsgruppen ins Leben rufen. Der Besuch der Klima-Demonstrationen könnte auch als Schulausflug gemeinsam gestaltet werden.
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Die GEW Berlin spricht sich dafür aus, dass Lehrkräfte, Schüler und Eltern nach gemeinsamen Lösungen suchen, wenn zum Zeitpunkt der Demonstrationen Klassenarbeiten oder andere besonders wichtige Termine anstehen oder wenn Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten in bestimmten Fächern haben. Die Kinder und Jugendlichen sollten den Stoff des versäumten Unterrichts außerdem stets nacharbeiten. Mehr aber, so meint die GEW, sei nicht nötig. News4teachers
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